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NATO: Personell und finanziell historische Aufrüstung

Von Martin Kirsch und Jürgen Wagner

Als "historisch" bezeichnete NATO-Generalsekretär Mark Rutte die beim Treffen der Verteidigungsminister*innen am 4. Juni 2025 getroffenen Entscheidungen, die (nicht nur) für Deutschland eine finanzielle und personelle Aufrüstung in bislang ungeahntem Ausmaß nach sich ziehen werden.

Zum einen wurde sich augenscheinlich auf ein neues militärisches Ausgabenziel von 5% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verständigt (3,5% davon für Militärausgaben im engeren und 1,5% im weiteren Sinne). Wie bereits mehrfach erwähnt, wären 5%/BIP an deutschen Militärausgaben voriges Jahr rund 215 Mrd. Euro oder 45% des Haushalts gewesen (siehe IMI-Standpunkt 2025/27 ). Tatsächlich reicht ein Blick bei Statista, um zu sehen, dass der bisherige historische deutsche Höchststand 1963 mit 4,88% damit übertroffen würde.

Endgültig soll das Ausgabenziel beim anstehenden NATO-Gipfel am 25. Juni 2025 in Den Haag verabschiedet werden – strittig scheint dabei allerdings laut Security Table lediglich noch der Zeitplan zu sein (Verteidigungsminister Boris Pistorius hat bereits angekündigt , das Ziel in fünf bis sieben Jahren erreichen zu wollen): "Nato-Generalsekretär Mark Rutte schlägt den Verbündeten einen Investitionsplan mit Verteidigungsausgaben in der Höhe von fünf Prozent des BIP vor. Wie schnell die Vorgabe erreicht werden soll, muss bis zum Nato-Gipfel noch geklärt werden. Laut Diplomaten schlägt Mark Rutte vor, dass die Mitgliedstaaten bis 2032 soweit sein sollen. Länder wie Großbritannien oder Spanien drängen nach Angaben von Diplomaten auf eine längere Frist bis 2035."

Auch eine deutliche Aufstockung der aktiven Truppe – und eine Wiedereinführung der Wehrpflicht – wird immer wahrscheinlicher, wie Aussagen von Pistorius nahelegen : "Wir gehen davon aus – das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen – dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute. Und gleichzeitig wird sich die Frage natürlich stellen: Reicht der neue Wehrdienst aus über die nächsten Jahre?"

Auch andere Akteure fordern in jüngster Zeit immer lauter eine Wiedereinführung der Wehrpflicht (zB Generalmajor Andreas Henne oder der neue Wehrbeauftragte Henning Otte ), was damit zusammenhängt, dass die Bundewehr nicht einmal in der Lage ist ihr aktuelles Personalziel in Form einer Aufstockung von derzeit  180.000 Soldat*innen auf rund 200.000 zu erreichen.

Einschränkend äußerte sich Pistorius zwar folgendermaßen : "Uns nützt eine Wehrpflicht jetzt gar nichts, weil wir weder die Kapazitäten in den Kasernen noch in der Ausbildung haben. Deswegen müssen diese Kapazitäten aufwachsen. Bis dahin gilt die Freiwilligkeit." Im Klartext dürfte das aber bedeuten, dass der zunächst noch weitgehend auf Freiwilligkeit basierende Neue Wehrdienst ganz schnell verpflichtend werden dürfte, sobald Ausbilder*innen, Kasernen und die politische Landschaft darauf vorbereitet sind.

Aussagen von Pistorius deuten zudem darauf hin, dass keine zusätzlichen Divisionen aufgestellt werden dürften. Stattdessen werden die bestehenden drei Divisionen wohl auf vier Brigaden (statt wie bisher geplant drei) aufgestockt und mit einer neuen niederländischen Division hin und her getauscht. Hinzu kämen dann vermutlich noch je eine Brigade in einer litauischen und einer französischen Division sowie eine deutsche Aufklärungsbrigade auf Korpsebene, was sich dann mit den sieben zusätzlichen Brigaden decken würde, über die kürzlich berichtet wurde .

Damit steht die Bundeswehr vor dem wohl größten Aufrüstungsprogramm ihrer Geschichte, mit dem sie das Ziel von Kanzler Merz umsetzen könnte, zur führenden Militärmacht in Europa aufzusteigen : "Dieses Europa blickt auf uns. Europa erwartet etwas von uns. Die neue Bundesregierung nimmt diese Verantwortung an. […] Die Stärkung der Bundeswehr steht dabei für uns an erster Stelle. Die Bundesregierung wird zukünftig alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden."

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - IMI-Standpunkt 2025/032.

Veröffentlicht am

06. Juni 2025

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