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Robert Fisk: Die Geschichte von Baha Mousa

Von Robert Fisk, 12.07.2009 - The Independent on Sunday

Im Januar 2004 berichtete Robert Fisk über einen jungen Hotelangestellten in Basra, der bei einer Razzia der britischen Besatzungstruppen am 14. September 2003 unter mysteriösen Umständen festgenommen wurde und in britischem Gewahrsam starb. Die Briten boten finanzielle Kompensation, die Familie forderte Gerechtigkeit ( ‘Tod in Gewahrsam’ von Robert Fisk).

Das erste Mal hörte ich von Baha Mousa durch seine Familie. Baha hatte an der Rezeption eines Hotels in Basra gearbeitet. Eines Tages umstellten britische Truppen das Hotel und verhafteten sieben Männer. Sie wurden in die Barracks der Briten gebracht. Sie bekamen Kapuzen übergestülpt und wurden verprügelt. Zwei Tage später meldete sich Bahas Vater erneut bei mir und weinte. Baha Mousa war tot. Man hatte seiner Familie eine Kompensation in Höhe von $3.000 gegeben und weitere $5.000 angeboten. Die Familie lehnte ab. Sie wollte Gerechtigkeit. Bahas Vater war Polizeioffizier. Die britischen Behörden hatten ihn dazu gemacht. Er trug an jeder Hüfte eine Pistole. Er war "unser Mann", und wir töteten seinen Sohn.

Der empörende Tod des 26jährigen, der vor den Augen seines Vaters verhaftet wurde, zählt zu den beschämendsten Episoden der britischen Besatzung im Südirak. Während die britischen Soldaten die 7 verhafteten Männer verprügelten, gaben sie ihnen Namen von Fußballern. Ich glaube, es fällt stets leicht, diejenigen zu verhöhnen, denen man Gewalt antut. Einer von Bahas Kollegen, der im selben Hotel gearbeitet hatte (und mit ihm verhaftet wurde), erzählte mir später in seinem Krankenhausbett - unter großen Schmerzen - wie Baha seine Mörder angefleht habe, ihn nicht weiter zu treten. "Er war ein anständiger Kerl. Es gab keinen Grund, ihm das anzutun", sagte er.

Als ich die Geschichte zum ersten Mal hörte, musste ich an all die Geschichten denken - oh Gott - die ich in Nordirland gehört hatte: Britische Katholiken wurden aus ihren Häusern geholt und in britischen Armeebaracken verprügelt. Leute, die ihre Folterknechte unter Kontrolle halten sollten, nannten die Gefolterten "Terroristen". Ich hatte das alles schon einmal gehört. Und immer, immer, waren die Getretenen und Verprügelten die bösen Jungs. In Basra hörte man die Briten oft sagen, sie wüssten, wie man mit den lokalen Leuten umgehe, das hätten sie in Nordirland gelernt. Und wie sie das gelernt haben!

Ich erinnere mich, wie ich Baha Mousas Kindern gegenübersaß. Seine Frau war an Krebs gestorben. Ich hörte, was sein Vater zu berichten hatte. Ich bezweifelte damals, dass die Gerechtigkeit siegen würde. Sie hat nicht gesiegt. Die bösen Jungs kamen damit durch. Auch in Nordirland kamen sie in der Regel damit durch. Es geht nicht darum, Herz und Verstand (der Menschen zu gewinnen). Es geht um Gerechtigkeit. Wir bringen keine Gerechtigkeit.

Robert Fisk ist ein international anerkannter Journalist des "Independent" in London. Seine Berichte über den Nahen Osten liefern den dringend notwendigen Kontrast zur offiziellen Doktrin und inspirieren Aktivisten auf der ganzen Welt. Er ist regelmäßiger Autor des ZNet, außerdem schreibt er noch für "The Nation" und weitere Publikationen.

 

Quelle:  ZNet Deutschland vom 20.07.2009. Originalartikel: Robert Fisk: The story of Baha Mousa . Übersetzt von: Andrea Noll.

Veröffentlicht am

20. Juli 2009

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