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Regina Hagen: atomwaffenfrei.jetzt!

Redebeitrag von Regina Hagen beim Ostermarsch in Mannheim, 15. April 2017

Von Regina Hagen

Liebe Freundinnen und Freunde,

vor einigen Jahren schien Iran das große Problem - die Gefahr, dass das Land atomwaffenfähiges Material erzeugt und Atombomben baut.

Diese Gefahr führte zu Gesprächen und zum "Iran-Deal", der unter Mitwirkung der Bundesregierung und der Regierung Obama verhandelt wurde. Das Ergebnis war eine Win-win-Situation oder, wie man im Englischen sagt, ein "give and take": Iran bekam die Zusicherung, bei Einhaltung der Vereinbarung würden die Sanktionen aufgehoben, die das Land u.a. in technischen Bereich behinderten. Im Gegenzug schaffte Iran einen Teil seines angereichten Urans außer Land, das aber nicht atomwaffenfähig war, mottete Urananreichungsanlagen ein und verzichtete auf andere Atomtechnologie. Kontrolliert wird der Deal im Iran durch die engmaschige Überwachung sämtlicher Nuklearanlagen,

Das zeigt: Verhandeln ist möglich, Diplomatie hat ihren Platz, mit dem Motto "mein Land zuerst" hingegen funktioniert so etwas nicht.

Heute sind die Schlagzeilen bestimmt vom Thema Nord-Korea. Dort wird ein weiterer Test einer Langstreckenrakete erwartet, und es scheinen Vorbereitungen für einen weiteren Atomwaffentest zu laufen.

Vielleicht ein provozierendes Ostergeschenk, von einem "größten Führer", Kim Jong Un, an den "besten Deal-Maker", Donald Trump? Es ist nicht auszuschließen, dass Trump nur auf eine Provokation wartet, um gegen Nord-Korea loszuschlagen - mit unabsehbaren Folgen.

Am Gründonnerstag hat das US-Militär seine MOAB, die "mother of all bombs", in Afghanistan eingesetzt. Das zeigt, US-Präsident Trump hat keine Hemmungen, äußerste Gewalt anzuwenden. Jetzt bauen die USA vor der koreanischen Küste ihre Drohkulisse auf. Vor Ort sind bereits ein Flugzeugträger, zwei Zerstörer und ein weiterer Träger für Cruise Missiles (Marschflugkörper). Ein weiteres Trägerschiff mit 154 Tomahawk Cruise Missiles - das ist der Marschflugkörper, vom dem jüngst 54 auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt abgefeuert wurden - wird am 18. April vor Korea erwartet, also am Dienstag nach Ostern. Sollte Pjöngjang wirklich in den nächsten Tagen Tests durchführen, dann wäre schon alles vor Ort für einen Schlag gegen das Land. Aus Pjöngjang werden angeblich gerade 600.000 Menschen evakuiert, weil es in der Stadt nicht genug Schutzräume für die gesamte Bevölkerung gibt.

Und was soll das beides - die Drohkulisse der USA und die markigen Töne aus Pjöngjang? Beide Seiten spielen wohl das abscheuliche "Abschreckungs"-Spiel - das kann aber ganz fürchterliche Folgen haben.

Nordkorea verbessert seine Atomwaffen- und Raketenfähigkeiten, so schnell es eben geht. Vermutlich will es damit zeigen, dass es sich nicht einfach zerschlagen ließe, wie das dem Irak passiert ist. Die USA wollen natürlich verhindern, dass Nordkorea Atomwaffen und Langstreckenraketen hat. Die US-Regierung hat aber in den letzten zwanzig Jahren alle Abkommen mit Nord-Korea gebrochen oder gar nicht erst die nötigen - und von Nord-Korea auch angebotenen - Verhandlungen geführt. Diplomatie zur Problemlösung scheint uninteressant - lieber wird die Region weiter hochgerüstet. In Süd-Korea, Japan und der weiteren Region sind die USA ohnehin militärisch sehr präsent.

Nordkorea und die USA setzen aber nicht als Einzige auf Atomwaffen für ihre vermeintliche Sicherheit. Neun Atomwaffenstaaten haben nach den neuesten Zahlen von SIPRI insgesamt 14.900 Atomwaffen in ihren Arsenalen. Zu glauben, vor diesem Hintergrund würde "Abschreckung" immer funktionieren und es käme schon nie zu einem Atomwaffenkrieg, ist dumm. Es gibt Belege für Dutzende von Fällen, wo ein Atomwaffeneinsatz aus Versehen, technischem Versagen oder aufgrund von Missverständnissen nur knapp verhindert werden konnte, oft genug durch einzelne Offiziere, die sich weigerten, den Computersystemen zu glauben, und ihrem Präsidenten nicht meldeten, die Gegenseite habe Atomraketen abgeschossen. Seine Sicherheit so zu schützen ist doch Wahnsinn, oder nicht?

Und Deutschland? Deutschland ist über die nukleare Teilhabe der NATO voll mit dabei! 20 Atomwaffen lagern in Büchel in der Eifel, deutsche Piloten üben mit deutschen Tornados den Einsatz. Und die B61-Bomben von Büchel werden von den USA in den nächsten Jahren aufgerüstet. Sie sollen zwar weniger Sprengkraft haben, dafür aber viel zielgenauer sein. Damit wird ihre Einsatz denkbarer, weil der "Kollateralschaden" ja dann kleiner sei. Und wenn der Einsatz denkbarer wird, dann wird in den Köpfen der nuklearen Krieger ein Atomkrieg auch führbarer. Mehr dazu findet Ihr im neuesten " Im Blick ".

Und damit nicht genug. Seit einigen Monaten gibt es, getrieben auch von Medien wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, offene Überlegungen für eine europäische oder gar deutsche Bombe. Schon die Diskussion darüber ist vollkommen inakzeptabel!

Ich erwarte - wir erwarten von Deutschland im Gegenteil, dass sich die Bundesregierung konstruktiv in die aufregenden Entwicklungen einbringt, die auf internationaler Ebene passieren.

Der nukleare Nichtverbreitungsvertrag, auch Atomwaffensperrvertrag genannt, verpflichtet alle Staaten, auch die ohne eigene Atomwaffen und damit auch Deutschland, Verhandlungen mit dem Ziel der vollständigen Abrüstung aller Atomwaffen zu führen.

130 Staaten haben diesen Auftrag jetzt ernst genommen und gegen der Widerstand der meisten Atomwaffenstaaten und gegen das Votum aller NATO-Staaten mit Ausnahme der Niederlande im März mit Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot begonnen. Eine Woche trafen sich die Diplomaten im UNO-Hauptquartier in New York, im Juni und Juli werden die Gespräche fortgesetzt. Ziel ist ein völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen, vergleichbar mit dem Verbot von Landminen oder Splitterbomben. Damit sind die Atomwaffen zwar noch nicht weg, es wäre aber ein bedeutender Schritt, um das Tabu der Atomwaffen zu markieren.

Und Deutschland? Deutschland war im März nicht dabei! Die USA hatten Druck auf ihre NATO-Verbündeten gemacht, also hat die Bundesregierung bei der UN-Generalversammlung letzten Dezember mit Nein gestimmt und ist den Verhandlungen fern geblieben. Das ist ein Skandal! Und es macht deutsche Politik unglaubwürdig. Beim Iran das große Wort schwingen, aber ein Verbot von Atomwaffen verhindern? Dass es anders geht, zeigt Österreich, dessen Politik wir in vielen Feldern zu Recht kritisieren, aber hier spielt es eine sehr positive Rolle. Österreich hat die Verhandlungen in New York mit vorbereitet und macht sich energisch für einen Verbotsvertrag stark.

Wie immer stellt sich die Frage: Und was machen wir, die Bürger*innen, die Friedensbewegten? Es gibt genug Angebote, in die Ihr Euch einklinken könnt. In Deutschland ist eine Gruppe von ICAN aktiv, der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons.

Und neben mir seht Ihr das Transparent der deutschen Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt" . Unsere Forderungen lauten:

  • Stopp der nuklearen Aufrüstung in Deutschland,
  • Abzug der Atomwaffen aus Büchel und
  • Verbot aller Atomwaffen.

Beteiligt Euch an der Sammlung von Unterschriften für unsere Forderungen.

Und natürlich: Kommt nach Büchel! Seit 26. März gibt es dort wieder eine 20-wöchige Aktionspräsenz, die geht bis zum 9. August und jede*r von Euch kann dort mitmachen - allein oder mit einer Gruppe. Informationen darüber findet Ihr auf buechel-atombombenfrei.de . Dort findet Ihr auch einen Kalender, auf dem Ihr sehen könnt, welche Gruppen wann dort sind. Ihr könnt Euch auch an schon geplanten Aktionen beteiligen.

Und hier in Mannheim könnt Ihr mitmachen beim Flaggentag am 8. Juli. Die Stadt Mannheim ist Mitglied der "Bürgermeister für den Frieden" , hat aber am Flaggentag bislang nicht mitgemacht. Sorgt dafür, dass sich das ändert!

Ihr seht, es gibt keine Ausrede. Macht mit, helft mit, Atomwaffen abzuschaffen!

Danke für Eure Aufmerksamkeit und für’s Zuhören. Und frohe Ostern!

Regina Hagen ist Sprecherin der Kampagne atomwaffenfrei.jetzt und Redakteurin der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden (W&F).


 Weblinks:

Auf der Lebenshaus-Website finden sich:

Veröffentlicht am

17. April 2017

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