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Nordkorea: Kims angebliche Säuberung

Von Karl Grobe

Dass Nordkoreas Diktator Kim Jong Un die Tradition Stalin’ scher Säuberungen pflegt, ist kein Geheimnis. Wen und wann er aber beiseite schaffen lässt, darüber rätselt die Welt zuweilen. Und Südkoreas Geheimdienst NIS würzt die Spekulationen derzeit mit eigenem Halbwissen: Demnach soll Nordkoreas Verteidigungsminister erschossen worden sein, behauptet NIS.

Allerdings beeilten sich die südkoreanischen Spione, zwei Versionen der Säuberung zu verbreiten.

Version 1: Hyon Yong Chul, Verteidigungsminister seit Juni 2014, ist am 29. oder 30. April mittels einer Flugabwehrkanone auf einem Truppenübungsplatz 22 Kilometer nördlich der Hauptstadt Pjöngjang erschossen worden.

Version 2: "Wir bestätigen, dass Hyon Yong Chul gesäubert worden ist. Wir haben geheimdienstliche Informationen, dass er erschossen wurde, das muss aber noch bestätigt werden", sagte ein NIS-Sprecher dem US-Fernsehnetz ABC.

NIS hat sich schon früher geirrt. Am 7. Mai gab die Agentur die Abreise des Diktators Kim Jong Un nach Moskau bekannt. Der dritte Herrscher aus der Kim-Dynastie werde an der russischen Siegesfeier teilnehmen. Das tat er nicht. Er erteilte vielmehr Fischern Anleitungen für erfolgreichere Fischzüge, beobachtete den Abschuss einer U-Boot-Rakete und schickte dem russischen Präsidenten eine Glückwunschbotschaft zum 70. Siegestag. Das berichtete nicht nur die nordkoreanische Agentur KCNA, das meldeten auch einige andere Agenturen, die als zuverlässig gelten.

Fehlinformationen verbreiten aber auch andere. Der US-Sender CNN wollte jüngst erfahren haben, Kim habe seine Tante Kim Kyong Hui erschießen lassen, die Schwester seines Vorgängers Kim Jong Il und Ehefrau des einstigen hochrangigen Funktionärs Jang Son Thaek. Den hat Kim Jong Un Ende 2013 tatsächlich aus einer Plenarsitzung heraus verhaften und später exekutieren lassen. Rund 40 weitere Erschießungen hoher Partei-, Staats- und Armeefunktionäre haben seriöse Quellen seit 2013 bestätigt. Kims Tante aber lebt.

Befehlsverweigerung möglicher Grund

Der Fall des Verteidigungsministers ist dennoch interessant. Kim selbst hatte Hyon ins Ministeramt im Juni 2014 befördert. Die Gründe für seinen jähen Sturz hatten eilige Interpreten sofort zur Hand: Hyon (65) habe bei militärischen Konferenzen Widerworte gegen Kim (32) geäußert und sei bei einem der Treffen sogar eingedöst, ein Ausdruck tiefer Missachtung des obersten Führers.

So irrational geht es aber nicht einmal in Pjöngjang zu. Falls es die Hinrichtung gegeben hat, lassen sich die Gründe dafür eher mit Befehlsverweigerung bezeichnen. Hyon hat in Moskau wohl nicht das erreicht, was Kim ihm aufgetragen hatte: den Ankauf von Mittelstreckenraketen und anderen Waffen. Dies, vermutet die Agentur AFP unter Berufung auf Professor Yang Moo Jin, eine Koryphäe der südkoreanischen Nordkoreakunde, habe in Kims Augen den Tatbestand der Insubordination erfüllt. Der südkoreanische Dienst NIS: Die angebliche Hinrichtung Hyons "konnte noch nicht verifiziert werden".

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 14.05.2015. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

18. Mai 2015

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