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Kim Jong Un in Nordkorea Junger Diktator mit alten Mitteln

Von Karl Grobe

Nordkoreas Alleinherrscher Kim Jong Un setzt auf "Säuberungen" und Morde. Es gibt Hinweise, dass Personen, die in engerem Kontakt zu Jang Song Thaek, dem mittlerweile hingerichteten Onkel Kim Jong Uns standen, in Arbeitslager verbannt werden.

"Unsere Partei hat kraftvolle Maßnahmen ergriffen, um eine schmutzige Fraktion zu beseitigen, die in die Partei eingedrungen war". Ein Satz aus der Neujahrsansprache des Kim Jong Un. Der nordkoreanische Boss konnte die politische Säuberung nicht mit Schweigen übergehen. Schließlich hat er "die Gegen-Partei, antirevolutionäre Elemente" erst vor drei Wochen besiegt und bei der Gelegenheit seinen Onkel Jang Song Thaek auf nahezu frischer Tat ertappen lassen.

Wobei es noch immer unklar ist, worin in den Augen des Neffen, der demnächst 30 Jahre alt wird, die Tat bestanden hat - und ob sie nicht gar erst nach der raschen Hinrichtung des Onkels so erdacht worden ist. Den Namen Jang Song Thaek nannte Kim Jong Un bewusst nicht. Ein Verhaftungs-Foto hatte die Parteizeitung "Rodong Sinmun" schon damals - vorauseilend? - mit der Bildzeile versehen: "Unsere Partei, unser Staat, die Armee und das Volk kennen niemanden außer Kim Il Sung, Kim Jong Il und Kim Jong Un". Das Totschweigen ist politische Linie.

Die Losung lautet "Militär zuerst"

Dem Sicherheitsdienst in Südkoreas Hauptstadt Seoul gehen unterdessen immer wieder Hinweise zu, dass Personen, die in engerem Kontakt zu Jang gestanden hatten, in Arbeitslager verbannt werden. Der Satz Kim Jong Uns, dass "unsere Einheit hundertfach gestärkt worden ist und die Partei und die revolutionären Reihen durch die Säuberung der Anti-Partei- und Anti-Revolutions-Fraktion viel stärker geworden" seien, bezog sich offenbar auf die fortgesetzte Verfolgung jener Fraktion. Sollte die Annahme zutreffen, dass Onkel Jang und seine Vertrauten von Kim Jong Uns Vater beauftragt worden waren, den unerfahrenen Alleinherrschers zu überwachen und den Junior zu kontrollieren, so bedeuten die Säuberungen, dass er das Zaumzeug abgeworfen hat und nun allein durch die politische Landschaft galoppiert.

Deshalb hört man in der gesamten Region genau hin und konstatiert, dass die Losung "Songun" (Militär zuerst) erkennbar weiterhin gilt: "Gefährliche Verhältnisse sind geschaffen worden, die einen unbedeutenden militärischen Konflikt zum Zündfunken eines umfassenden Krieges machen könnten. Wenn in diesem Land ein Krieg ausbricht, wird er zu einem ungeheuren nuklearen Desaster führen. Nicht einmal die Vereinigten Staaten wären dann sicher", konnte man hören. Doch auch dieses Quasi-Angebot an den Süden: "Es ist an der Zeit, mit den Beschimpfungen und Verleumdungen aufzuhören, was nur schadet, und nichts sollte mehr vorkommen, das Versöhnung und Einheit hindert. Die südkoreanischen Behörden sollten die brudermörderische Konfrontation beenden und nicht über ‘Nordkorea-Sympathisanten’ quasseln, wenn die Stimme des Volkes demokratische Vereinigung und Unabhängigkeit verlangt. Sie sollten sich bemühen, die Nord-Süd-Beziehungen zu verbessern."

Veraltetes Bild des Südens

Hinter den Phrasen wird erkennbar, dass das Bild des Südens, das sich die Herrschenden in Pjöngjang malen, sechzig bis siebzig Jahre alt ist. Südkoreas Diktator Syngman Rhee hatte den Waffenstillstand von 1953 nie unterschrieben, anders als Nordkoreas Diktator Kim Il Sung und anders als die USA als Vertreter der UN für den Süden und China als Verbündeter des Nordens. Unter Rhee und seinen Nachfolgern bestand wenigstens noch ein Jahrzehnt eine Grundstimmung, die auf Eroberung des Nordens gerichtet war; die USA griffen mehrmals zügelnd ein.

Nordkorea war bis 1978 wirtschaftlich erfolgreicher; dann gewann Südkoreas Entwicklungsdiktatur die Oberhand und mündete in eine entwickelte Demokratie, was die Führung im Norden auch dann nicht wahrhaben wollte, als das System nach dem Ende der Sowjetunion um 1995 zusammenbrach.

Entlarvende Skitour

Über das Ausmaß der Rückständigkeit auf fast allen nichtmilitärischen Gebieten weiß die Bevölkerung Nordkoreas fast nichts. Kim Jong Un hatte Reformhoffnungen geweckt, von denen einige teilerfüllt wurden: Bauernmärkte entstanden, seit die Ablieferungspflicht gemildert wurde, und ein Mittelstand bildet sich auch neben der Partei ansatzweise in den Städten heraus.

Kim setzte noch andere Zeichen: Popkonzerte, Auftritte mit seiner attraktiven Ehefrau, Achterbahnfahrten in neuen Vergnügungsparks, eine Inspektionstour zum "monumentalen Ski-Resort" Masik-Pass. Skier hatte er allerdings nicht dabei. Ein Symbol für die Wirklichkeit Nordkoreas: Es soll aussehen, als könne man, aber die Instrumente fehlen.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 01.01.2014. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

02. Januar 2014

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