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70 Jahre nach den NS-“Euthanasiemorden” in Grafeneck: “Spur der Erinnerung”

Um 10 Uhr wurde am heutigen Dienstagmorgen während einer Auftaktveranstaltung in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb damit begonnen, eine violette Farbspur zu malen, die bis nach Stuttgart führen wird. Mit dieser "Spur der Erinnerung" wird Grafeneck, wo 1940 während der Nazidiktatur über 10.600 Menschen ermordet wurden, in vier Tagen mit dem Innenministerium Stuttgart verbunden.

Das Bürgerprojekt "Spur der Erinnerung" ist eine der ungewöhnlichsten und größten
zivilgesellschaftlichen Aktionen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Etwa 7.000 Menschen
werden vom 13. bis 16. Oktober 2009 die 80 Kilometer lange violette Farbspur malen. Diese nimmt am Tatort Grafeneck ihren Anfang und endet am Innenministerium in Stuttgart. Das Innenministerium Württemberg war während der Nazidiktatur der Planungsort, in dem regional der Massenmord an kranken und behinderten Menschen administrativ vorbereitet, umgesetzt und abgesichert wurde. Bereits im Oktober 1939 begannen die Vorbereitungen für die Morde. Schloss Grafeneck, damals eine Behinderteneinrichtung der evangelischen Samariterstiftung, wurde am 14. Oktober 1939 vom Württembergischen Innenministerium "für Zwecke des Reichs" beschlagnahmt. Danach wurden auf dem Gelände des Schlosses eine Gaskammer und ein Krematorium eingerichtet. Ab Januar 1940 wurde Grafeneck zum ersten Ort der systematisch-industriellen Ermordung von Menschen im nationalsozialistischen Deutschland. Mit der "Aktion T4" wurden in Grafeneck im Jahr 1940 mindestens 10.654 Menschen ermordet. Diese Menschen, Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, wurden in einer Gaskammer mit Kohlenmonoxyd getötet. Zu den Opfern zählten diejenigen Menschen in den Heil- und Pflegeanstalten, die in den Augen der Täter als "lebensunwertes Leben" galten.

Seit der Beschlagnahme des damaligen Behindertenheims Grafenecks sind genau 70 Jahre vergangen. Mit der "Spur der Erinnerung" soll an die ermordeten Opfer und den damit verbundenen Beginn eines Zivilisationsbruchs in Deutschland erinnert werden, der nur den Anfang eines weltweit einzigartigen Rückfalls in die Barbarei markiert. Von 17 örtlichen Aktionskreisen, von Schulen, Jugendhäusern, Theatern und anderen freien Initiativen sind mehr als 180 Begleitveranstaltungen geplant worden. Eine große Abschlussveranstaltung am 16. Oktober will in besonderer Weise den "Gedankenstrich" zwischen Tatort und Planungsort Innenministerium in Stuttgart mit dem Motto: "Wir leben gerne!" unterstreichen und betonen, dass allen Menschen das gleiche Recht auf Leben und gesellschaftliche Teilhabe zukommt.

Die "Spur der Erinnerung" ist ein Gemeinschaftsprojekt der "Initiative Stolpersteine für Stuttgart", Arbeitskreis "Euthanasie" und der "AnStifter, InterCulturelle Initiativen e.V.".

Lebenshaus Schwäbische Alb gehört dem ideellen Unterstützerkreis für diese beispielhafte Initiative an. Als Verein mit Sitz auf der Schwäbischen Alb sind uns schon seit langen Jahren die Verbrechen durch die "Euthanasiemorde" in Grafeneck ein Anliegen. Seit 1991 sind wir deshalb an einer jährlichen Mahnwache für die Opfer der "Euthanasie" an der Gedenkstätte der Mariaberger Heime maßgeblich beteiligt.

Weblinks:

Veröffentlicht am

13. Oktober 2009

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