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“Putins Papst”: Journalisten und Politiker finden Waffenstillstand “entsetzlich”

Von Tobias Riegel

Papst Franziskus hat die Ukraine aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu suchen, um das Sterben zu beenden. Die Reaktionen vieler deutscher Politiker und Journalisten offenbaren einmal mehr die Entschlossenheit, diesen Krieg möglichst in die Länge zu ziehen.

Die "Argumente" der Gegner von Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukrainekrieg sind vorerst nur Behauptungen. Zieht man das ideologische und emotionale Beiwerk in diesen Begründungen ab, dann bleibt noch diese permanent wiederholte These übrig: Wenn Putin nun in der Ukraine auch nur den kleinsten Erfolg erzielt, dann würde er "einfach weitermachen" mit seinen Feldzügen - also anschließend mindestens das Baltikum überrollen. Um diese (behauptete) imperialistische Dynamik zu verhindern, müssen "wir" also mit unseren Steuergeldern und bis zum letzten Ukrainer "zusammenstehen", so das ideologische Konstrukt vieler Kriegsverlängerer - ein Konstrukt, das sich (wie gesagt) nicht auf Fakten, sondern auf Behauptungen stützt.

Die Gegenseite hat dagegen zumindest eine unumstößliche und bittere Realität auf ihrer Seite: Täglich sterben Menschen auf beiden Seiten. Dieses Sterben könnte umgehend beendet werden, wenn sich nicht immer wieder Kriegsverlängerer in den Weg einer Verhandlungslösung stellen würden. Dass das Eintreten gegen Verhandlungen in den meisten deutschen Medien nicht als ein Eintreten für verlängertes Sterben problematisiert wird, ist ein Zeichen der "zeitengewendeten" Zeit und wirft ein helles Licht auf diese Journalisten. Ebenso muss es als tragisches Versagen (bzw. als problematischer Vorsatz) von weiten Teilen der Medienlandschaft bezeichnet werden, dass die Sinn- und Wirkungslosigkeit sowohl des westlichen Wirtschaftskrieges gegen Russland als auch der militärischen Unterstützung der Ukraine nicht angemessen thematisiert wird.

Papst Franziskus hat sich nun zur Frage von Friedensverhandlungen und Waffenstillstand in der Ukraine geäußert, wie etwa Lost in EUrope berichtet: "Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln", sagte der Papst demnach in einem Interview. "Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird", fügte er hinzu. Die Kritik am Papst etwa aus Kiew hängt sich laut dem Bericht vor allem an einer Bemerkung des Papstes auf: Die Ukraine müsse den Mut haben, "die weiße Flagge zu hissen und zu verhandeln". Der Papst habe an dieser Stelle aber nur eine Frage aufgegriffen und keineswegs eine "bedingungslose Kapitulation" gefordert, wie Fabio De Masi in diesem längeren Tweet erläutert . Seine Interpretation der Papst-Worte:

"Eine Verhandlung, um das Leben der eigenen Bevölkerung zu schützen und einen noch größeren Verlust an Souveränität zu vermeiden, ist keine Schande."

Lost in EUrope erwähnt auch, dass es neben dem Papst aktuell auch einen Vorstoß des türkischen Präsidenten Erdogan gibt, der sich als Gastgeber für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine angeboten hat.

Das moralische Auftrumpfen der grünen, schwarzen und gelben Sofa-Soldaten

Dass der Ukrainekrieg von westlicher Seite noch im Vorfeld des russischen Einmarsches hätte verhindert werden können, das haben die NachDenkSeiten oft beschrieben. Auch über die mutmaßlich von westlicher Seite sabotierten Möglichkeiten, den Ukrainekrieg auch nach dem russischen Einmarsch noch möglichst schnell zu beenden, haben wir berichtet.

Das moralische Auftrumpfen der grünen, schwarzen und gelben Sofa-Soldaten ist darum unhaltbar. Die aktuellen Reaktionen auf die Äußerungen des Papstes zeigen, wie gründlich die Schocktherapie der "Zeitenwende" wirkt: Noch vor kurzer Zeit wäre ein so "selbstbewusstes" öffentliches Eintreten für ein Fortsetzen des (von beiden Seiten begangenen) Gemetzels undenkbar gewesen. Man kann in gewissen Kreisen nun tatsächlich Ruhm ernten, indem man durch Meinungsmache hilft, Friedensverhandlungen zu sabotieren und Kriege zu verlängern. Hier folgen aus dem Artikel "Papst-Äußerungen zu Ukraine-Krieg sorgen für Entsetzen" einige Reaktionen aus der deutschen Politik:

Russen sollen "ihre Piraten-Fahne - das Symbol für den Tod und den Satan" - einholen

So sagte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne): "Wer von der Ukraine verlangt, sich einfach zu ergeben, gibt dem Aggressor, was er sich widerrechtlich geholt hat, und akzeptiert damit die Auslöschung der Ukraine." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Heuer meint: "Der Papst rät also der Ukraine zu einer Existenz unter russischer Diktatur." Er fügte noch hinzu: "Ich schäme mich als katholischer Christ einmal mehr für das Versagen der römisch-katholischen Kirche an zentraler Stelle." Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann behauptete: "Bevor die ukrainischen Opfer die weiße Flagge hissen, sollte der Papst laut und unüberhörbar die brutalen russischen Täter auffordern, ihre Piraten-Fahne - das Symbol für den Tod und den Satan - einzuholen." Auch sollte er "die mörderische Hetze" des Oberhaupts der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., verurteilen. "Ich schäme mich als Katholikin, dass er das unterlässt", sagte die FDP-Politikerin.

Da wollen auch manche Sozialdemokraten nicht nachstehen: So sagte der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, sollte die Ukraine dem Rat des Papstes folgen, die weiße Fahne zu hissen, "so hätte das schwere Folgen für die Ukraine und Europa. Putin würde sich ermuntert sehen, seinen brutalen Imperialismus fortzusetzen". Und die Präsidentin des Evangelischen Kirchentages 2025 in Hannover, Anja Siegesmund, sagte: "Die Sehnsucht nach Frieden darf nicht dazu führen, dass das Recht des vermeintlich Stärkeren siegt". Wer die eigene Freiheit verteidige, bedürfe der Unterstützung aller, die jetzt in Freiheit leben. "Wir stehen weiter an der Seite der Ukraine", hob Siegesmund hervor. Auch auf Roderich Kiesewetter ist in dieser Sache Verlass.

Medien: "Der ‚Heilige Vater’ hat sich als scheinheiliger Friedensprediger entlarvt"

Viele Journalisten geben der Position gegen Verhandlungen Schützenhilfe oder treiben in der Sache sogar Politiker vor sich her: Die FAZ wiederholt die These von der "Ermutigung Putins": "Ein Aufgeben der Ukraine bedeutet keinen dauerhaften Frieden für Europa. Sondern die Ermutigung Putins zum nächsten Krieg". Die Nürnberger Nachrichten meinen zum einen, der russische Präsident dürfte sich freuen über die Worte von Franziskus, zum anderen wird auch hier von der "Ermutigung" des russischen Präsidenten zum Imperialismus geredet: "Hat er in der Ukraine auch nur etwas Erfolg, macht er weiter". Auch die Volksstimme aus Magdeburg behauptet, dass "ukrainischer ‚Mut zur weißen Fahne’" nichts anderes bedeuten würde "als den Triumph von Putins Imperialismus. Der ‚Heilige Vater’ hat sich als scheinheiliger Friedensprediger entlarvt".

Die Worte des Papstes zeigen Wirkung: Sie stärken die Menschen, die das sinnlose Sterben im Stellungskrieg schnell beenden wollen. Und sie zwingen die Menschen, die dieses Sterben aus ideologischen oder wirtschaftlichen Gründen verlängern wollen, einmal mehr dazu, diese moralisch unhaltbare Position öffentlich zu verteidigen.

Quelle:  NachDenkSeiten - 11.03.2024.

Weblinks:

Veröffentlicht am

13. März 2024

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