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Korea: Schießerei im Gelben Meer

Nord- und Südkorea finden einen neuen Vorwand, um sich gegenseitig zu beschießen. Verletzt wurde offenbar niemand, trotzdem ist Chinas Regierung alarmiert.

Von Karl Grobe

Chinas Regierung äußert Besorgnis. Die Schießereien zwischen Nord- und Südkorea in den Küstengewässern des Gelben Meeres haben ungemütlich nahe an chinesischen Seehandelsrouten stattgefunden, und ein bewaffneter Konflikt auf der benachbarten Halbinsel wäre für China unmittelbar bedrohlich.

Am Montag hatten sich die beiden koreanischen Staaten eine Art Feuergefecht geliefert. Nordkorea hatte am Nachmittag (Ortszeit) ein halbes Dutzend Artilleriesalven übers Meer gefeuert, etwa hundert Geschosse trafen nach Darstellung der Seouler Regierung südkoreanisches Gebiet. Südkorea reagierte mit 300 Schüssen in nordkoreanische Gewässer und rief die Bewohner der Inseln Yonpyong (andere Schreibung: Yeonbyeong) und Baengyong auf, in die Schutzräume zu gehen. Es gab weder Tote noch Verwundete. So weit die Darstellung des Südens.

Am Montagmorgen hatte Nordkorea eine Artillerieübung in der Region angekündigt und ein Küstengebiet für Schifffahrt und Flugverkehr gesperrt. Im Allgemeinen verzichtet Pjöngjang auf solche Vor-Warnungen. Die Ankündigung sollte offenbar die nordkoreanische Version des Grenzverlaufs nachdrücklich unterstreichen - auf dem Hintergrund der gleichzeitig im Gelben Meer (aber eindeutig außerhalb der vom Norden beanspruchten Zone) stattfindenden gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas, die der Norden als Invasions-Übungen ansieht.

Strittig ist ein Seegebiet im Gelben Meer vor der Mündung des Han-Flusses, an dem Südkoreas Hauptstadt Seoul liegt. Die USA hatten 1953 einseitig eine Grenzlinie zehn Kilometer vor der nordkoreanischen Küste festgelegt, die Northern Limit Line (NLL) zwischen dem Festland und einigen vorgelagerten Inseln, von denen Yonpyong und Baengyong am Montag wieder im Brennpunkt des Geschehens standen.

Als Schutz vor Südkorea

Diese Inseln waren zur Zeit des Waffenstillstands vom 27. Juli 1953 in der Hand der USA und Südkoreas. Der Waffenstillstand wurde von Nordkorea und seinem Verbündeten China sowie auf der Seite des Südens von den USA unterzeichnet - die im Namen der UN Krieg geführt hatten -, jedoch nicht von Südkoreas Diktator Syngman Rhee. Die NLL wurde festgelegt, um südkoreanische Angriffe und Landungsmanöver, also einen Wiederbeginn der Kämpfe, zu verhindern.

Nordkorea hat die NLL nicht anerkannt und besteht auf einer Seegrenze, die dem internationalen Seerecht entspricht. Beide koreanische Staaten sind den internationalen Konventionen und Vertragswerken beigetreten, welche solche Grenzen festlegen. Die Seegrenze hält gleichen Abstand vom Festlandsterritorium der beteiligten Staaten und lässt Fahrwege zu Inseln zu, die - wie Yonpyong und Baengyong - innerhalb der Hoheitsgewässer des einen Staates liegen, aber dem anderen gehören.

Zu Zwischenfällen im von Nordkorea beanspruchten Seegebiet kommt es praktisch alljährlich während der Fischfangsaison, wenn private Kutter aus Südkorea die Gewässer auf der Suche nach dort besonders häufigen und als Delikatesse begehrten Krabbenarten befahren. Meist eskortiert sie Südkoreas Marine - nach Voranmeldung und unter Akzeptanz der Nordkoreaner - umgehend zurück in internationale Gewässer. Krabbenfischerei ist die Existenzgrundlage der Bewohner weiter südlich gelegener südkoreanischer Inseln.

Seit 1999, als Nordkorea sich eindeutig auf die Seegrenze nach internationalem Recht zu berufen begann, haben sich fünf größere militärische Zwischenfälle im umstrittenen Seegebiet ereignet. Bei Yonpyong ereigneten sich 1999 und 2002 Seegefechte in der umstrittenen Meeresregion, ebenso 2009 westlich der Insel Baengyong. Im November 2010 wurde Yonpyong vom Festland aus beschossen, und Südkorea beschoss Artilleriestellungen auf dem Festland. Außerdem sank im März 2010 das südkoreanische Kriegsschiff ROKS Cheonan unter ungeklärten Umständen, vermutlich aber nach einem nordkoreanischen Torpedotreffer.

Meer-Streit

Welche Grenze gilt, ist strittig zwischen Nord- und Südkorea. Und auch bei den Namen von Inseln und Meeren kennt Südkorea kein Pardon. Da stand vor rund 15 Jahren in der FR, die Insel Takeshima liege im Japanischen Meer. Falsch, schrieb uns ein offizieller
Vertreter Südkoreas, die Insel heißt Dokdo und liegt im Ostmeer. Bei einem Glas Bier einigten wir uns mit dem Diplomaten aus Seoul, künftig beide Schreibungen zu verwenden.

gro

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 31.03.2014. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

01. April 2014

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