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USA: Aus der Traum

Für Drohnen-Einsätze und Elitesoldaten bot der Jemen ein geeignetes Terrain - bis die Huthis kamen

Von Konrad Ege

Ohne Zustimmung aus Washington gäbe es wohl keine saudischen Luftschläge gegen die Huthis im Jemen. Die US-Regierung hält sich jedoch selbst erst einmal zurück, obwohl die Rebellen mit der Vertreibung des Präsidenten Rabbo Mansur Hadi amerikanischen Interessen gehörig geschadet haben. Vom Pressebüro des Weißen Hauses heißt es zwar, man habe eine "Gemeinsame Planungszelle" aufgebaut, um den Beistand für die Saudis und ihre Alliierten zu koordinieren - doch gibt es Interessenunterschiede zwischen Washington und Riad. Das dortige Königshaus will offenbar seine regionale Macht unter Beweis stellen. Der Entschluss der Arabischen Liga, in wenigen Monaten eine "Schnelle Eingreiftruppe" aufzustellen, wie das König Salman gern wollte, signalisiert zudem, dass die Herrscher am Golf vorbauen für eine Zeit mit einer weiter schwindenden Lust der Amerikaner am Eingreifen. In Washington waren der Jemen und die Huthis in den letzten März-Tagen nicht das überragende außenpolitische Anliegen. Die ganz große Aufmerksamkeit galt den Atomgesprächen mit dem Iran.

Bedauernswerter Jemen, kann man nur sagen. In der verarmten und seit Jahrzehnten zerstrittenen Nation mit dem mächtigen Nachbarn im Nacken löst ein Machtkampf den nächsten ab. Grant Pritchard von der Hilfsorganisation Oxfam warnte bereits vor Wochen, zehn Millionen Menschen bräuchten Lebensmittelhilfe und 13 Millionen hätten irgendwann kein sauberes Trinkwasser mehr.

Schon viele US-Regierungen haben versucht, im Treibsand der jemenitischen Kalamitäten Fuß zu fassen. Zuletzt ging es vorrangig um das Netzwerk "Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel", dem laut US-Heimatschutzbehörde gefährlichsten Al Qaida-Ableger in Nahost. Obama stellte sich 2012 hinter den mit 99,8 Prozent ohne Gegenkandidaten gewählten Präsidenten Hadi und ließ Waffen für ein paar hundert Millionen Dollar verschicken. US-Ausbilder sollten Hadi beim Aufbau einer speziellen Anti-Terror-Einheit beistehen. Im Jemen stationierte Elitesoldaten der Special Operations Forces lieferten angeblich elektronische Überwachungsdaten an die nationalen Streitkräfte.

Von ihrem Drohnen-Stützpunkt bei Al Huta in der südjemenitischen Provinz Lahij griffen die US-Spezialeinheiten im Verbund mit der CIA vermeintliche Al-Qaida-Positionen an. Das britische Bureau of Investigative Journalism berichtet: Im Vorjahr seien bis zu 15 Drohnenangriffe im Jemen geflogen worden, dazu habe es mehrere "konventionelle Angriffe" gegeben. Barack Obama selbst lobte diese Mission noch im Herbst als Modell für einen kooperativen Anti-Terror-Kampf.

Doch war die Genugtuung nicht von Dauer, schon im Januar äußerte sich der Präsident bescheidener. Der Jemen sei "noch nie eine Insel der Stabilität" gewesen und auch keine "perfekte Demokratie". Die US-Präsenz sei keineswegs "sauber und einfach", aber "unsere beste Option". Ende März sind nun die letzten Special Operations Forces aus dem Jemen ausgeflogen worden.

Kriege zuhauf

Der Zerfall des irrtümlich guten Verbündeten führt in Washington erwartungsgemäß zu Kritik an Obama. Politische Gegner sprechen von Orientierungslosigkeit und hängen gern dem Wunschdenken an, die USA könnten doch in einem schwachen Staat wie dem Jemen bestimmen, wo es lang geht. Selbst Generalleutnant Michael Flynn, bis 2014 Direktor des militärischen Geheimdienstes Defense Intelligence Agency, rügte den Präsidenten im Fernsehkanal CBS: Er sehe einen "beinahe vollständigen Zusammenbruch der Ordnung im Nahen Osten" und eine "unglaubliche politische Verwirrung" in der US-Regierung. Obamas Pressesprecher Josh Earnest konterte beim Sender MSNBC, im Jemen existiere schon lange eine "chaotische Lage". Die USA würden dort an keiner Demokratie bauen. Man wolle nur verhindern, dass dieses Land zu einem Stützpunkt für Extremisten werde, die den Westen angreifen.

Bisher ist unklar, wie viel die USA in einen saudischen Krieg im Jemen investieren wollen. Die Beziehungen mit dem Iran weiter zu entkrampfen, das könnte wichtiger werden, als total auf die Saudis und deren Geltungsbedürfnis fixiert zu sein. Und gibt es in der Region nicht längst Kriege genug? Beinahe jedes arabische Land ist derzeit in bewaffnete Konflikte verwickelt. Und die lassen sich nicht einfach "abschalten", wenn das Amerika will. Gerade erst hat Obama den Truppenabzug aus Afghanistan eingefroren. 9.800 Soldaten sollen bis Jahresende ausharren, bei ihrer Anti-Terror-Strategie bleiben und der CIA Daten liefern für den Drohnen-Krieg am Hindukusch. In der Washington Post erläuterte der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes: Auf Kriegsschauplätzen wie Afghanistan und Jemen "wird es kein Ende geben, bei dem alles stabil ist - keine Gewalt und keine Bösewichter mehr existieren".

Quelle: der FREITAG vom 02.04.2015. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

03. April 2015

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