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IPPNW-Aktion gegen Atomexport nach China: Warum sollen wir denn Hanau selber kaufen?

Die Ärztin und Journalistin Ute Watermann ist Sprecherin der Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW), die die Aktion Hanau selber kaufen initiiert hat. In einem Gespräch mit Bettina Röder von der Zeitschrift Publik-Forum gibt sie Auskunft darüber, wie es zu dieser Aktion kam sowie über die bisherige Resonanz.

? Frau Watermann, Sie wollen Siemens die Hanauer Brennelementefabrik abkaufen, um so den umstrittenen Export nach China zu verhindern. Zwei Tage vor unserem Gespräch hatten Sie 250.000 Euro für Ihre Aktion zusammen. Gibt es inzwischen eine neue Summe?

! Ja, allein in den letzten zwei Tagen sind 100.000 Euro 1 dazugekommen. Man muss wissen, dass das Selbstverpflichtungen sind. Die Menschen unterschrieben eine Summe, die sie geben möchten.

? 50 Millionen und ein Euro müssten zusammenkommen, um den Käufer China zu überbieten. Wer macht da alles mit?

! Wirklich quer durch alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen. Von Hochschulprofessoren, Künstlern bis hin zu Siemensmitarbeitern, Schülern und Rentnern. Letzteres ist gerade auch das Schöne daran.

? Aber eben auch das Fragwürdige. Wie kommen gerade untere Einkommensschichten dazu, so einen der reichsten Konzerne zu unterstützen, damit der tut, was dran wäre, nämlich Hanau zu verschrotten?

! Ich glaube, da darf man die Intelligenz und auch den Humor der Menschen nicht unterschätzen. Sie wissen sehr wohl, dass wir hier mit einer originellen Aktion versuchen, Druck zu machen auf die Bundesregierung, um den Verkauf zu verhindern.

? Eine im wahrsten Sinne des Wortes virtuelle Aktion, also mit rein symbolischem Wert?

! Die Aktion ist eine politische Willensbekundung, also natürlich ein symbolischer Akt mit überraschender Resonanz. Bei uns liegen tausende von Briefen auf dem Tisch. Die Menschen sagen: Wir dürfen die Regierung nicht aus der Verantwortung entlassen. Und damit sind wir längst nicht am Ende. Ich bin mir aber sehr sicher: Wenn wir nichts gemacht hätten, wäre der Export genehmigt worden. Nun ist die Frage wenigstens wieder offen.

? Und was machen Sie, wenn Sie das Geld doch zusammenbekommen?

! Unser Adressat ist eindeutig die Bundesregierung. Wir müssen den Druck weiter steigern, damit der Verkauf nicht in Frage kommt.

? Nimmt man damit aber nicht gerade den Bündnisgrünen, die sich dem Thema verpflichtet haben, politische Verantwortung ab?

! Hier sind beide Regierungsparteien, nicht nur die Bündnisgrünen, sondern auch die SPD in der Pflicht. Ich bin entsetzt, dass sich die Regierung auf so etwas überhaupt eingelassen hat. Hier sind wir als Bürgerinnen und Bürger, als Nichtregierungsorganisationen gefordert, den öffentlichen Protest und vor allem auch die Stimmung in der Bevölkerung greifbar zu machen. Zumal der Verkauf klammheimlich über die Bühne gehen sollte.

? Politikerinnen und Politiker wie Winfried Nachtwei, Hermann Scheer oder Hans-Christian Ströbele machen mit. Ist das nicht eigentlich eine Bankrotterklärung für die Regierung?

! Natürlich ist das eine gewisse Ironie der Geschichte, dass sich Vertreter der Regierung an unserer Aktion beteiligen. Aber das zeigt doch, dass sie sich von ihren Parteispitzen nicht vertreten fühlen. Wir sind im Übrigen für jeden dankbar, auch aus den Regierungsparteien, der öffentlich sagt, er sei dagegen. Es gab ja von Anfang an auch dort eine Reihe von Gegnern, aber sie haben kein Medium gehabt. Eine Regierung, die wirtschaftliche Gesichtspunkte vor das Wohl der eigenen Bevölkerung, aber auch die weltweite Sicherheit stellt, die handelt doch verantwortungslos.

? Wie kam es zu dieser Aktion?

! Die Geschichte kocht ja schon seit Dezember. Damals haben viele Organisationen, wir auch, protestiert. Mit wenig Resonanz. Ende Januar saßen wir dann in der Kneipe mit einigen Aktiven. Wir haben uns darüber aufgeregt, dass ausgerechnet die Bundesregierung, die den Ausstieg auf ihre Fahnen schreibt, nun einen solchen Export zulässt. Aus unserer Empörung heraus haben wir diese Idee geboren. Natürlich waren uns alle Kritikpunkte deutlich. Aber wir waren sicher, dass diese Idee verstanden wird. Prominente wie Konstantin Wecker oder Peter Sodann, die wir gefragt haben, waren gleich dabei.

? Wie war deren erste Reaktion?

! Sodann hat gesagt: “Wenn ich nicht mitmach’, dann brate ich in der Hölle.”

1 Zahlen 23. März 2004: 6.985 Beteiligungen und 887.029 Euro Zeichnungen

Quelle: Publik-Forum, Zeitung kritischer Christen, Oberursel, Ausgabe Nr. 5/2004

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Veröffentlicht am

25. März 2004

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