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Energieförderung im Irak: Wettlauf ums Öl

Von Karl Grobe

Die internationalen Ölscheichs haben ihre irakischen Startlöcher längst gegraben. Sie heißen Exxon, Shell, Chevron, Sinopec, vielleicht Lukoil. Der chinesische Name Sinopec ist neu in der Liste; die anderen waren schon vor den beiden Kriegen im Irak tätig.

Bisher hatte die irakische Regierung lediglich Wartungsverträgen für Ölquellen zugestimmt, die Produktion in eigener Regie behalten. Aber dass seit dem Krieg von 1991, nach dem umfassenden Embargo und dem zweiten Krieg sowie zeitweise verbreiteter Sabotage einiges getan werden musste, um die Förderung wenigstens wieder auf den Stand von 2002 zu bringen, lag schon lange auf der Hand; damals war der Öl-Export im Programm "Öl für Lebensmittel" erlaubt.

Die derzeitige Förderquote von 2,3 bis 2,4 Millionen Barrel (159 Liter) pro Tag (bpd) liegt noch unter der Menge, die die Quellen vor der US-geführten Invasion von 2003 lieferten. Die Regierung in Bagdad verfolgt das ehrgeizige Ziel, die Produktion in den kommenden fünf Jahren auf mehr als sechs Millionen bpd hochzuschrauben. Dazu sollen nun Konzessionen vergeben werden. Mehr als 30 ausländische und vier einheimische Gesellschaften haben sich darum beworben, erstmals seit 37 Jahren privatwirtschaftlichen Zugriff auf das irakische Öl und Gas zu erhalten.

Mit 115 Milliarden Barrel hält der Irak die weltweit drittgrößten Ölreserven. Diese Schätzung ist allerdings 30 Jahre alt; die irakischen Wüstenregionen sind noch nicht einmal gründlich erforscht. Experten vermuten deshalb bis zu 100 Milliarden weitere Barrel im Boden. Nur Saudi-Arabien besitzt mehr Reserven. Allerdings sind von rund 80 bekannten Ölfeldern gerade mal 22 gut erschlossen. Gerade mal drei - Nord-Rumaila, Süd-Rumaila und Kirkuk - brachten bisher mehr als drei Viertel der Produktionsleistung. Neun Zehntel der Wirtschaftsleistung konnten Bagdader Ökonomen immer auf das Konto der Petroleumwirtschaft buchen.

Feste Zahlung statt Prozente

Die Anlagen sind marode. Die Ausschreibung der sechs jetzt versteigerten Öl- und zwei Gas-Felder bezieht sich zunächst auf Reparatur und Modernisierung, schließt aber auch Explorations- und Förderrechte ein. Ölminister Hussein al-Schachristani hat sich für Verträge gestritten, die nicht auf einer Teilung des Gewinns beruhen, sondern feste Zahlungen der neuen privaten Eigner an den Irak vorsehen.

Die kurdische Autonomieregierung protestiert. Sie hat wegen der zögerlichen Haltung Bagdads - es dauerte quälend lange, bis in der Hauptstadt gesetzliche Grundlagen geschaffen wurden - mit einem texanischen Investor ein Gewinnbeteiligungsabkommen geschlossen und inzwischen den Export aufgenommen. Sie erwartet auch eine Entscheidung über Kirkuk, das sie als altes kurdisches Territorium zurückfordert.

Die Entwicklung ist politisch brisant. Am 1. Juli 1972 hatte der Irak die ausländischen Eigner der Iraq Petrol Company (Shell, BP, Socony, Standard New Jersey) enteignet. Bagdad verfügte damit über sämtliche Einnahmen statt wie zuvor über relativ geringe steuerähnliche Abgaben (Royalties) der ausländischen Öl-Trusts. Die Unabhängigkeit des Staates beruhte auf diesen Einnahmen.

Sowohl die kurdischen Politiker als auch Oppositionelle in Bagdad werfen Schachristani jetzt die Vernachlässigung der nationalen Interessen vor. Die Verteilung der künftigen Öleinnahmen ist zudem nach Ansicht der sunnitischen Minderheit - in deren Gebiet kaum Ölquellen erschlossen sind - ethnisch ungerecht. Der als persönlich unbestechlich geltende Ölminister verweist jedoch auf die katastrophale Wirtschaftslage und den Mangel an einheimischen Technikern. Der Irak braucht dringend Geld. Derzeit verhandelt Bagdad mit dem Weltwährungsfonds über einen Kredit von 5,5 Milliarden Dollar für 18 Monate.

Die Auktion

Am Montag und Dienstag sollen erstmals seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein irakische Öl- und Gas-Förderlizenzen an ausländische Unternehmen versteigert werden. Wegen eines Sandsturms konnten viele Manager der Bieterfirmen allerdings am Sonntag nicht in Bagdad landen. Die Ölfelder werden die irakische Förderquote wohl um rund 1,5 Millionen Barrel pro Tag steigern (ein Barrel sind 159 Liter). Bei einer zweiten Auktion in diesem Jahr für weitere elf Felder könnten noch einmal 2,5 Millionen Barrel pro Tag hinzukommen. Insgesamt schlummern in den versteigerten Feldern nach Expertenmeinung noch Reserven, die größer sind als die der USA und Großbritanniens zusammen.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 29.06.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

29. Juni 2009

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