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Panzer füllen keine Brotdosen

Berlin rüstet auf, Washington gibt die Richtung vor – aber wer zahlt die Zeche?

Von Peter Mertens

(…) Auf der einen Seite steht die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland, ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Auf der anderen Seite handelt es sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland, der auf dem Rücken der Ukrainerinnen und Ukrainer ausgetragen wird. Zehntausende junge Menschen werden als Kanonenfutter für einen geopolitischen Konflikt geopfert.

In Washington wird inzwischen offen zugegeben, dass es sich um einen Stellvertreterkrieg handelt, der von den USA geschürt und gelenkt wird. Trump behauptet nun jedoch, es sei der falsche Stellvertreterkrieg, den man dort führe. Demnach sei Russland nicht der eigentliche große Widersacher; man müsse vielmehr alle Anstrengungen auf den bevorstehenden Krieg gegen China ausrichten.

Mit einem raffgierigen "Friedensabkommen" will Trump erreichen, dass Europa die Kosten des Krieges in der Ukraine trägt, während die USA sich die Kontrolle über die Mineral- und Rohstoffvorkommen des Landes sichern. In Trumps Augen sollte die Ukraine wie eine Kolonie ausgebeutet werden, ganz so wie die USA in ihrer Geschichte bereits viele Länder des Globalen Südens behandelt hatten. Das offenbart den wahren Charakter des Krieges: Es geht nicht um Normen oder Werte, sondern um geostrategische Interessen sowie um die Kontrolle über Ressourcen und fruchtbares Land.

Das Versäumnis Europas, in den vergangenen drei Jahren ernsthafte diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand zu ergreifen, rächt sich nun. Zur Erinnerung: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte betont, Putin müsse "diesen Krieg verlieren". Die ehemalige estnische Ministerpräsidentin und jetzige EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte ihrerseits, Frieden sei "kein Ziel" und beharrte darauf, "dass die Lösung militärisch sein muss". Von Anfang an wurde seitens der EU jeder Ansatz abgelehnt, der nicht auf eine weitere Eskalation des Krieges hinauslief. Im europäischen Diskurs wurden die Wörter "Frieden" und "Verhandlungen" regelrecht zum Tabu.

Zu keinem Zeitpunkt haben die europäischen Staats- und Regierungschefs durch Diplomatie oder Vermittlung staatsmännisches Geschick bewiesen. Stattdessen wurden Initiativen wie die der Türkei seitens Londons und Paris’ unterminiert. "Wir hatten drei Jahre Zeit, um uns für den Frieden einzusetzen, und kein einziger europäischer Staatschef hat etwas unternommen!", kritisiert Tom Sauer, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Antwerpen. Es ist schwierig, ihn zu widerlegen und das Gegenteil zu beweisen. Sauer weiter: "Unsere Strategie bestand darin, Waffen und Geld zu schicken und zu sagen: ›Findet eine Lösung‹. Wir haben diesen Krieg verlängert – zum Nachteil der Ukraine, da Russland seit zwei Jahren die Oberhand hat."

Heute ist klar, dass diese Strategie gescheitert ist. Nun verhandelt Trump unilateral direkt mit Putin. Doch anstatt aus diesem Desaster zu lernen, halten Teile des europäischen Establishments an der gescheiterten Strategie fest und sind weiterhin entschlossen, den Krieg um jeden Preis zu verlängern. Dabei häufen sich die Widersprüche. Dieselben Leute, die gestern noch erklärten, der Sieg über ein schwaches Russland stehe unmittelbar bevor, warnen heute, Moskaus Truppen könnten "morgen schon auf dem Brüsseler Grand Place stehen", wenn Europa nicht rasch aufrüstet. Beide Aussagen waren und sind unwahr. Das Ziel der Letzteren ist es, der europäischen Gesellschaft die massiven Aufrüstungspläne zu verkaufen.

Wenn der deutsche Militarismus gen Osten blickt, muss Europa die Scherben auflesen. So lassen sich die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts zusammenfassen. Im Ersten Weltkrieg wurden deutsche Jugendliche gegen den "russischen Despotismus" mobilisiert. Im Zweiten wurden Söhne deutscher Arbeiterinnen und Arbeiter an die Front geschickt, um die "bolschewistische Bedrohung" zu bekämpfen. Die Parolen änderten sich, aber das Ziel der Expansion nach Osten blieb.

Die meisten Menschen, die im 20. Jahrhundert aufgewachsen sind, haben gelernt, dass die Kombination aus Deutschland, Chauvinismus und Militarismus nichts Gutes bedeutet. Mit der Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet wurden zwei der verheerendsten Kriege der Geschichte angeheizt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sich Europa einig: "Nie wieder". Vor allem: Nie wieder deutscher Militarismus.

Veröffentlicht am

01. Juni 2025

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