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Bundesweiter Ökumenischer Ratschlag: Friedensfrage wieder im Vordergrund

Herausforderungen für den 40 Jahre alten konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung

Von Wiltrud Rösch-Metzler

"Die Herausforderungen von damals sind dieselben wie heute, vielleicht noch herausfordernder, aber die Menschenkraft in der Bewegung lässt nach", fasste Werner Gebert, Pfarrer im Ruhestand und Teilnehmer am bundesweiten Ökumenischen Ratschlag vom 2. bis 3. September 2023 in Berlin-Köpenick den derzeitigen Stand der Arbeit zu Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung zusammen.

Vor 40 Jahren hatte die Vollversammlung der Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Vancouver diesen "konziliaren Prozess" ausgerufen. Die Zusammenführung der drei Begriffe sei damals "ein Knüller" gewesen, so das Ökumene-Urgestein Klaus Wazlawik aus Köpenick. Wichtig sei für ihn die Aussage der Kirchen in den Ökumenischen Versammlungen der DDR gewesen, der Dienst ohne Waffen sei das deutlichere Zeichen. Heute stehe wieder die Friedensfrage im Vordergrund. Der Ukrainekrieg müsse beendet werden. Entscheidend sei, dass er aus globalen Gründen, weil er den Armen und der Schöpfung die Ressourcen raubt, beendet wird. "Wir müssen dem Scholz doch die Ohren vollschreien: Verhandelt endlich!", hieß es zum Schluss der Veranstaltung.

Zukünftig will der Ratschlag mehr mit anderen Bewegungen kooperieren. Neben Kairos Europa in Heidelberg, dem Institut für Theologie und Politik (ITP) in Münster und der Casa Commun wurde auch die ökumenische Gemeinschaft Taizé genannt. Unterschiedlich bewertet wurde die Verbindung zur Letzten Generation und zu Landeskirchen. An Aufhören denkt niemand. Die kleine Stiftung Oekumene von Ulrich Schmitthenner wird weiterhin die Arbeit des Ratschlags fördern. Der bundesweite Ratschlag wird sich im nächsten Jahr in Dresden anlässlich der konziliaren Prozess-Veranstaltung "Hoffnung für die Erde leben" vom 13.-15. September treffen und im übernächsten Jahr in Bayern. Konrad Raiser, ehemaliger ÖRK-Generalsekretär, betonte in seinem Grußwort die Wichtigkeit, "die Ziele des konziliaren Prozesses in die Aktionsformen der jungen Generation zu übersetzen und den sich verdüsternden Zukunftswahrnehmungen eine Spiritualität der Hoffnung entgegenzusetzen".

Im Studienteil des Ratschlags zur europäischen Friedensordnung und Sozialen Verteidigung in der Köpenicker Adventsgemeinde nannte die Co-Sprecherin der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete, Ute Finck-Krämer, Beispiele für "ohne Waffen aber nicht wehrlos", etwa 1968 die gewaltfreie Reaktion gegen die russischen Panzer in der Tschechoslowakei oder 2022 von ukrainischen Zivilisten gegen die russische Armee. Ziviler Widerstand erfolge meist spontan und könnte erfolgreicher sein, wenn er organisiert eingesetzt wird. Der Gegner fühle sich dabei nicht bedroht. Der Bund für Soziale Verteidigung in Minden lädt zu Regionalgruppen "Wehrhaft ohne Waffen" ein. Die wichtigste Quelle seien Grüppchen. "Wenn sich die 860.000 Unterzeichner der Wagenknecht/Schwarzer Ukraine-Initiative in Fünfergruppen an Behörden wenden würden, hätten wir eine Veränderung." Man könne beispielsweise einer ukrainischen Gruppe helfen, die gegen militärische Unterstützung ist. Finckh-Krämer berichtete von ihrer belarussischen Freundin Olga Karatsch, die von ihrem litauischen Exil aus, Frauen ermutigt: "Sagt euren Männern, wenn ihr zum Militär geht, seid ihr keine Helden."

Christine Hoffmann, pax christi Generalsekretärin nahm die europäische Friedensordnung aus Sicht einer Westdeutschen in den Blick: Die Ordnung habe auf zwei "Geschenken" beruht, der Versöhnung, etwa der französischen und polnischen, sowie dem gemeinsamen Haus Europa, einem Geschenk des sowjetischen Präsidenten. Der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe diese Ordnung zerschlagen. Eine neue müsse internationaler werden: "Europa wird sich nicht mehr so dominant verhalten können." Folgende Themen müssten mitbedacht werden: Klimakatastrophe, Migration, Waffenhandel - Westeuropa sei nach den USA der zweitgrößte Waffenexporteur - und das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung.

In 40 Jahren konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung wurde einiges erreicht. In Treptow-Köpenick ist der konziliare Prozess im Handeln der Verwaltung angekommen. Nach dem Aufruf des Ökumenischen Rates der Kirchen in Vancouver, begannen in diesem Berliner Bezirk Kirchen und Zivilgesellschaft mit der Verwaltung zusammen den konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Bezirksbürgermeister Oliver Igel hob in der örtlichen Feierstunde besonders den "Motor" dieses Prozesses, Klaus Wazlawik hervor, aber auch die erfolgreiche Zusammenarbeit ganz unterschiedlicher Menschen, aus der heute eine kommunale Nachhaltigkeitsstrategie entstanden sei.

Stefan Bauernfeind, der im Kanzleramt dafür sorgt, dass die nationale Nachhaltigkeitsstrategie mit 75 Zielen in die Politik, in Energiewende, Bau, Verkehr, einfließt, erinnerte daran, dass dieses Jahrzehnt ein Jahrzehnt der Nachhaltigkeit werden müsse, um ein klimaneutrales Deutschland zu erreichen.

Zuversicht sei eine Ressource, die extrem knapp zu werden drohe, so der Autor Ulrich Grober. Zuversicht sei eine Grundeinstellung, bedinge ein Grundvertrauen in das Gute im Menschen. Grober nimmt zwei Abgrenzungen vor, gegenüber einem "Es ist noch immer gut gegangen" und "no future". Beides lähme. Er plädiert für den Handabdruck als Zeichen für Handeln. Der (ökologische) Fußabdruck, besage, du bist Teil des Problems, der Handabdruck, du bist Teil der Lösung.

Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ist in Köpenick eine Gemeinschaftsaufgabe. Das sagte der Bezirksvorsteher und das sagte die Gärtnerin im 20 Jahre alten interkulturellen Wuhlegarten: "Wir machen zusammen Frieden in diesem Garten." Diese Art von Gärten seien entstanden nachdem Flüchtlingsfrauen in Göttingen gefragt worden sind, was sie am meisten vermissen und viele als Antwort ihren Garten nannten. So begann das internationale Gärtnern auch in Köpenick, anfangs mit Menschen aus Vietnam und Russland, heute fortgeführt von Menschen aus allen Erdteilen.

Auf Grund von Erfahrungen aus den Ökumenischen Versammlungen in der ehemaligen DDR für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, hatte eine kleine ökumenische Gruppe dem Bezirksamt Köpenick 1993 den Vorschlag gemacht, diese Erfahrungen aufzunehmen und mit dem Agenda21-Prozess, der 1992 in Rio de Janeiro von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde und jetzt als Agenda 2030 für eine Nachhaltige Entwicklung fortgesetzt wird, zu verbinden. Weil wir in globalen Krisen der Menschheit leben, deren Überwindung nur global möglich ist, scheint eine Fortsetzung dieses gemeinsamen Prozesses in Köpenick und anderswo auf der Welt von besonderer Bedeutung zu sein.

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Veröffentlicht am

05. September 2023

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