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Paul Schobel: “Revolutionieren wir die Welt durch die Liebe”

Redebeitrag von Paul Schobel beim Ostermarsch Ellwangen am 31. März 2018

Von Paul Schobel

Liebe Freundinnen und Freunde,

manch kleiner Junge wird morgen früh große Augen machen: Der Osterhase hat ihm tatsächlich ein Schnellfeuer-Gewehr ins Nest gelegt. Nein - keines von Heckler & Koch, diese Knarren bleiben den Kindersoldaten in Afrika und anderswo vorbehalten, sondern das attraktive Modell "N-Strike Elite Disruptor" von ALDI mit einer Schussweite von 27 Metern. Vertrieben wird die Wunderwaffe unter dem Slogan: "Alles, was Spaß macht…" Also wird am Ostermorgen mit größtem Vergnügen durchgeladen und abgedrückt. So rüsten pädagogisch besonders begnadete Eltern die Kinderzimmer zu Kriegsschauplätzen hoch. Spielerisch können sich die lieben Kleinen - stets mit dem Finger am Abzug - auf diese friedlose und kriegerische Welt einstimmen.

(1) "Den Finger am Abzug"

"Den Finger am Abzug" - das beschreibt gegenwärtig die politische Realität auf diesem Planeten. Die Menschheit bereitet weiterhin - wild entschlossen - ihre eigene Vernichtung vor. In aller Welt haben wahre Polit-Gangster, dumm-dreiste, unberechenbare Lümmel die Macht an sich gerissen. Was heißt "an sich gerissen" - die Macht wurde ihnen wie einst im Jahre 1933 in Deutschland bereitwillig übergeben. Die meisten dieser Despoten sind von ihren Völkern gewählt, gedeckt oder geduldet. Nun kompensieren sie ihre Impotenz mit Hilfe von Panzern und Raketen. Allenthalben werden eingemottete Atom-Waffen wieder aufgemöbelt und scharf gemacht.

"Kein Fleck auf dieser Erde, den unsere Raketen nicht erreichen", tönt Putin unter tosendem Applaus der Duma.

"Ich habe den größeren ‚Roten Knopf’ als der Raketenmann", brüstet sich Trump gegenüber dem nord-koreanischen Diktator Kim Jong Un.

Der droht im Gegenzug, den "senilen Amerikaner mit Feuer zu bändigen".

Kim scheint sich gegenwärtig eines Besseren zu besinnen und zeigt sich gesprächsbereit. Man darf gespannt sein, was diese beiden Polit-Talente im Mai bei ihrer gemeinsamen Kaffeestunde aushecken werden. Wenn die in einem Desaster endet, dann Gnade uns Gott!

(2) "Zwei Minuten vor zwölf"

Kein Wunder, dass die internationale Experten-Kommission der Atomwissenschaftler - unter ihnen z. Zt. 15 Nobelpreisträger, ihre so genannte "Weltuntergangsuhr" auf zwei Minuten vor Zwölf vorgestellt haben. Und sie tickt erbarmungslos weiter. Die Atom-Mächte entwickeln nun mehr und mehr kleine, taktische Atom-Waffen. Dieses niedliche Feuerwerk wird die Hemmschwelle herabsetzen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der erste Idiot eine solche Rakete zündet. Ich fürchte: Das Schicksal der Menschheit hängt gegenwärtig am seidenen Faden einer Befehlsverweigerung. Und ich bete zu Gott, dass im Ernstfall verantwortliche Militärs verhindern, was Idioten befehlen. Denn auch taktische Atomwaffen verfügen über die verheerende Sprengkraft der Atombombe von Hiroshima, die 1945 auf einen Schlag 80.000 Menschen auslöschte, die Spät-Folgen nicht mitgerechnet. Kommt es zu einer atomaren Auseinandersetzung, haben wir gute Aussicht,  in einem gigantischen Feuerball zu verglühen, in dessen Druckwelle zu implodieren oder infolge Sauerstoff-Mangel qualvoll zu ersticken.

Nicht umsonst ist die erste und wichtigste Forderung der Ostermarschierer in diesen Jahr, endlich die Atomwaffen weltweit zu ächten und zu verbieten. Eine Schande, dass ausgerechnet Deutschland als immer noch treuer Vasall der USA seine Unterschrift zum Atomwaffen-Verbot verweigert. Noch schlimmer, dass solche Waffen auch heute noch in Büchel gebunkert sind und im Ernstfall von deutschen Bombern ins Ziel getragen werden. Wir fordern das Ende dieser Komplizenschaft! Atomwaffen müssen raus - sofort! Mehr noch, dieses Teufelszeug muss letztlich ganz vom Erdboden verschwinden! Und das gilt generell auch für die konventionellen Waffen.

(3) "Wer rüstet, signalisiert seine Bereitschaft zum Krieg"

Wer rüstet, signalisiert damit die Bereitschaft zum Krieg, schreibt vor 200 Jahren schon der Philosoph Immanuel Kant und fährt fort: "Wer sich bedroht fühlt, wird noch schlimmer rüsten müssen als der andere, um auf dem Schlachtfeld zu überleben." Eine Spirale ohne Ende. Was für ein Trauerspiel, dass auch fast alle demokratisch legitimierten Staaten des Westens in diesem absurden Welt-Theater mitspielen und sich in einen verbrecherischen Rüstungswettlauf hinein ziehen lassen. Von Trump erpresst, werden nun die Rüstungshaushalte der NATO-Staaten auf 2 % des Brutto-Inlandsprodukts aufgedonnert. Das kostet unser Land auf Anhieb 35 Mrd. Euro und schaukelt sich in wenigen Jahren hoch auf über 70 Mrd. im Jahr. Damit nicht genug: Nun bastelt auch noch die EU an eigenen militärischen Strukturen. Neulich traute ich meinen Augen nicht - kein verfrühter Aprilscherz, sondern bittere Realität: Dieselbe EU will in ganz Europa Straßen und Bahnlinien in Richtung Osten ausbauen und panzertauglich machen. Dieselbe Agenda wie vor dem verdammten Zweiten Weltkrieg: "Räder müssen rollen für den Sieg…" Eines ist doch klar: Wer ernsthaft droht, ist willens, die Drohung im Ernstfall auch wahrzumachen.

(4) "Rüstung tötet - auch ohne Krieg"!

Rüstung tötet, auch ohne Krieg. Rüstung ist Mord an den Bedürftigsten dieser Welt. Hochrüstung führt zu Tod und Verderben, zu Flucht und Vertreibung, zu Elend und unermesslichem Leid. Ohne Rüstung wäre es ein Leichtes, Armut und Not, Seuchen und Krankheiten, Analphabetismus und Unterentwicklung, ja selbst die Zerstörung der Natur zu überwinden. Kein Kind müsste mehr an Hunger sterben. Beim nächsten G-20-Gipfel müsste man jedem Staats-Chef einmal ein sterbendes Kind in den Arm legen. Vielleicht - so glaube ich immer noch - würde das die Herzen erweichen und sie würden erkennen, dass sie Brot liefern müssen statt Waffen, Lebensmittel statt Raketen, Decken statt Bombenteppiche.

Das ist es, was uns in den Ostermärschen alljährlich auf die Straßen treibt.

Wir protestieren gegen eine Politik, die mühsam erwirtschaftetes Einkommen in Rüstungshaushalten verpulvert und an die Waffen-Lobby verfüttert. Das ist Politik, die tötet und trennt, statt heilt und verbindet. Wer in Rüstung investiert, macht sich angesichts des Elends in der Welt der unterlassenen Hilfeleistung schuldig und gehört eigentlich vor Gericht!

Wir sind empört und lassen auch nicht länger zu, dass wir als eine der größten Waffenschmieden die ganze Welt mit Kriegsschiffen, Panzern und anderem Schießzeug beliefern. Deutsche Panzer töten Kurden und zerstören ihre Dörfer. Deutsche Gewehre morden im Jemen und in vielen Krisenregionen der Erde. So schüren wir Konflikte und heizen Kriege an. Es sind ja nicht zuletzt unsere Waffen, vor denen die Menschen zu Hunderttausenden davonlaufen, um dann hilfesuchend an unsere Türen zu klopfen. Jürgen Grässlin hat Recht: "Wer Waffen exportiert, wird Flüchtlinge ernten". Daher Schluss mit dem Waffenhandel!

Unverdrossen setzen wir heute beim Ostermarsch das Signal. Wir werden uns nie, aber auch gar nie mit Rüstung und Krieg arrangieren. Wir erklären dem Krieg den Krieg. Wir werden keine Ruhe geben, bis der größte Versager, der Taugenichts der menschlichen Geschichte, dieses Gespenst endlich dorthin verschwindet, wo es hingehört: In die Rumpelkammer der Geschichte.

(5) Friede ist kein Phantom!

Dem setzen wir unsere Vision entgegen: Friede ist kein Phantom, Friede ist möglich. Wir geben ihm Gestalt und Gesicht:

Fangen wir am besten bei uns selber an: Schaffen wir Frieden in unseren Herzen, in unseren Beziehungen. Weg mit dem alten Gerümpel aus Neid, Rechthaberei und Eigennutz. Wer nur sein eigenes kleines Ego pflegt, wird niemals ein Friedensstifter!

Nehmen wir uns derer an, die von sozialem Abstieg bedroht oder betroffen sind. Sie laufen am ehesten Gefahr, den Schalmeienklängen der rechten Rattenfänger nachzurennen. Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden, auch nicht im eigenen Land. Soziales Unrecht weltweit ist der Sprengstoff, mit dem man Kanonen stopft und Raketen befüllt.

Bieten wir den rechtsgewickelten Populisten die Stirn! Mit dumpfem Nationalismus der ewig Gestrigen kann man keine friedliche Welt gestalten.

Treten wir ein für die Verständigung unter den Nationen, Religionen und Kulturen, damit Friede wird. Beginnen wir im Kleinen, in unserem eigenen Umfeld. Dann können wir von den Mächtigen fordern, endlich geduldig miteinander zu reden, statt zu drohen, zu verhandeln, statt aufzurüsten.

Sorgen wir für eine solidarische Weltwirtschaft. Der Kapitalismus spaltet die Menschheit immer mehr in "Arm" und "Reich". Diesem Moloch ist es noch nie um "Gutes Leben für alle" gegangen, um Beteiligung und Entwicklung, sondern um die pure Gier, die Mehrung der Renditen. Ein Wirtschaftssystem, das nicht einmal die primitivsten Bedürfnisse der Menschen wie Nahrung, Kleidung und Wohnung erfüllt, ist untauglich für diese Welt. Es ist vielmehr mitverantwortlich für den Aufruhr und die Flüchtlingsströme. "Diese Wirtschaft tötet", sagt der Papst, und ich pflichte ihm bei!

(6) Revolution der Liebe

In wenigen Stunden schickt sich die Christenheit an, das zentrale Geheimnis ihres Glaubens zu feiern, die Auferstehung Jesu zum Leben, den revolutionären Sieg der Liebe über den Tod.

Ich schließe mit einem Zitat des unvergessenen Rudi Dutschke. In wenigen Tagen jährt  sich übrigens zum fünfzigsten Mal, dass in Berlin auf ihn geschossen wurde. Er starb später an den Folgen dieses Attentats. In seinem Tagebuch fand man an Ostern1963 diese Notiz:

"Jesus ist auferstanden, Freude und Dankbarkeit sind die Begleiter dieses Tages; Die entscheidende Revolution der Weltgeschichte ist geschehen, die Revolution der Welt durch die alles überwindende Liebe. Nähmen die Menschen voll die offenbarte Liebe an, die Wirklichkeit des Jetzt, die Logik des Wahnsinns könnte nicht mehr weiterbestehen."

Ja - mit dieser Revolution hätte der Wahnsinn ein Ende! Schließt Euch heute noch den "Aufständischen" an. Revolutionieren wir die Welt durch die Liebe. Ich bin überzeugt: Je höher der "Sättigungsgrad" an Verständnis, Solidarität, Barmherzigkeit, desto weniger Raum bleibt für den Hass, den Terror und den Krieg.

Paul Schobel ist Betriebsseelsorger i.R. und lebt in Böblingen.

Bundesweit: Ostermärsche und -aktionen 2018

Auf der Website von Netzwerk Friedenskooperative finden sich:

Auf der Lebenshaus-Website finden sich:

Veröffentlicht am

01. April 2018

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