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Militärfreie Bildung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verurteilt die Rekrutierungsmaßnahmen der Bundeswehr an staatlichen Schulen. Kritik entzündet sich zudem an den offiziellen Kooperationsvereinbarungen, die die deutschen Streitkräfte mit den Kultusministerien mehrerer Bundesländer geschlossen haben. Diese sehen vor, die für die militärpolitische Propaganda gegenüber Heranwachsenden zuständigen "Jugendoffiziere" der Bundeswehr vermehrt im Unterricht und bei der Lehrerausbildung einzusetzen. Die Kinderrechtsorganisation "terre des hommes" hat daher ein Musterschreiben formuliert, mit dem Eltern die Befreiung ihrer Kinder vom Unterricht durch einen "Jugendoffizier" beantragen können. Ende September soll außerdem eine bundesweite "antimilitaristische Aktionswoche" für "militärfreie Bildung" stattfinden. Mehrere Schulen haben mittlerweile Militärangehörigen generell den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten untersagt.

Bundeswehr-Werbung in Schulen

Der Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wendet sich entschieden gegen die zunehmenden Bemühungen der Bundeswehr, an staatlichen Schulen Soldaten für künftige Kriegsoperationen zu rekrutieren. Wörtlich heißt es in einem offiziellen Beschluss des Gremiums: "Die GEW lehnt die Werbeversuche der Bundeswehr an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ab und verurteilt sie. Die GEW ruft zu Aktionen gegen Werbeversuche der Bundeswehr auf."Bundeswehr und Schule: Einfluss zurückdrängen - Politische Bildung ist Aufgabe von Lehrkräften. Beschluss des GEW-Hauptvorstands, März 2010. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - Hauptvorstand: Einsatzgebiet Klassenzimmer - die Bundeswehr in der Schule. Frankfurt/Main, Oktober 2011. Allein 2010 führten die für die Personalrekrutierung zuständigen "Wehrdienstberater" des deutschen Militärs knapp 13.000 Werbeveranstaltungen an deutschen Schulen durch.

Einstimmung auf Kriege

Kritik entzündet sich zudem an sogenannten Kooperationsvereinbarungen, die die Kultusministerien in mittlerweile acht Bundesländern mit den deutschen Streitkräften geschlossen haben.s. dazu Bundeswehr, jugendgerecht und Migranten an die Front . Diese sehen vor, die für die militärpolitische Propaganda gegenüber Heranwachsenden zuständigen "Jugendoffiziere" verstärkt im Schulunterricht als Referenten für "sicherheitspolitische Fragestellungen" einzusetzen. Gemäß der baden-württembergischen Kooperationsvereinbarung soll dabei nicht zuletzt über Militäroperationen zur "globalen Krisenbewältigung" und über die diesen zugrunde liegenden "nationalen Interessen" Deutschlands gesprochen werden.Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg und dem Wehrbereichskommando IV - Süddeutschland - der Bundeswehr, 04.12.2009. Die Kinderrechtsorganisation "terre des hommes" fordert daher Eltern auf, ihre Kinder vom Schulunterricht durch "Jugendoffiziere" befreien zu lassen, und hat einen entsprechenden Musterantrag zur Vorlage bei der jeweiligen Schulleitung formuliert. Darin wird verlangt, das Kind "von schulischen Veranstaltungen bzw. vom Unterricht mit Vertretern der Bundeswehr freizustellen und währenddessen anderweitig zu beaufsichtigen". Zur Begründung heißt es: "Wir/ich erziehe/n unser Kind zum gewaltfreien Umgang mit Konflikten. Unser/Mein Gewissen verbietet uns/mir daher die Teilnahme unseres/meines Kindes am Unterricht durch eine Organisation, deren Auftrag es ist, bewaffnete Interventionen vorzunehmen."terre des hommes: Bundeswehr in der Schule - Antrag auf Ersatzunterricht; www.tdh.de.

Bundeswehr in der Lehrerausbildung

Ebenso scharf kritisiert wird die in den "Kooperationsvereinbarungen" vorgesehene Beteiligung von "Jugendoffizieren" an der Ausbildung von Lehramtsanwärtern. Im Rahmen der Staatlichen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung führten die Militärpropagandisten 2010 allein in Baden-Württemberg 14 Schulungsveranstaltungen durch, an denen 296 Referendare teilnahmen. Die Kurse, von denen die Hälfte für die angehenden Lehrer obligatorisch war, befassten sich unter anderem mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan und den diesem zugrunde liegenden "neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen".Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 14/7663, 02.03.2011. Verpflichtend war auch die Teilnahme an dem Strategiespiel "Politik und Internationale Sicherheit" (POL+IS), in dessen Verlauf nicht zuletzt Maßnahmen der Aufstandsbekämpfung wie in Afghanistan simuliert werden.s. dazu Referenten mit Einsatzerfahrung und Zielgruppengerecht . Die Beschlüsse des GEW-Hauptvorstands tragen dieser Entwicklung Rechnung: "Keine Pädagogin und kein Pädagoge (…) dürfen zur Teilnahme an und Durchführung einer Veranstaltung mit Bundeswehrangehörigen gezwungen werden."Bundeswehr und Schule: Einfluss zurückdrängen - Politische Bildung ist Aufgabe von Lehrkräften. Beschluss des GEW-Hauptvorstands, März 2010. In: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - Hauptvorstand: Einsatzgebiet Klassenzimmer - die Bundeswehr in der Schule. Frankfurt/Main, Oktober 2011.

Protestaufruf

Sowohl GEW als auch "terre des hommes" rufen für Ende September zu einer bundesweiten "antimilitaristischen Aktionswoche" auf. Man wolle sich "gemeinsam der Militarisierung des Bildungssystems in den Weg stellen", heißt es in einem entsprechenden Ankündigungsschreiben. Gefordert wird sowohl die "sofortige Kündigung der bestehenden Kooperationsvereinbarungen zwischen Kultusministerien und der Bundeswehr" als auch die "flächendeckende Einführung und Einhaltung von Zivilklauseln, um eine Lehre und Forschung an Hochschulen zu garantieren, die ausschließlich zivilen Zwecken dient".Aufruf zur bundesweiten Aktionswoche gegen Bundeswehr in Schulen und Hochschulen vom 24. bis 29. September 2012; antimilaktionswoche.wordpress.com . Um den Charakter des Militärs und die Perspektiven des Soldatenberufs zu veranschaulichen, schlagen die Initiatoren der "Aktionswoche" unter anderem vor, "sich vor dem Eingang der Schule oder Bildungsmesse auf den Boden (zu) legen und den Körper mit weißen ‘blutgetränkten’ Leintüchern (zu) bedecken und selbst gebastelte Grabsteine (z.B. aus Styropor) daneben auf(zu)stellen".Aktionsideen; antimilaktionswoche.wordpress.com .

Bundeswehrfreie Schulen

Unterdessen haben mehrere deutsche Schulen Militärs generell den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten untersagt. Das Robert-Blum-Gymnasium und die August-Sander-Schule in Berlin dulden bereits seit letztem Jahr weder Werbeveranstaltungen von "Wehrdienstberatern" noch Unterrichtsbesuche von "Jugendoffizieren". Etwa zur selben Zeit erklärte sich die Käthe-Kollwitz-Schule im hessischen Offenbach offiziell für "bundeswehrfrei".Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - Hauptvorstand: Einsatzgebiet Klassenzimmer - die Bundeswehr in der Schule. Frankfurt/Main, Oktober 2011.

  • Siehe auch die Rezension des Bandes "Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bildungseinrichtungen" von Lena Sachs bei german-foreign-policy.com.

Quelle: www.german-foreign-policy.com   vom 20.07.2012.

Fußnoten

Veröffentlicht am

21. Juli 2012

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