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Schutzbedürftige Macht

Von Karl Grobe - Kommentar

Mehrere Gründe treiben die ärmeren zwei Drittel - oder mehr - der afghanischen Bevölkerung in den Aufruhr: Korruption, Unfähigkeit oder Untätigkeit der Regierung, Arroganz ausländischer Soldaten und Berater, der Appell der Taliban und anderer militanter Bewegungen. Es genügt ein Auffahrunfall in der Hauptstadt Kabul, um sogar dort einen bewaffneten Aufstand auszulösen. In der einzigen Region, über die der Präsident angeblich die Kontrolle hat und in der sich ein Parlament um Gesetzgebung bemüht, reißen Kampfrufe gegen Amerika, den Präsidenten, die Polizei und die Isaf-Friedenstruppe Massen mit. Das sagt mehr über die Lage aus als freundlich gestimmte Berichte über demokratische Erfolge.

Gouverneur Ahmad Wali Karsai, der jüngere Bruder des Präsidenten, hat sich in der traditionellen Aufstands-Provinz Kandahar sagen lassen müssen, das Volk wisse nichts über die Aufgabe der fremden Truppen, für die Sicherheit zu sorgen. Wie sollte es auch, wenn "die Koalition" bei einem Angriff auf eine vermutete Taliban-Zusammenkunft mehr als 30 Unbeteiligte tötet. Oder wenn in der Nachbarprovinz Helmand eine Moschee bombardiert wird, fünfzig Tote, weil sich dort wohl Taliban versammeln.

Präsident Hamid Karsai muss sich um fast jeden Preis auf die Fremden stützen. Im Parlament stellen korrupte Warlords, Drogenbosse, Sympathisanten der Taliban (was zum Sammelnamen für radikale Opponenten geworden ist) und Vertreter verschiedener alter Machtgruppen die Mehrheit. Die präsidiale Macht bleibt isoliert und schutzbedürftig. Und die Schützer machen sich selbst das Volk zum Feind. Im Ernstfall, wie am Montag in Kabul, müssen sie sich in den eigenen Kasernen verschanzen.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 30.05.2006. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

 

Veröffentlicht am

30. Mai 2006

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