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Tod eines Ex-Agenten

Der nach einer Vergiftung in London gestorbene Alexander Litwinenko war scharfer Kritiker von Russlands Präsident Putin - und arbeitete bis 2000 für den russischen Geheimdienst.

Von Karl Grobe

Der ehemalige KGB-Spion Alexander Litwinenko ist am 1. November mit Polonium 210 vergiftet worden und drei Wochen später in einem Londoner Krankenhaus qualvoll gestorben. Seine letzten Gesprächspartner am Tage der Vergiftung waren sein früherer KGB-Kollege Andrej Lugowoj und zwei Unbekannte - wahrscheinlich Russen - in einem Londoner Hotel sowie der italienische Sicherheitsberater Luigi Scaramella in einem Sushi-Restaurant, ebenfalls in London.

Spuren des sehr spät erkannten radioaktiven Giftes sind zunächst in jenem Hotel, in dem Sushi-Restaurant und in Litwinenkos Londoner Wohnung gefunden worden, dann auch in Liegenschaften, die dem exilierten russischen Ex-Oligarchen Boris Beresowskij gehören, und in der internationalen Söldnerfirma Erinys. Die Faktengrundlage des Falls Litwinenko reicht bisher nicht viel weiter.

Der 1962 in Woronesh geborene Litwinenko hatte im Sowjet-Geheimdienst KGB und in der Nachfolgeorganisation FSB an Korruptionsfällen und in der Spionageabwehr gearbeitet. 1999 erklärte er, man habe ihm den Auftrag erteilt, Beresowskij umzubringen. Er wurde gemaßregelt - nicht wegen dieser Anschuldigung, sondern im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen -, blieb aber im Dienst, bis er 2000 aus Russland nach Großbritannien floh.

In einem Buch erklärte er, FSB-Agenten seien an der Sprengung mehrerer Wohnhäuser in Moskau und anderen Städten koordinierend beteiligt gewesen. Diese Anschläge waren ein Anlass für den zweiten Tschetschenien-Krieg, den Russlands Präsident Wladimir Putin im Wahlkampf 2000 zu seinem wichtigsten Thema machte.

Beresowskij half, die These von der FSB-Tatbeteiligung zu verbreiten. Litwinenko arbeitete fortan mit ihm zusammen. Er trat als scharfer Kritiker Putins auf. Nach dem Moskauer Mord an der kritischen Journalistin Anna Politkowskaja recherchierte er über die Hintergründe. In dem Zusammenhang soll Scaramella ihm Material übergeben und zugleich auf eine “Todesliste” mit beider Namen hingewiesen haben. Scaramellas Rolle als Zeuge und Fachmann für KGB-Aktivitäten ist derzeit noch undurchsichtig.

Zwei Tage vor seinem Tod machte Alexander Litwinenko Putin direkt für den Mord verantwortlich. Britische Kommentatoren und am Donnerstag dann auch der russische Publizist Andrej Piontkowskij nehmen einen Zusammenhang zwischen den Mordfällen Litwinenko und Politkowskaja sowie der Erkrankung des ehemaligen russischen Ministerpräsidenten Jegor Gaidar an, der am 24. November bei einem Besuch in Irland ähnliche Symptome wie Litwinenko aufwies. Zurzeit liegt Gaidar in einem Moskauer Krankenhaus.

Quelle: Frankfurter Rundschau   vom 01.12.2006. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

02. Dezember 2006

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