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Rede zur Demo gegen Rechts am 27. Januar 2024 in Ravensburg

Von Wolfram Frommlet - für die Gruppe PUK, Politik und Kultur

Ein Gedicht, ein deutsches, klar doch!

Er schlug im hellen Morgenrot

der Römer Legionen tot

und wir sind frei durch ihn

Hoch leb der Schütz Armin

Das Ravensburger Schützenlied der Gymnasiasten. Grandios! Freiheit reduziert auf den bewaffneten Germanen. So viel Ironie darf ja sein. Doch diese Zeilen beinhalten, was alle populistischen Reinigungsbrigaden und Heilsbringer benutzen: Geschichtsklitterung. Sie alle haben Freiheit im Programm. Ein paar Ergänzungen: Wessen Freiheit? Unsere, nicht die der anderen. Die mit anderer Hautfarbe, wie in den Kolonien. Oder wie 1524, in dieser Region, die mit den falschen Forderungen. Als die Bauern vor 500 Jahren um ihre Freiheit kämpften, forderte ein Martin Luther:

"Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich…  wie einen tollen Hund".

Landsknechte machten dann seinen Job für den Adel.

War sonst noch was? Ja, Emigration. Unsere Emigration! Halb Europa floh vor Hunger und sozialem Elend nach Amerika, auf Einladung von Katharina der Großen 1763 nach Russland. Tausende aus Süddeutschland, die ihre neue Heimat in Amerika, in Lateinamerika schufen, saßen zuvor im Gefängnis für den Kampf um die 48er Revolution. Diese deutschen, europäischen Emigranten aber versklavten, ermordeten für die neue Freiheit einen Großteil der indigenen Völker für ihre neue Freiheit.

Was sie zurück brachten war geraubte Kunst, Silber für die Kirchen, Reichtum für die neuen Handelsmetropolen.

Ein Zeitsprung: Ab 1955 kamen die "Gastarbeiter", "Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen", sagte Max Frisch. Sie trugen zu unserem Wohlstand bei; viele haben Betriebe in der dritten Generation. Von ihnen hat keiner deutsche Kulturgüter geraubt und die indigenen Deutschen dezimiert.

Die heute ihre Heimat oft unter Todesgefahr verlassen, entfliehen dem Militärdienst, oder Diktatoren, deren Vermögen auf Schweizer Banken liegen, als Dank für die Plünderung ihrer Länder - durch uns.

Sie fliehen vor den Auswirkungen des Klimawandels, den nicht die Länder des Südens verursachten, sondern unser Wachstumsmodell. 80 Millionen Klimaflüchtlinge irren durch den Süden; es werden mehr werden.

Denn die Bundesregierung beabsichtigt, den Etat für Armutsbekämpfung im Süden, vor allem in Afrika, um zwei Milliarden zu kürzen - mit denen Flucht-Ursachen beseitigt werden könnten.
Zwei Milliarden - das sind knapp 2 % der 110 Milliarden "Sondervermögen" und Geschenke an die Rüstungsindustrie!

Migranten in Deutschland wollen arbeiten, dürfen oft nicht, haben Abschlüsse, die nicht anerkannt werden. Sie können nicht zurück, wie Yaser aus Syrien, der nun einen Linienbus in Ravensburg fährt, dringend gebraucht wird, aber wartet auf einen deutschen Pass.

Doch da ist auch Ryyan Alshebi, vor 15 Jahren aus Syrien geflohen, er studierte Verwaltungsfachkraft, bekam einen deutschen Pass und wurde in Ostelsheim im Schwarzwald zum Bürgermeister gewählt.

Eine andere Republik ist möglich.

Wo fängt Rechts an?

In einem Ministerium, in dem der Rechtsradikale Hans-Georg Maaßen, der nun die Partei Werteunion gründet, von 2012 bis 2018 Verfassungsschutzpräsident sein konnte, ohne dass dort irgend jemand etwas bemerkte. Rechts beginnt in Davos, wo Business English gesprochen wird, wo Minister Habeck seinen Diener macht vor den CEOs multinationaler Konzerne, wo jene verkehren, deren Vermögen sich laut Oxfam-Studie von 2020 bis 2023 von 405 auf 869 Milliarden vermehrte. Wo Handelsabkommen mit dem globalen Süden beschlossen werden, die ihn weiter in die Apokalypse fahren und die Kluft zwischen Arm und Reich auch im Süden vergrößern werden, und damit die Ursachen für Verzweiflung und Migration. Darauf abgestimmt sind die Umsturzfantasien von Götz Kubitschek, Jan Wilders, von Marine Le Pen bis zu den postfaschistischen Fratelli d’Italia mit Giorgia Meloni.

Und es braucht Medien, die rechte Heilsversprechen verkaufen und Köpfe vernebeln. Eine gesamteuropäische Gefahr:

In Österreich kungelt die "Kronenzeitung" mit den rechtsradikalen FPÖ-Politikern Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.

Der gefährlichste Schweizer Journalist, Roger Köppel, kaperte als Verleger und Chefredakteur die einst linksliberale "Weltwoche".

In Großbritannien besitzen zwei Milliardäre fünf von zehn Tageszeitungen. Dem rechten Medienbaron Rupert Murdoch gehört das Hetzblatt "The Sun" und die einst renommierte "The Times".

In Italien lebt Silvio Berlusconis Imperium weiter - acht Verdummungssender, Giorgia Meloni kämpft für die Privatisierung der Öffentlich-Rechtlichen RAI.

In Frankreich gehört dem Rüstungskonzern Dassault "Le Figaro"; der rechtsidentitäre Milliardär Vincent Bolloré besitzt über 20 Sender, Verlage, Zeitungen. Dem "Journal du Dimanche" verpasste er einen Chefredakteur mit Beziehungen zum Präsidentschaftskandidaten der extremsten Rechten, Eric Zemmour.

Wir sind in Deutschland, trotz Burda, Bauer und Springer, mit einem breiten Spektrum an investigativen, Konzern-unabhängigen Medien, mit Sendern wie arte, Phoenix, 3Sat, Deutschlandfunk, Dritten ARD- Programmen, noch weit davon entfernt. Diese Medien müssen verteidigt werden. Rundfunkräte sind im Begier der Rechten.

Bleiben wir wachsam, dialogfähig, voller Empathie und Energie für eine andere Welt.

Veröffentlicht am

04. Februar 2024

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