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Irak: den Widerstand im Blut ertränken

Von Gerhard Wendebourg

Mit Erschrecken sind aktuell die neuen (alten) Methoden der USA im Irak und ihre Skrupellosigkeit zur Kenntnis zu nehmen.

Diese nehmen inzwischen derart krasse Form an, dass bei uns offensichtlich der vorauseilende Gehorsam der Medien zuschlägt, die uns hierüber kein Wort berichten.

Zum Ausdruck kamen diese neuen “Methoden” u.a. mit der Erschießung von 16 unbewaffneten Demonstranten, von denen nicht wenige bei der Flucht in den Rücken geschossen wurden. Hierzu gab es keine Erklärung des Bedauerns von Seiten der Verantwortlichen. Auch gab es keine Medienberichte hierzu bei uns (eine der Ausnahmen: der englische “Independent” - vergleichbar der FR bei uns - mit einem Bericht von Robert Fisk.)

Aus dem Mund eines ungenannten Strategen der amerikanischen Neokonservativen hören wir:

“It’s time for ‘no more Mr. Nice Guy. All those people shouting, ‘Down with America!’ and dancing in the street when Americans are attacked? We have to kill them.”

Insider aus US-Army und Geheimdienst vergleichen die Vorgänge mit der “Operation Phoenix”, die aus dem Vietnamkrieg bekannt wurde.

Diese führten zur Ermordung und Folter von mindestens 50.000 Menschen, meist Zivilisten. Der Vorgang bestand in der Aufstellung von Todeslisten durch den US-Geheimdienst / die Special Forces in Kooperation mit einheimischen Killerkommandos, die anschließend den Auftrag übernahmen, die Aufgelisteten zu foltern und/oder umzubringen.

Opfer waren außer Rädelsführern des Widerstands häufig Lehrer, Ärzte, Journalisten, Intellektuelle und andere Oppositionelle, die ihren Unwillen gegenüber der US-Politik zum Ausdruck brachten.

Die “Operation Phoenix”, also das Ausbilden und Beauftragen von Killerkommandos, ist dabei (historisch) nicht als Einzelfall zu betrachten, sondern hatte ihre Vorläufer und Nachfolger, zum Teil in noch erschreckenderen Dimensionen, die denen der Nazizeit oder des Stalinismus in Umfang und Brutalität kaum nachstehen: für den Sturz der demokratischen Regierung Guatemalas und die Errichtung der Militärdiktatur wurden ebenfalls entsprechende Todeslisten unter der Regie der US-Botschaft ausgefertigt.

Eines der größten Blutbäder wurde in Indonesien bei der Etablierung der US-freundlichen Militärdiktatur angerichtet: hier kamen ca. 1,5 ? 2 Millionen Menschen um.

In Südamerika wurde durch die USA (außer dem brutalen Militärputsch in Chile) die “Operation Condor” organisiert, um dafür zu sorgen, dass oppositionelle Flüchtlinge auch noch in ihrem Exil liquidiert werden konnten.

Bekannt wurde auch die “School of Americas” (SOA), auf der tausenden von lateinamerikanischen Offizieren das Handwerk des Folterns, des Tötens, der blutigen Repression des Widerstands im Land beigebracht wurde, hierunter etliche spätere Militärdiktatoren, wie Argentiniens Roberto Viola und Panamas Diktator Noriega.

Bekannt wurde einer der Absolventen: Roberto D’Aubuisson, der in El Salvador den Erzbischof Romero erschoss und anschließend ein Massaker unter der Trauergemeinde anrichtete.(Näheres u.a. hier http://www.monbiot.com/dsp_article.cfm?article_id=465 und www.soaw.org )

Heute - nachdem die SOA umbenannt wurde in “WHISC” - findet man ihre Schüler u.a. unter den Organisatoren der kolumbianischen Todesschwadronen, denen inzwischen ebenfalls zehntausende zum Opfer gefallen sind: Oppositionelle, Gewerkschafter, Umweltschützer, MenschenrechtsaktivistInnen.

Ein weiteres umfangreiches Betätigungsfeld war Südafrika, wo mit Unterstützung der US-Regierung etwa 2 Millionen Oppositionelle ihr Leben verloren, bis das Apartheidregime stürzte (hier finden wir, wie auch nicht selten in Südamerika und jetzt im Irak ebenfalls häufig israelische “Militärberater” in einschlägig unheilvoller Funktion).

Nachdem es der US-Besatzung im Irak bisher nicht gelang, den Widerstand unter Kontrolle zu bringen, ist der Bush-Regierung nun offensichtlich jedes Mittel recht, um dies Problem mit äußerster Brutalität rechtzeitig bis zu den kommenden Wahlen zu lösen: der Plan ist es, den irakischen Widerstand in Blut zu ertränken.

Es wurden / werden aktuell Todesschwadronen aufgestellt, ausgebildet durch Offiziere der Special Forces, des Geheimdienstes und israelische “Militärberater”, die ihr “Know-How” aus der Unterdrückung des palästinensischen Widerstands verfügbar machen.

“This is basically an assassination programme. That is what is being conceptualised here. This is a hunter-killer team,” said a former senior US intelligence official, who added that he feared the new tactics and enhanced cooperation with Israel would only inflame a volatile situation in the Middle East. (berichtet im englischen “Guardian”)

Diese (die Killer der Todesschwadronen) sind neuerdings bei Gelegenheit in schwarzer Maskierung u.a. auf den Straßen Bagdads zu sehen, rekrutiert aus den Anhängern proamerikanischer Gruppen im Irak und aus “Profis”, die bisher dergleichen Dienste unter Saddam versehen haben.

Um den erklärten Absichten der US-Regierung - die Befreiung des Iraks von einer blutigen Diktatur - vollends Hohn zu sprechen, werden nun von der Besatzungsarmee wieder die Folterkommandos Saddam Husseins rekrutiert, um deren “Kompetenz” den neuen Unterdrückern nutzbar zu machen.

In Vietnam hat es 10 Jahre gebraucht und ca. 2 Millionen vietnamesische Opfer des Krieges “im Namen der Freiheit”, bis der Widerstand auf den Straßen der USA stark genug wurde, um den Horror zu stoppen. Wir sollten dafür sorgen, dass sich eine solche albtraumhafte Bilanz oder Schlimmeres im Irak nicht ihre Wiederholung findet.

http://www.guardian.co.uk/israel/Story/0,2763,1102941,00.html

http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/16272/1.html

http://news.independent.co.uk/world/fisk/story.jsp?story=473995

http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=15&ItemID=4737

http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=15&ItemID=4705 - auf deutsch: https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/002035.html

http://counterpunch.org/nimmo12202003.html

http://www.prospect.org/print/V15/1/dreyfuss-r.html

Veröffentlicht am

01. Januar 2004

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