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Feiger und unehrlich begründeter Rückzug von Universität, Stadt und Sparkasse vom Göttinger Friedenspreis für die “Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost”

Von Andreas Zumach, Vorsitzender der Jury des Göttinger Friedenspreises

Erklärung vom 20.2.2019

Feiger und unehrlich begründeter Rückzug von Universität, Stadt und Sparkasse vom Göttinger Friedenspreis für die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost"

Preisverleihung findet dennoch statt/Spenden erforderlich

Die drei institutionellen Unterstützer des Göttinger Friedenspreises - Universität, Stadt und Stadtsparkasse - haben dem Druck von Falschbehauptungen, Verleumdungen und Rufmord gegen den diesjährigen Preisträger "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" nachgegeben und ihre Unterstützung für die/Teilnahme an der Verleihungsfeier am 9. März gestern (19.2.) Nachmittag endgültig abgesagt:

  • Universitätspräsidentin (UP) Ulrike Beisiegel teilte mit, dass die Aula der Universität, in der die Verleihungsfeiern seit 1998 stattfinden, dieses Jahr nicht zur Verfügung steht. Auch in anderen "Räumen der Universität" kann die Veranstaltung laut Beisiegel "nicht stattfinden". ( Mitteilung zur Entscheidung vom 19.02.2019 )
  • Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler ließ wissen, dass die Stadt Göttingen dieses Jahr die TeilnehmerInnen der Verleihungsfeier nicht einlädt zum traditionellen Empfang im Foyer des Alten Rathauses.
  • Der Oberbürgermeister und die Universitätspräsidentin, beide qua ihrer Funktion auch Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Roland Röhl, die den Göttinger Friedenspreis vergibt, haben bei allen Verleihfeiern der letzten 20 Jahre ein Grußwort gesprochen. Diese Grußworte der Stadt und der Universität wird es dieses Jahr nicht geben.
  • Die Sparkasse Göttingen, die zur Deckung der Kosten der Verleihfeier (Druck der Einladung; Reise, Unterkunft, Verpflegung der Preisträger und des/r Laudators/in etc.) bislang jährlich rund Euro 2.000 beisteuerte, ließ wissen, dass ihre finanzielle Unterstützung dieses Jahr entfällt. ( Mitteilung zur Entscheidung vom 19.02.2019 )

Der Rückzug der drei institutionellen Unterstützer des Friedenspreises ist feige und ihre Begründung für diesen ist Schritt unehrlich.

Frau Beisiegel erklärt in ihrer gestrigen Mitteilung, die Entscheidung der Jury des Göttinger Friedenspreises zur Preisvergabe an die Jüdische Stimme habe "zu einer Kontroverse geführt, bei der sich die Universität keiner der kontrovers geäußerten Meinungen anschließen kann." Das ist falsch. Mit ihrer Rückzugsentscheidung hat sich die Universität einer der "kontrovers geäußerten Meinungen" angeschlossen. Sie hat die Falschbehauptungen, Verleumdungen und Rufmordersuche gegen die Jüdische Stimme, mit denen die Göttinger FDP-Fraktionsvorsitzende Felicitas Oldenburg und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, letzte Woche die Absage der Preisverleihung gefordert haben, höher gewichtet als sämtliche dazu kontroversen Meinungen, Argumente und Beweise:

  • Höher gewichtet als die ausführlich begründete Entscheidung der Jury, die Frau Beisiegel und Herrn Köhler in ihrer Funktion als Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung bereits seit dem 11. September 2018 vorlagen.
  • Höher gewichtet als die ausführliche Stellungnahme , in der ich am 14.2. in meiner Funktion als Juryvorsitzender die Preisentscheidung noch einmal begründet und die Falschbehauptungen, Verleumdungen und Rufmordversuche von Frau Oldenburg und Herrn Schuster detailliert belegt und widerlegt habe.
  • Höher gewichtet, als die meiner Stellungnahme vom 14.2. beigelegte Erklärung "Der Einsatz für Menschenrechte ist nicht antisemitisch" , in der am 18. Januar 2019 mehr als 90 namhafte jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle, Deutschland, Israel und anderen Ländern in einem gemeinsamen Offenen Brief die Angriffe gegen die "Jüdische Stimme", sie sei "antisemitisch", zurückgewiesen haben.
  • Höher gewichtet als die Stellungnahmen von über 150 Personen und Organisationen aus dem In- und Ausland, die bis gestern an Frau Beisiegel, Herrn Köhler und Herrn Reiner Hald von der Sparkasse geschrieben haben mit der dringenden Bitte, der Diffamierungskampagne gegen die Jüdische Stimme nicht nachzugeben. Darunter sind mehrere Träger des Göttinger Friedenspreises (u.a. Professor Wilhelm Heitmeyer , das Forum Ziviler Friedensdienst und die Zeitschrift Wissenschaft und Frieden) sowie zahlreiche Juden, Jüdinnen und jüdische Organisationen aus Israel, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und den USA.

Nach den Interventionen von Frau Oldenburg, Herrn Schuster sowie von FDP-MdB Konstantin Kuhle gegen die Preisvergabe an die Jüdische Stimme hatten OB Köhler, UP Beisiegel und die Sparkasse der Stiftung des Göttinger Friedenspreises am 14.2. unter Berufung auf von ihnen nicht näher identifizierte "Vorbehalte von unterschiedlichen Seiten" schriftlich "empfohlen" die für den 9.3. geplante Verleihungsfeier "zunächst auszusetzen". Es sei aus ihrer Sicht "erforderlich, den Antisemitismusvorwurf (gegen die Jüdische Stimme, AZ) vor allem in Bezug auf Zusammenarbeit mit der BDS-Bewegung eindeutig auszuräumen".

In der Folge wurden Frau Beisiegel und Herr Köhler von mir sowie von den Vorständen der Stiftung und ihres Kuratoriums, Hans-Jörg Röhl und Goetz Neuneck mehrfach schriftlich und mündlich gebeten, dringend mitzuteilen, was sie über meine Stellungnahme vom 14.2. und die beigelegte Erklärung jüdischer Intellektueller vom 18.1.2019 hinaus noch benötigen an Argumenten, Dokumenten, Belegen etc., damit der Antisemitismusvorwurf die Jüdische Stimme auch für sie eindeutig ausgeräumt ist.

Frau Beisiegel und Herr Köhler haben darauf nicht geantwortet. Das heißt: sie haben der Stiftung Göttinger Friedenspreis überhaupt keine Chance gegeben, den Antisemitismusvorwurf eindeutig auszuräumen.

Mit Schreiben vom 16.2. habe ich Frau Beisiegel und Herrn Köhler gebeten, ihre Formulierung von den "Vorbehalten von unterschiedlicher Seite" zu konkretisieren und folgende Frage zu beantworten:

Von welcher anderen Seite außer von Oldenburg/Kuhle/Schuster wurden Vorbehalte vorgebracht, schriftlich, telefonisch oder auf anderem Wege? Was genau beinhalten diese Vorbehalte?

Ich stellte diese Frage auf Grund einer Reihe von Erfahrungen mit ähnlichen Vorgängen, bei denen neben schriftlichen und öffentlich bekanntgemachten Vorbehalten von weiteren Akteuren hinter den Kulissen mit dem Antisemitismus-Vorwurf interveniert wurde gegen Preisverleihungen an/Auftritte von Personen, die Kritik an der Politik der israelischen Regierung üben.

Frau Beisiegel und Herr Köhler haben auf diese Frage bis heute nicht geantwortet.

In meinem Schreiben vom 16.2. habe ich Frau Beisiegel und Herrn Köhler folgenden Vorschlag gemacht:

Die Stadt und die Universität in Kooperation mit der Stiftung Göttinger Friedenspreis laden Herrn Schuster, Frau Oldenburg sowie die Vorsitzende der Jüdischen Stimme, Iris Hefets, und die Laudatorin bei der Preisverleihung am 9. März, Nirit Sommerfeld, zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion ein. Moderiert von eine/r im Thema versierten, professionellen ModeratorIn (Namensvorschläge hätte ich). Eine Podiumsdiskussion nicht anstelle der Preisverleihung oder als "Kompromiss", sondern zusätzlich zu der Preisverleihung an einem Termin vor oder nach dem 9. März. Eine solche öffentliche Podiumsdiskussion zu diesem brisanten Thema und mit dieser Besetzung hat es in Deutschland noch nie gegeben. Sie würde mit Sicherheit große, bundesweite Beachtung finden. Mit einer solchen Veranstaltung könnten die Stadt Göttingen, die Universität und die Stiftung des Friedenspreises einen äußerst wichtigen Beitrag zum öffentlichen demokratischen Diskurs in unserem Land leisten.

Frau Beisiegel und Herr Köhler haben auf diesen Vorschlag nicht reagiert.

Zur Bewertung des Vorgehens durch die Universität und die Stadt füge ich ein Schreiben von Professor Doktor Thomas Crozier an die Stiftung bei.

Preisverleihung findet statt / Spendenaufruf

Trotz des Rückzuges der drei institutionellen Unterstützer findet die Verleihungsfeier wie geplant am 9. März in Göttingen statt. Der genaue Ort wird noch bekanntgegeben.

Nach dem Ausfall des finanziellen Zuschusses durch die Sparkasse Göttingen zur Deckung der Kosten und da eventuell zusätzlich noch Mietkosten für einen Veranstaltungsraum anfallen werden, droht der Stiftung Göttinger Friedenspreis allerdings ein Defizit.

Zur Deckung dieses Defizits rufe ich auf zur Überweisung von Spenden unter dem Stichwort "Jüdische Stimme" auf das unter meinem Namen (Andreas Zumach) geführte Postbankkonto

  • IBAN DE86 3701 0050 0099 0085 08
  • BICC: PBNKDEFF

Ich werde einen Teil des Preisgeldes spenden, das ich 2009 als Träger des Göttinger Friedenspreises erhalten habe.

Sollten mehr Spenden eintreffen, als zur Deckung der Kosten erforderlich, schlage ich vor, dass ich den Restbetrag überweise an medico international für deren Arbeit in Israel/Palästina . medico international unterstützt unter anderem die Soldatengruppe "Breaking the Silence" , sowie die "Physicians for Human Rights" , eine Gruppe jüdischer-israelischer und palästinensischer Ärzte, Ärztinnen und Krankenschwestern, die kostenlose medizinische Versorgung für Menschen in der besetzten Westbank leisten. Der Geschäftsführer von medico international, Thomas Gebauer, hat 2016 wesentlich dazu beigetragen, dass die Bank für Sozialwirtschaft die infame Kündigung des Kontos der Jüdischen Stimme wieder revidiert hat. Inzwischen wird die Bank wieder massiv unter Druck gesetzt, das Konto erneut zu kündigen.

Nach der Verleihfeier am 9. März werde ich über den Eingang der eingegangenen Spenden und ihre Verwendung informieren.

Andreas Zumach, 20.2.2019

bei Rückfragen erreichbar unter 0172/76172375
oder per Mail: zumach@taz.de

Nachtrag von Andreas Zumach vom 21.02.2019

1) Inzwischen regt sich auch unter der ProfessorInnenschaft der Uni Göttingen Kritik an deren Rückzug vom diesjährigen Friedenspreis.

Ein Schreiben von Professor Kai Ambos, einem der renommiertesten Völker(straf)rechtler in Deutschland, hier .

Zudem hat mir eine Professorin einen Brief geschrieben mit scharfer Distanzierung von UNI-Präsidentin Beisiegel, möchte ihren Brief aber nicht veröffentlichen.

2) Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat den in meiner gestrigen Erklärung erwähnten Vorschlag für eine Diskussion zwischen ihm, der Göttinger FDP-Ratspolitikerin Oldenburg sowie Iris Hefets und Nirit Sommerfeld - in großartiger demokratischer Manier -  bereits öffentlich abgelehnt, während Iris Hefets und Nirit Sommerfeld sofort ihre Bereitschaft zu einer Diskussion erklärt haben. Statt eines offenen, demokratischen Diskurses bevorzugt Herr Schuster administrative Maßnahmen gegen Personen, die ihn kritisieren und nicht seiner Meinung sind. Schuster hat das Kuratorium der Stiftung des Göttinger Friedenspreises - namentlich die Kuratoriumsmitglieder OB Köhler und UP Beisiegel - öffentlich aufgefordert, mich aus der Funktion des Juryvorsitzenden zu entfernen.

Ein Artikel mit den Äußerungen Schusters siehe z.B. hier: Stadt, Uni und Sparkasse steigen beim Göttinger Friedenspreis aus .

Andreas Zumach, 21.2.2019


Weblinks:

Veröffentlicht am

20. Februar 2019

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