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Auch Geister müssen dran glauben

Von Karl Grobe - Kolumne

George W. Bush ist regelmäßig für einen Heiterkeitsausbruch auf seine Kosten gut. Er möchte aber auch freiwilligen Humor beweisen. Als er sich am Donnerstag vom G-8-Gipfel verabschiedete, lautete sein letzter Satz, in freundlicher Rohübersetzung: “Auf Wiedersehen sagt der weltgrößte Luftverschmutzer”. Darüber konnten die anderen Regierungschefs gar nicht lachen, die die sieben - verglichen mit den USA - Zwerge vertraten. Man macht keine Witze über das Klima, Mr. President.

Man kann auf ungewöhnliche Gründe für diesen Vorgang verfallen, wenn man nur an der richtigen Stelle untersucht, wie dies eine Schweizer Forschergruppe tat. Die fand heraus, dass klare Luft zur Erwärmung mindestens ebenso stark beiträgt wie die Kohlendioxid-Emission. Ist der Himmel wolkenlos, so kommt mehr Sonnenenergie auf den Globus. Klare Sache eigentlich. Nachrichtenrang bekam sie in einem Land, das häufiger unter einer undurchdringlichen Wolkendecke liegt: Der Irish Sun (das Blatt heißt wirklich so) war der Schweizer Befund eine Meldung wert.

Man kann die globale Erwärmung auch einfach ignorieren, wenn man zum Beispiel Inder oder Chinese ist. Die beiden gehören den Großen Acht trotz ihrer eigenen Größe ja auch nicht an. Es wäre aber unfair, allen Menschen, die in Indien leben oder einen chinesischen Dialekt sprechen, die ganze Schuld in die Schuhe zu schieben, die sie übrigens zum Nutzen der Konsumenten in großen Stückzahlen und zu niedrigen Endverbraucherpreisen herstellen. Was dann wieder bedingt, dass die Schuhe (und was sonst noch alles) weltweit transportiert werden; der Transport schafft wiederum Verbrennungsrückstände in die Atmosphäre, was seinerseits die Erde heizt.

All das ist ihnen ja bewusst. Einige von ihnen, ist anzunehmen, beten gegen diesen Effekt inbrünstig an. Sie schwenken Räucherstäbchen in den Tempeln, damit die Gebete erhört werden. Und das ist ein Fehler. Die Verwaltung eines Innenstadt-Tempels in Taipeh hat gerade beschlossen, dass man da was tun muss. Wieso jedesmal drei Räucherstäbchen verbrennen? Eines genügt doch. Und weil solche umweltfreundlichen Beispiele Vorbildcharakter haben, sannen in anderen Taiwaner Tempeln die Zuständigen über weitere klimafreundliche Maßnahmen nach.

Den Verstorbenen Geld fürs Jenseits mitzugeben, also Geistergeld zu spenden, das in eigens dafür aufgestellten Schalen verbrannt wird, ist ja auch nicht gut für die Umwelt. So steht vor einem dieser Gotteshäuser an passender Stelle nun der Hinweis, dass die Geistergeld-Verbrennungsstätte zur Verhinderung der Luftverschmutzung geschlossen ist. Andere sammeln Valuta fürs Jenseits in Plastikcontainern und lassen diese samt Inhalt umweltfreundlich verglimmen. Und wieder andere rüsten die notwendige Beleuchtung auf Energiesparlampen um.

Die Sache mit den Räucherstäbchen und dem Geistergeld ist denen in der Volksrepublik bisher nicht eingefallen. Obwohl die traditionellen Religionen, die solches brauchen, stark aufkommen. Die Kommunisten sollen es ja nicht wagen, im Olympiajahr dem Beispiel von der Insel Taiwan zu folgen. Eingriffe in die Religionsfreiheit würden sofort zwei Gruppen auf den Plan rufen: Erstens die ernsthaften Traditionsgläubigen, zweitens die berufsmäßigen Kritiker jenes Systems, das fälschlich für kommunistisch gehalten wird.

Karl Grobe ist freier Autor.

Quelle: Frankfurter Rundschau   vom 14.07.2008. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

14. Juli 2008

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