Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Mit Scheinsicherheit dem Krieg entgegen

Von Bernhard Trautvetter

Mit Forderungen, einen Milliardenbetrag für die "zivile Infrastruktur" (unter anderem auch Bunker etc.) bereitzustellen, die im Fall eines Krieges wichtig sei, wird indirekt der aktuelle Militarismus unterstützt. Der Ausbau des Zivilschutzes stellt außerdem lediglich eine Scheinsicherheit dar, da die nukleare und chemisch-industrielle Infrastruktur Europas eine nicht zu beherrschende Gefahr im Kriegsfall bedeutet.

Der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes, André Berghegger (CDU), forderte am Samstag vom Bund systematische Vorkehrungen - darunter mehr Bunker - zum Schutz der Bevölkerung bei militärischen Konflikten, was umgangssprachlich "Krieg" heißt. Zitat:

"Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht (…) um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren."

Diese Wortmeldung fügt sich in die Strategie von Boris Pistorius, Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Anton Hofreiter sowie weiteren Akteuren der Militärlobby ein, einen Mentalitätswechsel der Bevölkerung hin zur Kriegstüchtigkeit zu erwirken. Die Kriegsvorbereitung führt die Gesellschaft potenziell in den finalen Weltkrieg. Es geht hier um ein Eskalationsrisiko, das einzugehen niemand jemals das Recht hat.

Pistorius’ Werbung zur Wiedereinführung der Pflicht zum Militärdienst , die Aufrüstung, die immer weiter forcierten Spannungen gegenüber Russland und im Hintergrund auch China erzielen ihre Wirkung: Die NATO, die Hochrüstung auch auf Kosten der Daseinsvorsorge und sogar die Atomrüstung - all das findet in der Bevölkerung laut Medien immer mehr Unterstützung :

"Weit über die Hälfte der Deutschen befürwortet größere Investitionen in die Verteidigung der Bundesrepublik."

Kritik, die vorkommt, richtet sich teilweise gegen militärische Schwächen wie die mangelnde Abhörsicherheit und weniger gegen die Hochrüstung.

Milliardenbetrag für die "zivile Infrastruktur"

In die mediale Stimmungs- und Meinungsmache im Sinn des Militarismus , die Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes, schon 2020 kritisierte, also zwei Jahre vor der Invasion Russlands in die Ukraine, stößt nun der Städte- und Gemeindebund mit seiner Forderung, einen Milliardenbetrag für die zivile Infrastruktur vorzusehen, die im Fall eines Krieges wichtig sei.

So sollen die Menschen dafür gewonnen werden, maximale Ruhe zu bewahren, während die Staatsführung immer mehr auf Militär setzt. Die 1980er Jahre sitzen der Militärlobby noch in den Knochen, als der Widerstand der Friedensbewegung Millionen Menschen erfasste. Der Aufbau einer Infrastruktur des Zivilschutzes stellt allerdings lediglich eine Scheinsicherheit dar, da die nukleare und chemisch-industrielle Infrastruktur Europas eine besondere Gefahr im Kriegsfall bedeutet. Und darüber hinaus hebelt diese Strategie und Propaganda das Friedensgebot des Grundgesetzes sowie des Völkerrechts aus.

Was hier geschieht, ist in der Tat Kriegsvorbereitung im Atomzeitalter. Diese Strategie geht unter anderem auf Jahrzehnte alte Konzepte zurück, wie es zum Beispiel der US-Militärstratege Colin S. Gray 1980 in seinem ›Foreign Policy‹-Text "Victory is Possible" entwickelte. Er schrieb:

"Ein Nuklearkrieg ist möglich. Aber im Gegensatz zu Armageddon, dem apokalyptischen Krieg, der als Ende der Geschichte prophezeit wird, kann ein Atomkrieg eine Vielzahl von möglichen Folgen haben. Viele Kommentatoren und hochrangige US-Regierungsbeamte halten ihn für ein nicht überlebensfähiges Ereignis. Die Popularität dieser Ansicht in Washington hat eine so durchdringende und bösartige Wirkung auf die amerikanische Verteidigungsplanung, dass sie für die Vereinigten Staaten schnell zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. (…)

Schläge gegen die UdSSR sollten gezielt gegen die Evakuierungsbunker der höchsten politischen und administrativen Führung, … geführt werden, gegen unentbehrliche Kommunikationszentren … der Regierung; und gegen viele wirtschaftliche, politische und militärische Dokumentationszentren. Schon eine nur begrenzte Zerstörung einiger dieser Ziele und eine weitreichende Isolierung eines Großteils der Schlüsselkader, die überleben, könnte für das Land revolutionäre Folgen haben. …

Strategen … können immerhin für sich in Anspruch nehmen, dass eine intelligente amerikanische Offensivstrategie, in Verbindung mit Heimatverteidigung, die US-Verluste auf etwa 20 Millionen Menschen reduzieren würde. Dies würde strategische Drohungen der USA glaubwürdiger machen.  (…)

Eine Kombination von offensivem Entwaffnungsschlag, Zivilschutz und einem Abwehrsystem gegen ballistische Raketen bzw. Luftabwehr müssten die US-Verluste so niedrig halten, dass ein nationales Überleben und Wiederaufbau möglich sind."

Auf diese Atomkriegsstrategie wies die Friedensbewegung schon früh hin , sie wurde und wird aber von der Kriegspropaganda übertönt.

Die Leichtfertigkeit der Angriffsplanspiele

Wir haben hier das Konzept einer Bereitstellung von Enthauptungsschlagwaffen - wie die für Überraschungsangriffe gegen Leitzentralen und Militärsilos geeigneten Marschflugkörper, zu denen aktuell die Taurus-Marschflugkörper zählen, die von der Ukraine aus Ziele in Moskau und alle Infrastruktur westlich davon ausschalten könnten. Für die Abwehr eines russischen Gegenschlages bauen die USA bereits in Polen und Ungarn Systeme auf, die gegen Russland gerichtet sind. Und jetzt kommt die Forderung für die dritte Säule hinzu: den "Zivilschutz" genannten Scheinschutz für die Bevölkerung in einem Erdteil mit circa 170 Atomreaktoren .

Ein solches Konzept allen Akteuren zu unterstellen, wäre eine nicht belegbare Behauptung. Das geleakte Geheimgespräch hochrangiger Bundeswehrgeneräle offenbart allerdings, in welcher Eskalationsspirale wir uns hier befinden, wie leichtfertig Militärs aus militärischen Optionen Angriffsplanspiele ableiten, die existenzielle Risiken eines nicht mehr kontrollierbaren Flächenbrandes enthalten. Was hier geschieht, das erinnert an die Abschiedsrede des damaligen US-Präsidenten Eisenhower, in der er 1961 vor dem militärisch-industriellen Komplex warnte :

"Wir müssen uns davor hüten, dass der militärisch-industrielle Komplex unbefugt Einfluss ausübt, ob dies nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt geschieht. Das Potential für den katastrophalen Anstieg unangebrachter Macht besteht und wird weiter bestehen."

Quelle:  NachDenkSeiten - 13.03.2024. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Veröffentlicht am

15. März 2024

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