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Atomstreit: Nordkorea wieder ganz lieb

Von Karl Grobe

Die USA heben Handelsbeschränkungen gegen Nordkorea auf und werden das Regime in Pjöngjang binnen 45 Tagen aus der Liste der Terrorstaaten streichen. Das kündigte US-Präsident George W. Bush am Donnerstag in Washington an. In der US-Politik ist das ein Kurswechsel. Bush hatte Nordkorea noch vor wenigen Jahren als Teil der “Achse des Bösen” bezeichnet, zu der er noch den Irak und den Iran rechnete.

Am Mittwoch nun hat Nordkorea aber der chinesischen Regierung einen umfangreichen Bericht über sein Atomprogramm übergeben. China ist faktisch Vorsitzender der Sechs-Staaten-Konferenz, die sich um die atomare Abrüstung Nordkoreas bemüht.

Das “Feindstaatenhandelsgesetz” der USA wird daraufhin künftig nicht mehr auf Nordkorea angewendet. Damit können US-Firmen und Banken künftig in Nordkorea aktiv werden. Das Gesetz von 1917 ermächtigt den Präsidenten, zu Kriegszeiten Handels- und Finanzbeziehungen mit Feindstaaten zu untersagen. Es richtet sich auch gegen Firmen aus Drittstaaten, die sowohl in den USA als auch in sogenannten Feindstaaten tätig sind: Ihnen kann die Aktivität in den USA faktisch untersagt werden. Nordkorea fiel 1950 unter diese Regelung, die aktuell nur mehr Kuba betrifft.

Zu den Schurkenstaaten zählten die USA Nordkorea seit 1988, weil es Terroristen und Rebellen auf den Philippinen unterstützt haben soll. Staaten auf dieser Liste sind von günstigen Weltbank-Krediten und der Zusammenarbeit mit anderen internationalen Geldinstituten ausgeschlossen.

Die Aufhebung dieser Sanktionen hatte Nordkorea als Preis für die Offenlegung seines Atomprogramms verlangt. Die am Donnerstag in Peking übergebene Liste enthält jedoch vereinbarungsgemäß keine Daten über nordkoreanische Nuklearwaffen. Darüber soll in der nächsten Phase der Sechs-Staaten-Konferenz befunden werden. Der Runde gehören beide koreanische Staaten, die USA, China, Russland und Japan an.

Kühlturm soll heute fallen

Nordkorea hat zugesagt, den Atomreaktor in Yongbyon stillzulegen. Der Kühlturm der Anlage, in der angeblich waffenfähiges Plutonium erzeugt wurde, soll am heutigen Freitag gesprengt werden. Dazu wurden erstmals westliche Medienvertreter zugelassen, wie es aus Tokio und Seoul heißt. Beobachter werten dies als Hinweis auf den Spielraum, den internationale Beobachter bei der Verifizierung der jüngsten Einigung haben könnten. Einen Verzicht auf seine 2006 erstmals getestete Atombewaffnung hat Nordkorea nicht zugesagt.

Das Regime bleibt bei seiner kritischen Haltung zu den USA und Japan. In Kommentaren zum 58. Jahrestag des Koreakriegs nannten nordkoreanische Kommentare Japan einen Kriegsverbrecherstaat und bezichtigten die USA wilder Aggressionpläne.

Quelle: Frankfurter Rundschau   vom 27.06.2008. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Eisschollen in Bewegung

Von Karl Grobe - Kommentar

An der letzten Front des ersten Kalten Kriegs geraten die Eisschollen in Bewegung. Nordkorea liefert den überfälligen Bericht über sein Atomprogramm ab, und die USA beschließen, nach 58 Jahren die Handelsbeziehungen des Nord-Regimes nicht weiter einzufrieren. Von tief unter null steigt das politische Thermometer in die Größenordnung von minus zehn. Bis zum Tauwetter, will das heißen, ist es noch weit.

Der nächste dicke Brocken ist Nordkoreas Atomwaffenbestand. Einschlägige Fragen ehrlich zu beantworten, wird dem Regime schwerer fallen als der Abbau des Yongbyon-Reaktors, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall einer heftigen Liebesaffäre mit den USA. Wenn man schon befreundet ist, soll der Außenminister einem US-Unterhändler anvertraut haben, dann kommt’s auf ein paar Atomwaffen im Silo gar nicht mehr an. Südkorea sieht das selbstverständlich anders. Und wenn die Nord-Presse gerade heute zum Jahrestag des Kriegs von 1950 das Süd-Volk zur Befreiung vom imperialistischen Joch aufruft, bekommt nicht nur Gänsehaut, wer sich den Kalten Krieg partout nicht abgewöhnen will.

Die Süd-Konzerne, aus deren Chefetagen der heutige Präsident stammt, hören einen anderen Akkord im Pekinger Sechs-Mächte-Konzert. Da klingt es nach Geld. Da das US- “Feindstaatengesetz” nicht mehr gilt, sind so viele Geschäfte möglich, wie die Nord-Regierer erlauben. Natürlich wollen Japaner und Amerikaner auch verdienen. Dieses Interesse mag US-Kreise auch bewegen, dem Präsidenten zum Entgegenkommen zu raten. Aber unauffällig bitte; es ist Wahljahr. Und es gibt die schrecklichen Vereinfacher, die National-Demagogen.

Quelle: Frankfurter Rundschau   vom 27.06.2008. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

Veröffentlicht am

27. Juni 2008

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