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USA und Iran bringen Atomwaffensperrvertrag in Gefahr. Jugenddelegation kehrt von UNO zurück

“Es ist zum Heulen!” klagten Julia Kramer und Wolfgang Schlupp-Hauck von der Pressehütte Mutlangen, “die Hälfte der Verhandlungszeit ist um - und noch immer haben die Komitees nicht zu arbeiten begonnen.” Ohne greifbare Ergebnisse auf der diplomatischen Ebene verliefen die beiden ersten Wochen der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages, die vom 2. bis 27. Mai im UN-Gebäude in New York stattfindet. Dann ging es endlich los (siehe Artikel “Jetzt geht’s los!” )

Doch allzu viel Grund, nun möglicherweise erfolgreichen Verhandlungen entgegenblicken zu können, die substantielle Fortschritte in Richtung Abbau von Atomwaffen bringen könnten, besteht weiter keiner. Wolfgang Schlupp-Hauck, der sich während der gesamten Zeit der UN-Überprüfungskonferenz gemeinsam mit anderen Vertretern von NGOs in New York aufhält, schreibt am 19.05.2005:

Nach über zwei Wochen beginnt heute endlich auf der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages die Arbeit der Diplomaten in den Komitees. Es ist ein Skandal, dass sich die Einigung über eine Tagesordnung über die Hälfte der Konferenz dafür ausdehnte. Doch auch jetzt besteht noch die Möglichkeit, den Fortgang der Verhandlungen weiter zu blockieren, denn auch in den Komitees und ihren Unterausschüssen, kann durch prozedurale Fragen die inhaltliche Arbeit verhindert werden.

Am Freitag, den 13. Mai, dem letzten Tag der zweiten Verhandlungswoche hatte UN-Generalsekretär Annan seine Sorgen und seinen Unmut zum Ausdruck gebracht, dass die Delegierten zwei Wochen benötigten, um sich auf eine Tagesordnung zu einigen:
“I am concerned like everybody else that it took two weeks to agree on an agenda, and I hope they will accelerate their work,” he told reporters at the U.N. headquarters. “The issues are known, and I hope they will be able to accelerate their work and make some progress.” (Kyodo News)

Die Verzögerung eines Verhandlungsbeginns schmälert stündlich das Zustandekommen einer substantiellen Abschlusserklärung. Die Ablehnung kommt, wie auf den Gängen der UN zu hören ist, vor allem von zwei Seiten: den USA und dem Iran. Beide Seiten scheinen aus kurzsichtigen nationalen Blickpunkten zur Zeit nicht am Zustandekommen eines Abschlussdokumentes interessiert.

Da der Präsident nicht im Plenum verhandelt sondern über die Gruppen, müssen die Ablehnung nicht die Blockierer selbst vortragen, sondern die Gruppenvorsitzenden. Das alles findet hinter verschlossen Türen statt und so erfährt die Öffentlichkeit fast nichts davon.

Die Verhandlungsverzögerungen gefährden den ganzen Vertrag. In 5 Jahren existiert er, wenn die Blockierer so weiter machen vielleicht nicht mehr. Dann wird das, was der Vertrag bisher weitestgehend verhindern konnte, nämlich das Entstehen von neuen Atomwaffenstaaten, eintreten und wir werden statt der 5 offiziellen und drei inoffiziellen Atommächte, weitere haben. Atomare Kriege werden dann immer wahrscheinlicher. Es ist unverantwortlich den NPT Vertrag so zu gefährden.

Zufrieden können die Mutlanger Friedensarbeiter Wolfgang Schlupp-Hauck, Julia Kramer und Felix Dania allerdings mit dem Engagement der Jugendlichen sein, die mit ihnen bei der UNO waren. Die 25-köpfige Jugenddelegation der von Friedenswerkstatt Mutlangen organisierten Aktionsreise kehrte am vergangenen Wochenende aus New York zurück. Die Jugendlichen haben sich zusammen mit weiteren 10 Jugendlichen der Heidelberger Aktion Völkerrecht in das politische Geschehen eingemischt.

Überhaupt haben sich nie zuvor so viele Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) an einer Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag teilgenommen: Bereits am ersten Tag der Konferenz zählte WILPF (Women’s International League for Peace and Freedom), welche die NGO-Arbeit während der Konferenz organisatorisch unterstützt und ihre Stellungnahmen koordiniert, über 1.700 NGO-Vertreter. Bis zum Ende der Konferenz wird die Zahl auf über 2.000 steigen. Darunter befinden sich 100 Bürgermeister aus aller Welt und über 50 NGO-Jugendvertreter vor allem aus Deutschland. Dies ist einmalig für die Überprüfungskonferenzen des Atomwaffensperrvertrages (Nuclear Non-Proliferation Treaty, NPT), der 1970 in Kraft getreten ist. 1995 wurde der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert und alle fünf Jahre wird er überprüft.

In einer Pressemitteilung vom 14.05.2005 haben die Jugendlichen der Aktionsreise folgendes berichtet:

Jugendliche pflanzen Sonnenblumen für eine atomwaffenfreie Welt in New York

Aktionen für den Frieden - Atomwaffensperrvertrag bei der UN

Jugendliche der Mutlanger Aktionsreise haben in New York Sonnenblumen für den Frieden und gegen Atomwaffen gepflanzt. Sie verteilten 30.000 Sonnenblumensamen an die Delegierten, die wegen des Atomwaffensperrvertrags nach New York kamen, und an die Bevölkerung, als Zeichen gegen die schätzungsweise 30.000 Atomwaffen auf der Welt. Außerdem brachten Sie Tücher mit Visionen für den Frieden aus ganz Deutschland nach New York um diese dort jeden morgen den Diplomaten vor der UNO zu präsentieren.

Die deutsche Jugenddelegation der Mutlanger Pressehütte “NPT YouthAktion” war vom 28. April bis zum 14. Mai in New York bei den Vereinten Nationen, um mit verschiedensten Aktionen gegen Atomwaffen zu protestieren. Diese Reise gab den Jugendlichen einen Einblick in den Ablauf einer UN-Konferenz, die Möglichkeit sich mit NGO-Vertretern aus der ganzen Welt zu treffen und zu vernetzten, sowie die Diplomaten direkt anzusprechen.

Höhepunkte der Reise waren Treffen mit dem Außenminister Fischer, der deutschen Regierungsdelegation und den Hibakusha (Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki). Das erste Mal überhaupt bekam die Jugend der Welt die Möglichkeit während der UN-Konferenz eine Rede zu halten. Tina Keim von der Aktionsreise hielt gemeinsam mit einer australischen Vertreterin diese Rede (siehe “Wie können zukünftige Generationen in einer Welt voller Atomwaffen vor der Geißel des Krieges bewahrt werden?” ).

Mit der Tücheraktion wollen die Jugendlichen zum Ausdruck bringen, dass der Großteil der Bevölkerung für die Abschaffung aller Atomwaffen ist, und gleichzeitig den Menschen die nicht nach New York reisen konnten, die Möglichkeit geben, präsent zu sein.

“Wachsende Blumen statt fallende Bomben” ist auf den Tütchen mit den Sonnenblumensamen zu lesen. Mit dieser Aktion wollten die Aktivisten den Regierungsvertretern klar machen, dass sie in ihrer Zukunft lieber 30.000 Sonnenblumen auf der Erde wollen, als die momentanen 30.000 Atomwaffen. Die rund 5.000 Tütchen wurden an die New Yorker, die NGO-Vertreter, aber vor allem an die Diplomaten verteilt. Die Idee, Sonnenblumen als Zeichen gegen Atomwaffen zu pflanzen, kommt aus der Ukraine, wo 1996, als die vollständige Abrüstung der dort gelagerten ehemals sowjetischen Atomsprengköpfe beschlossen wurde, Sonnenblumen als Zeichen gepflanzt wurden. Wie der Bürgermeister Akiba von Hiroshima, Vorsitzender der Organisation “Bürgermeister für den Frieden”, denken auch die Jugendlichen, dass eine Abrüstung aller Atomwaffen auch für die anderen Atomwaffenstaaten möglich ist.

Eine weitere deutsche Jugenddelegation aus Heidelberg, die “Aktion Völkerrecht” , brachte ihren Schutzwall für das Völkerrecht, nach New York, um dort auf die Illegalität der Atomwaffen aufmerksam zu machen. Im Moment besteht der Schutzwall aus fast 60.000 kleinen signierten Steinen, und wuchs bei einer großen Demonstration im Central Park weiter.

Die Mitglieder der Aktionsreise pflanzten zum Abschluss ihrer Reise auf Roosevelt Island, Insel im East River gegenüber der UN, Sonnenblumen, um die Delegierten auch nach der Abreise der Jugendlichen an den Wunsch einer atomwaffenfreien Welt zu erinnern. Zudem kamen spontane Pflanzaktionen zustande - eine im Central Park, im Bunche-Park und eine in der UNO- Kantine. Damit hoffen die Jugendlichen etwas von ihrer Hoffnung zu hinterlassen, dass Sie ohne das Erbe der Atomwaffen leben können.

“Die UNO-Arbeit und den Konferenzverlauf einmal kennen zu lernen war sehr spannend, zudem waren die Aktionen und Gespräche sehr beeindruckend und inspirierend für die zukünftige Friedensarbeit” so einer der Jugendlichen am Ende der Reise. “Die längst überfällige Initiative, von Verteidigungsminister Struck, den Abzug der amerikanischen Nato-Atomwaffen voran zu bringen, war in unseren Augen der erste Schritt in die richtige Richtung, hin zu einem atomwaffenfreien Deutschland und dann zu einer atomwaffenfreien Welt”.

Alle reisen mit dem Gefühl ab, etwas erreicht zu haben und hoffen, dass die letzten zwei Wochen der Konferenz einen positiven Ausgang, für eine atomwaffenfreie Welt, nehmen werden.

Zur NPT-Konferenz siehe ebenfalls:

Veröffentlicht am

21. Mai 2005

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