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Handschlag in Köln

Weltweit engagiert sich der Internationale Versöhnungsbund für Frieden und Gewaltfreiheit

Von Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationen Versöhnungsbundes

Geschichte und Ziele von IFOR

Zu Beginn des ersten Weltkrieges 1914 initiierte der deutsche Professor Friedrich Sigmund- Schultze in Konstanz einen Kongress für Kirchenvertreter verschiedener Länder, von dem ein deutlicher Appell zur Verhinderung des Krieges hätte ausgehen sollen. Es kam anders: Noch während der Tagung erklärten sich die Regierungen von England und Deutschland den Krieg.

Bei der Verabschiedung auf dem Kölner Hauptbahnhof versprachen sich die deutschen und englischen Teilnehmer, an ihrer Freundschaft fest zu halten und nicht aufeinander zu schießen. Beide Ereignisse, Kongress und Handschlag in Köln, zählen zu den Geburtsstunden des Internationalen Versöhnungsbundes (International Fellowship of Reconciliation, IFOR).

Während des 1. Weltkrieges entstanden zunächst nationale Zweige in England und in den USA, 1919 kam es dann zur offiziellen Gründung von IFOR auf internationaler Ebene, auch mit dem Beitritt des deutschen Zweiges.

Das Grundanliegen des Versöhnungsbundes kann mit dem Stichwort “Aktive Gewaltfreiheit” bezeichnet werden. Dahinter steckt die Grundüberzeugung, dass es angesichts von Unrecht und Gewalt einen dritten Weg zwischen Nichtstun und Gegengewalt gibt: Den der Einmischung aus der Kraft der Wahrheit und der Liebe.

Mitglieder des Versöhnungsbundes waren früh an der Arbeit von Mahatma Gandhi in Indien beteiligt. Martin Luther King engagierte sich im Vorstand des US-Versöhnungsbundes bei der Überwindung der Rassendiskriminierung. Weitere bekannte Mitglieder sind die Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel und Mairead McGuire sowie die Reisesekretäre Jean und Hildegard Goss-Mayr aus Österreich.

IFOR konkret

Heute engagieren sich Versöhnungsbund-Mitglieder in 23 nationalen Zweigen sowie in 42 Friedensorganisationen weltweit, die sich IFOR als zugehörig betrachten.

Die konkrete Friedensarbeit vor Ort ist dabei so vielfältig wie die Herausforderungen, vor denen die jeweiligen FOR-Mitglieder konkret stehen. Die nachfolgenden Beispiele stehen exemplarisch für die weltweite Arbeit.

Afrika

Im FOR-Zweig Uganda werden speziell Jugendliche in allen Aspekten der Friedensschaffung und der Konfliktlösung ausgebildet. Dies reicht von der Analyse von Konflikten über Konfliktintervention bis hin zu Rehabilitations- und Heilungsfähigkeiten nach Gewalttaten.

FOR-Mitglieder in Ghana haben einen Wettbewerb zum Thema “Friedensgedichte” in Nigeria, Ghana, Togo, Elfenbeinküste, Liberia, Sierra Leone und Guinea durchgeführt. Durch kritisches Denken und Schreiben soll dabei die Sensibilität von Jugendlichen bei der gewaltfreien Lösung von Konflikten erhöht werden.

FOR-Mitglieder im Kongo machten 2005 auf die enorme Umweltverschmutzung im Kimilolo-Gebiet aufmerksam, insbesondere auf die Ungenießbarkeit des Wassers infolge der Aktivitäten einer Bergbau-Gesellschaft. Da die Verschmutzung noch längere Zeit andauern wird und die Lebensgrundlagen vor Ort vorläufig zerstört sind, erkämpften FOR-Mitglieder durch politischen Druck die Umsiedlung der betroffenen Menschen, die künftig wieder Zugang zu sauberem Wasser erhalten.

Naher Osten und Asien

FOR-Mitglieder in Israel und Palästina protestieren immer wieder gegen den “Trennungszaun” im Westjordanland, der teilweise als bis zu acht Meter hohe Mauer
Menschen künftig voneinander trennt und Lebensgrundlagen zerstört.

Als Vorsitzender des Komitees gegen die Zerstörung von Häusern baut der Israeli Amos Gvirtz gemeinsame mit palästinensischen und israelischen Freiwilligen Häuser von Palästinensern wieder auf, die von israelischen Bulldozern wegen des Baus neuer Siedlungen für israelische Siedler im besetzten Westjordanland zerstört wurden.

FOR-Mitglieder im Wi’am Zentrum für Konfliktlösung haben im ersten Halbjahr 2005 in 150 sozialen Streitfällen vermittelt: Bei Raufereien, häuslicher Gewalt, Kindesmißhandlungen, Arbeitsdiskriminierungen und vielem mehr.

FOR-Mitglieder in Japan setzen sich für den Erhalt der Friedensverfassung und gegen die Militarisierung des Landes ein.

Europa

FOR-Mitglieder in England arbeiten an einer neuen Kampagne gegen Waffenexporte.

Im Sommer 2005 veranstaltete der österreichische Versöhnungsbund ein Treffen mit Kriegsveteranen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Frühere Soldaten aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kroatien nahmen zusammen mit mehr als 200 interessierten Gästen an einem Kongress teil und versuchten dabei, die jüngere Vergangenheit zu bearbeiten sowie nach wie vor existierende Feindbilder abzubauen.

FOR-Miglieder in den Niederlanden protestierten im April 2005 gegen eine Militärausstellung und Fachmesse für Rüstungsgüter in Amsterdam. In einer gewaltfreien Aktion blockierten sie dabei symbolisch den Eingang der Messe für die Rüstungsmanager. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit stellt die Aufklärung über die Militarisierung der EU mittels Postkarten und Unterschriftenaktionen dar.

FOR-Schweden und FOR-USA engagieren sich gemeinsam in Kolumbien. Sie entsenden Freiwilligenteams, die vor Ort Menschenrechtsverteidiger begleiten und durch ihre Präsenz das Risiko von Entführungen oder Ermordungen mindern.

Der frühere Präsident des französischen Versöhnungsbundes, Alfred Bour, hat in den letzten zehn Jahren Versöhnungsprogramme zwischen Hutus und Tutsis in Ruanda durchgeführt.

Der deutsche Zweig lädt jedes Jahr von Christi Himmelfahrt bis zum folgenden Sonntag zu einer Jahrestagung ein, die aktuelle Themen wie z.B. den Israel/Palästina-Konflikt behandeln. Im Herbst 2005 fand eine Russland-Tagung statt, ebenso eine Versammlung in Augsburg, die auf die Friedensfähigkeit der Kirchen Einfluss genommen hat.

Der Referent für Freiwilligendienste in Berlin, Uli Sonn, vermittelt junge Menschen in Friedensprojekte in den USA, Russland oder Tanzania.

Als Referent für Friedensfragen arbeite ich seit 1992 an den Themen Ex-Jugoslawien und Naher/Mittlerer Osten. Zwischen 1994 und 2001 begleitete ich Zivildienstleistende bei Einsätzen in Flüchtlingslagern in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und in Serbien. Im Dezember 2005 nehme ich zusammen mit dem US-FOR an einer Friedensdelegationsreise in den Iran teil.

Durch Aufklärung bei öffentlichen Vorträgen, Interviews und Hintergrundanalysen versuche ich, meinen Teil zur Verhinderung von Kriegen und zum Aufbau einer gerechteren Welt im Sinne unseres Verbandes beizutragen.

Clemens Ronnefeldt ist Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationen Versöhnungsbundes. Dieser Beitrag erschien in zivil. Zeitschrift für Frieden und Gewaltfreiheit , Ausgabe 5, 2005.

Anschriften (Auswahl):

  • The International Fellowship of Reconciliation (IFOR), Spoorstraat 38, NL-1815 BK Alkmaar, Tel: +31 72 512-3014, Fax: +31 72 515-1102, E-Mail office@ifor.org , Internet: IFOR
  • Internationaler Versöhnungsbund - Landesgruppe Baden-Württemberg, Michael Schmid, Bubenhofenstr. 3, D-72501 Gammertingen, Tel. 07574-2862, E-Mail: michael.schmid@lebenshaus-alb.de

Veröffentlicht am

16. Dezember 2005

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