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Washingtons Drohungen

HINTERGRUND

Iran glaubt nicht an Angriff

Von Karl Grobe

Irans Regierung hält die jüngsten Berichte über Kriegspläne der USA und den möglichen Einsatz von Atomwaffen für rhetorischen Theaterdonner. Der Teheraner Außenamtssprecher Hamid-Reza Asefi sagte am Montag, die jüngsten Berichte über Kriegsvorbereitungen gingen auf die "Wut und Hilflosigkeit" der Washingtoner Regierung zurück.

Die Bush-Regierung, so Asefi, wolle Vereinbarungen Teherans mit den EU-Vertretern und Russland verhindern und spiele deshalb die Frage des iranischen Atomprogramms hoch. An einen Angriff glaube er nicht. Schließlich seien die in der Presse vermuteten Angriffstermine längst verstrichen.

Anlass zu seinen Anmerkungen waren Berichte des New Yorker und der Washington Post über Kriegsplanungen der US-Regierung. Im New Yorker berichtete der als gründlicher Rechercheur bekannte Journalist Seymour Hersh, die Bush-Regierung habe Geheimoperationen in Iran verstärkt und Planungen für einen möglichen Großangriff aus der Luft intensiviert. Auch der Einsatz von Atomwaffen gegen Anlagen des iranischen Nuklearprogramms werde erwogen. Grund dafür sei die Entschlossenheit Präsident George W. Bushs, einen Regimewechsel herbeizuführen und Teheran auf keinen Fall ein "Pilotprogramm" zur Uran-Anreicherung zu gestatten.

Pläne für einen möglichen Atomwaffeneinsatz habe das Pentagon im Winter ausgearbeitet, schreibt Hersh. US-Militärflugzeuge übten bereits "Über-die-Schulter-Abwürfe" unter den Augen iranischer Radarstationen. Zur genauen Festlegung von Angriffszielen seien Spezialeinheiten insgeheim in Iran aktiv. Zu deren möglichen Aufgaben gehöre auch das Aufspüren und Ausschalten unterirdischer Anlagen, auch durch Giftgas.

Ein hartes Dementi war aus Washington nicht zu hören. Regierungssprecher sagten lediglich, die betreffenden Berichte beruhten auf "schlechten Informationen". Die Bush-Regierung strebe nach einer diplomatischen Lösung im Atomstreit mit Teheran. In London bezeichnete Außenminister Jack Straw die Berichte als "völligen Schwachsinn". Iran stehe zwar unter Verdacht, nach Atomwaffen zu streben, aber es gebe keinen Kriegsgrund.

Der Ex-General Anthony Zinni, bis 2000 höchster Militär der USA, äußerte am Sonntag in einem Fernsehinterview Besorgnis über die "explosiven Berichte". Er kenne keine Details, man solle aber nicht glauben, es werde "nur ein Schlag" erfolgen, und dann sei "alles vorüber". Iran könne gegen Ölanlagen, Transportwege und US-Truppen in der Region zurückschlagen.

Zinni hat sich offenbar zum Sprecher von Berufsmilitärs im Pentagon gemacht, die zwar auftragsgemäß Pläne auch für den Einsatz von bunkerbrechenden Atomwaffen gegen unterirdische Nuklearanlagen ausarbeiten, vor deren Verwirklichung aber warnen.

Die Berichte in der Washington Post und dem New Yorker legen den Schluss nahe, dass die zivile Führung bis zu Präsident George W. Bush, der die letzte Entscheidung zu treffen hat, im Gegensatz zu den Militärs auf einen Kriegseinsatz dringt.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 11.04.2006. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

11. April 2006

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