Die Versöhnung mit Russland als AuftragZum Antikriegstag 2025: Ein neuer Band mit drei Texten von Ulrich Frey, Werner Krusche und Wolfram WetteRedaktion der Reihe "edition pace" Ulrich Frey (Hg.): Die Versöhnung mit Russland als Auftrag. Eine Textdokumentation mit drei Beiträgen von Ulrich Frey, Werner Krusche und Wolfram Wette. (= edition pace, Gründungsreihe: Band 37 | In Kooperation mit dem Lebenshaus Schwäbische Alb e.V.). Hamburg: BoD 2025. ISBN 978-3-8192-4884-9; 108 Seiten; Paperback; 6,99 Euro).
Der Herausgeber Ulrich Frey war von 1972 bis 2000 Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden e.V. (AGDF). Er blickt in einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag acht Jahrzehnte nach der Niederwerfung des deutschen Faschismus zurück auf seine Beteiligung an der Kampagne der Friedensbewegung zur "Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion | 1985-1991". Das Fazit mit Blick auf die Gegenwart fällt ernüchternd aus und verweist auf eine große Herausforderung: "Wegen der […] Zerrüttung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Russland ist ein Neuanfang nur dann denkbar, wenn nach einer ‚Umkehr’ und langwierigen friedensbildenden Bemühungen die festen Feindbilder überwunden sind. - Dazu bedarf es der theologischen und gesellschaftspolitischen Arbeit der Kirchen, der Zivilgesellschaft und der Bemühungen der Regierungen." Der Historiker und Friedensforscher Wolfram Wette hat auf der Heidelberger Friedenskonferenz am 22. Juni 2025, veranstaltet von pax christi Heidelberg und befreundeten Organisationen, einen bundesweit stark beachteten Vortrag "Frieden mit Russland - eine immer noch unerledigte Aufgabe" gehalten. Sein Beitrag beginnt mit einem Verweis auf den Ende der 1980er Jahre an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) erarbeiteten Buchband "Frieden mit der Sowjetunion - eine unerledigte Aufgabe" und passt auch deshalb durchaus in die vorliegende - ansonsten sehr kirchlich ausgerichtete - Textdokumentation. Wider das vorherrschende Gefühl der Vergeblichkeit ermutigte Wolfram Wette seine Heidelberger Zuhörerschaft und alle Menschen des Friedens mit folgendem Appell: "Um einem sich ausbreitenden Fatalismus entgegenzutreten, können wir für unsere grundlegenden Einsichten werben: Krieg ist kein unabwendbares Schicksal, sondern Menschenwerk, das Ergebnis schlechter Politik. Frieden ist generell möglich und machbar! Kriegsverhütung muss das erste Ziel staatlicher Politik bleiben! Verhandeln ist immer besser als Schießen! Diplomatie verlangt nicht Sympathie, sondern Empathie, also die Fähigkeit, sich in die andere Seite hineinzuversetzen, die ganz anders denkt als man selbst!" Der dritte Beitrag - eine im Vollsinn des Wortes historisch zu nennende Quelle - stammt von Bischof Werner Krusche (1917-2009), der als Soldat 1942 in der Sowjetunion schwer verwundet wurde und später als evangelischer Theologe eine ‚Aussöhnung der Deutschen mit den Völkern der ehemaligen Sowjetunion’ als einen bedeutsamen Schwerpunkt seines Wirkens betrachtet hat. Sein Vortrag "Schuld und Vergebung - Der Grund christlichen Friedenshandelns", gehalten am 19. Juni 1984 bei einem Kongress der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kiel, konfrontierte das kirchliche Publikum erstaunlich früh mit einer sehr unbequemen Zeitdiagnose: "Zu einem Bekenntnis unserer Schuld gegenüber den Kommunisten und dem Sowjetvolk, also gegenüber denen, die dem Nationalsozialismus den entschiedensten Widerstand geleistet beziehungsweise im Kampf gegen ihn die schwersten Opfer gebracht hatten, ist es […] nie gekommen. […] Die Ausblendung der besonderen Schuld gegenüber dem zur Vernichtung bestimmt gewesenen Sowjetvolk ist der verhängnisvollste und folgenschwerste Vorgang in der deutschen Nachkriegskirchengeschichte." Die neue Textdokumentation ist zuerst als Digitalband ohne Illustration beim Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. erschienen Zu den drei AutorenUlrich Frey, (Jg. 1937): Assessor iur., 1972-2000 Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden e.V. (AGDF); langjährig aktiv in Friedensbewegung und Friedensdiensten, beteiligt an der Etablierung des Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung seit 1983 im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland und seit 1991 in der Evangelischen Kirche im Rheinland; aktuell: Projektgruppe Kirchen gegen Atomwaffen, Arbeitskreis Frieden in der Evangelischen Kirche im Rheinland, Martin-Niemöller-Stiftung e.V., Mitglied des Ökumenischen Instituts für Friedenstheologie. Werner Krusche (1917-2009): Theologe; Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (1968-1983), Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche der Union für den Bereich DDR (1976-1979), Vorsitzender des Kirchenbundes der DDR (1981-1982), Vorsitzender der Konferenz der Kirchenleitungen (1981-1982). - Er wurde als Soldat 1942 in der Sowjetunion schwer verwundet. Nach seiner Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft nahm er das 1943 aufgenommene Theologiestudium wieder auf. Im Anschluss an seine Promotion in Heidelberg ging Krusche 1954 vom Westen in die DDR, zunächst als Pfarrer nach Dresden. Die "Aussöhnung der Deutschen mit den Völkern der ehemaligen Sowjetunion" war ein Schwerpunkt seines Wirkens. Wolfram Wette (Jg. 1940): Prof. Dr. phil., Historiker, Friedensforscher und Autor, emeritierter Professor der Universität Freiburg. 1971-1995 Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg, 1990 Habilitation, 1998-2005 außerplanmäßiger Professor für Neueste Geschichte am Historischen Seminar der Universität Freiburg. Ehrenprofessor der russischen Universität Lipezk und Träger des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland am Bande. - Veröffentlichungen: "Militarismus und Pazifismus. Auseinandersetzung mit den deutschen Kriegen", mit einem Vorwort von Fritz Fischer (1991); "Pazifistische Offiziere in Deutschland" 1871-1933 (1999); "Ehre, wem Ehre gebührt! Täter, Widerständler und Retter 1939-1945" (2015); "Ernstfall Frieden - Lehren aus der deutschen Geschichte seit 1914" (2017); "Nie wieder Krieg! - Hat die alte Parole angesichts des Ukraine-Krieges noch eine Zukunft?" (2023), Aufsatz im Sammelband "Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukraine-Krieg" (alle Angaben übernommen nach: rosalux.de, Mai 2025). Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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