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“Nicht Frieden zu bringen, sondern Streit …”

Beitrag für das Buch "Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg" (Donat-Verlag 2024)

Von Peter Bürger

"Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert zu werfen …, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter … und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein." (Matthäus-Evangelium 10, 34-36)

Als ‚vorkonstantinischer’ Christ, Pazifist und Linker bin ich daran gewöhnt, in Begegnungen und Diskursen eine Minderheitenrolle einzunehmen. Viele Dissonanzen, Herausforderungen und Zumutungen unter dem Vorzeichen des russischen Einmarschs in die Ukraine gehören gleichwohl zu einer neuen Erfahrung. Die Entfremdung von gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Milieus, die ich ehedem als Herbergen auf einem offenen Lebensweg für unverzichtbar hielt, fällt mir schwer. Noch schmerzlicher ist es, wenn die Risse sich - infolge von Medienfront und Pazifistenhetze - bis in das nahe persönliche Umfeld fortsetzen.

1 | Die Friedenstaube, die seit Ende 2001 immer an meiner Kleidung sichtbar ist, signalisiert eine Einladung zu Rückfragen jeglicher Art. Doch im letzten Jahr bescherte sie mir vor allem Bekehrungspredigten. Bei einem Freundesabend Anfang 2022 wurde ich unvermittelt über das Ende des Pazifismus belehrt, denn jetzt müsse mittels Waffen die rote Karte gezeigt werden. Mein Gegenüber geriet in die höchste Erregungsstufe, obwohl ich zum Thema noch gar nichts gesagt hatte. Eine mir sehr nahestehende Person nutzte regelmäßige Telefonate auf einmal dazu, mich in schrillen Tönen über die Bösartigkeit von Wladimir Putin aufzuklären. (Es ist allerdings ausgeschlossen, dass ich in der Vergangenheit jemals irgendeine Sympathie für den gegenwärtigen russischen Präsidenten ausgesprochen habe.) Das seit über zwei Jahrzehnten gepflegte Frühlingssingen in meiner Küche - mit einem pluralen Repertoire vom frommen Gospel bis hin zum sozialistischen Arbeiterlied - wurde sodann Schauplatz eines leidenschaftlichen Plädoyers gegen die Botschaft der Ostermarschlieder; der Abend war nur noch durch ein ‚Politikverbot’ zu retten.

2 | Kaum erfreulicher gestalteten sich die Verhältnisse in Bewegungen und öffentlichen Diskursräumen. Die Physikerin Dr. Ursula Paulus (Köln), eine Gefährtin aus der pax christi-Bewegung, musste 2022 auf einer Veranstaltung der Böll-Stiftung in Düsseldorf als eigens eingeladene Referentin ihr Rederecht gegenüber einem aufgebrachten Disputanten verteidigen. Schon im Vorfeld der letzten Eskalation des russisch-ukrainischen Konfliktes war eine früher basiskirchlich orientierte Zeitschrift, die seit 1980 zu meiner Lektüre gehört hatte, weitgehend auf eine ‚olivgrüne Linie’ gebracht worden. Sogar im Organ der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) konnte ich vereinzelt Voten lesen, die nicht mehr in Einklang standen mit der von jedem Mitglied unterschriebenen Grundsatzerklärung: "Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten." Die seit einem Jahrzehnt stetig gewachsene Hoffnung, die großen Kirchen würden sich endlich von jeglicher Kriegsapologie verabschieden und als Fürsprecher einer aktiven Gewaltfreiheit in Erscheinung treten, war im Nu erledigt. Auf hiesigen Kirchentagen wird die Forderung nach Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet vor laufenden Kameras wie ein ‚neues Evangelium’ vorgetragen. (Der Papst gilt manchen bürgerlichen Zeitungen aber fast als ‚Putinist’, weil er das westliche ‚Narrativ’ zum Ukrainekrieg nicht hinreichend stützt.) In der Friedensbewegung, die nirgendwo in Europa besonders stark ist, dominieren Ohnmachtsgefühle und Entzweiung. Es gibt rechtsoffene ‚Querfront’-Verirrungen, doch gewichtiger noch ist die Strategie der Herrschenden, jede unbequeme Kritik als ‚Querfront-Wahn’ zu diffamieren. Das sehr zurückhaltende ‚Wagenknecht-Schwarzer’-Manifest für den Frieden vom Februar 2023 wurde z.B. in den Medien mit großer Reichweite wie eine rechtslastige Kriegsdienstleistung für den russischen Präsidenten präsentiert. Innerhalb der letzten noch im Parlament verbliebenen linken Partei sorgen unterschiedliche Ausscherungen nach Rechts für Verwerfungen. Einzelne staatstragende Kräfte üben sich gar in NATO-freundlichen Voten und begrüßen Waffenexporte. Unmissverständliche Kritik am Kriegsbeteiligungskurs der Regierung kommt ausgerechnet aus jenem mir ebenso fern liegenden Lager, das den Internationalismus zugunsten eines nationalen (bzw. ‚sozialkonservativen’) Paradigmas beerdigt. Um ein letztes Beispiel anzuführen: Als Schwuler muss ich es im Sommer 2023 nolens volens erdulden, dass die Düsseldorfer Veranstalter des Christopher-Street-Day zwei besonders bellizistische Bundespolitikerinnen (FDP, Grüne) auf der Bühne hofieren, während linke bzw. militärkritische Akteure gar nicht in Erscheinung treten. Manche Angehörige der im Neoliberalismus sozialisierten Generation betrachten heute das westliche Militärbündnis gleichsam als Schutzmacht für die Freiheitsrechte sexueller Minderheiten.

3 | Bis zum Herbst des ersten Kriegsjahres habe ich mir redlich Mühe gegeben, die Inhalte der großen - z.T. öffentlich-rechtlichen - Medienanbieter zu sichten und hierbei die Hoffnung aufrechtzuerhalten, es könnten sich wirklich plurale Diskurse entwickeln. Die Allgegenwart der Sendungen nur zum selektiv ausgewählten Kriegsschauplatz Ukraine - unter Vernachlässigung vieler Überlebensfragen der menschlichen Familie - und der Grad der Militarisierung in zahlreichen Formaten sind aus meiner Sicht erschreckend. Die Vermittlung der Geschichte des russisch-ukrainischen Konfliktes vollzieht sich in frappanten Verkürzungen (bzw. Amnesien). Unentwegte Reportagen über Offensiven, Strategien, Frontverläufe, Waffengattungen, neue Rüstungslieferungen u.v.m. lassen ebenso wenig wie das eskalationsfreudige Geplätscher in einschlägigen Talkrunden über Kriegsziele (‚Siegfrieden’) und die angebliche Unmöglichkeit von Kompromissen erkennen, dass gleichzeitig Tag für Tag hunderte, gar tausende Menschen aus Fleisch und Blut, welche die Mächtigen in eine Uniform stecken, zerfetzt werden. Die Risikobereitschaft von sogenannten Experten, die in sicherer Entfernung zu den blutgetränkten Niederungen der Menschenschlächterei ihre Kommentare abgeben, legt den Schluss nahe, dass die Mediensortimente des ‚virtuellen Krieges’ schon eine ganze Generation geprägt haben, die im fortgeschrittenen Wirklichkeitsverlust selbst mögliche Reaktorbombardierungen, Atombombeneinsätze und Weltkriegsszenarien vor allem nach Art eines Videospiels betrachtet. Selten kommt es zu nachdenklichen Betrachtungen über die totalitäre Potenz der revolutionierten Militärtechnologien. An Moralpredigten und Freiheitspathos ist kein Mangel. Als Zuschauer soll ich jedoch Nationalismus, Kriegsliturgien, Heldengeschichten des rechten Sektors und Repressionen gegen Verweigerer (Pazifisten) nebst anderen Demokratiedefiziten gutheißen oder tolerieren, wenn es um die ‚gute Sache’ geht. Die Uniformität der Kriegsmedienangebote, die auch von erfahrenen Vertretern des linksliberalen Bürgertums wie dem ehemaligen EU-Kommissar Günther Verheugen (SPD) beklagt wird, lässt sich nicht monokausal erklären. Groß ist die Zahl der Medienschaffenden, die ohne jeden äußeren Zwang aus eigenem Antrieb an der militärgläubigen Erzählung mitschreiben. Es gehört jedoch nicht zum Feld eines geheimen Wissens, dass ‚geeignetes Material’ auch von beauftragten Instituten und Agenturen bereitgestellt wird. Hinzu tritt das Feld der vorauseilenden Selbstzensur. Ein Redakteur, der sich aus Selbstachtung nicht anpasst, hat mich unlängst bei einem Interview zu zwei Friedensthemen vorab um Einverständnis für sein Vorgehen gebeten: Sollte eine übergeordnete Stelle Änderungen der inhaltlichen Linie verlangen, wird der Beitrag nicht erscheinen.

4 | Wer am demokratischen Ideal festhält, kann die zunehmende Demagogie, mit der auch hierzulande ‚öffentliche Meinung’ gemacht werden soll, nicht stillschweigend hinnehmen. Ich beschränke mich auf ein neueres Beispiel: Am 17.7.2023 veröffentlicht der Redakteur Michael Ströbel auf dem Portal t-online.de einen Bericht "Friedenspreis für Gabriele Krone-Schmalz stößt auf Unverständnis". Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk wird darin mit der Aussage zitiert, die angehende Löwenherz-Friedenspreis-Trägerin und der vorgesehene Laudator Eugen Drewermann stünden "ganz eindeutig auf der Seite des Kremls" und verbreiteten "offensiv Kreml-Narrative". Drewermann werde auch von Prof. Klaus Gestwa, dem Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte an der Uni Tübingen, "als ‚irrer Opa’" betrachtet, "der seinen politischen Kompass endgültig verloren und sich im ‚Querdenken’-Verschwörungssumpf hilflos verheddert hat". Weder die Publikationen von Gabriele Krone-Schmalz noch das jüngste Drewermann-Werk ("Nur durch Frieden bewahren wir uns selber") werden auch nur erwähnt. Die Leserschaft hört aggressive Vernichtungsurteile von Dritten, erfährt aber rein gar nichts von den Positionen der Verfemten. Die breitenwirksame Diffamierung durch einen enthemmten Journalismus trifft vorzugsweise Personen, die den NATO-Komplex kritisieren und z.B. über Vorträge noch ein nennenswertes Publikum erreichen. Sie hat Methode, wie u.a. N. Wohlfahrt und J. Schillo in ihrem Buch "Deutsche Kriegsmoral auf dem Vormarsch" (2023) belegen.

5 | Man kann philosophisch den Standpunkt vertreten, dass es keine äußere Wirklichkeit gibt, sondern nur unsere eigenen Phantasmen oder die Vorspiegelungen eines Dämons. In diesem Fall ist es nicht nötig, etwa nach den Urhebern oder Auftraggebern eines Medienbeitrages, der pluralen Auswahl von Diskussionsteilnehmenden oder der Möglichkeit von ‚fake news’ zu fragen. Völlig hinreichend kann sich ein ‚Ich’, das die ganze Weltgeschichte stets nach Belieben aus sich selbst erbaut, z.B. auch mittels eines unterhaltsamen 90-minütigen Dokumentarfilms, der gerade in der Mediathek verfügbar ist, über drei Jahrzehnte eines historischen Konfliktschauplatzes informieren. - Alles ist möglich und am Ende womöglich nur ein großer Spaß.

Sofern wir aber vermuten, dass die ‚Welt da draußen’ wirklich da ist, und an Errungenschaften der Aufklärung festhalten, müssen wir im Verbund mit anderen die Zeugnisse der Geschichte kritisch und ohne Zensur sichten: Es erfolgten 1990 nachweislich - wenn auch ohne rechtsverbindliche vertragliche Fixierung - Zusagen an die Sowjetunion, die Einflusssphäre des westlichen Interessensbündnisses nach Ende des ‚Kalten Krieges’ nicht in Richtung Osten zu verschieben. Die Idee von Vereinten Nationen und das für jede Friedensordnung unverzichtbare Konzept einer gemeinsamen Sicherheit durften nach Ende der Blockkonfrontation nicht Wirklichkeit werden, weil es selbsternannten ‚Siegern der Geschichte’ gefiel, den Erdkreis weiterhin nach der Maßgabe von ‚Münze, Macht und Militär’ zu ordnen. Bezogen auf den Plan der NATO-Osterweiterung gab es schon vor einem Vierteljahrhundert ein ausgeprägtes Problembewusstsein, so dass der dem ‚klassischen Realismus’ verpflichtete US-Diplomat und Historiker George F. Kennan (1904-2005) in der New York Times vom 5.2.1997 hierüber schreiben konnte: "Es ist zu erwarten, dass eine solche Entscheidung die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der russischen Öffentlichkeit anheizen, sich negativ auf die Entwicklung der russischen Demokratie auswirken, die Atmosphäre des Kalten Krieges in den Ost-West-Beziehungen wiederherstellen und die russische Außenpolitik in eine Richtung lenken wird, die uns entschieden missfallen wird." (Was nützt es da, die Zugehörigkeit eines Landes zu einem militärischen Machtblock im luftleeren Raum abzuhandeln, gar analog zum Recht eines Individuums auf freie Lebensgestaltung?) Die NATO stellte 2008 der Ukraine und Georgien eine Anwartschaft auf Mitgliedschaft in Aussicht, wobei die USA im Verein mit osteuropäischen Ländern sogar zunächst ein ‚Schnellverfahren’ gewünscht hatten. Der russische NATO-Botschafter Dmitrij Rogosin befürchtete eine Rückkehr zum Blockbildungsmuster des ‚Kalten Krieges’ und schlug vergeblich Beratungen über eine neue internationale Sicherheitsstruktur vor. - Sechs Jahre später gab es sehr wohl das Begehren einer ‚auswärtigen Macht’, auf die politische Entwicklung in der Ukraine Einfluss zu nehmen; ein Blick in die einschlägigen Medienarchive vom Februar 2014 sorgt für Aufklärung. Spekulationen über vorangegangene Milliarden-Investitionen der USA gehen nicht auf Verschwörungstheoretiker zurück, sondern auf eine Selbstaussage der damaligen US-Staatssekretärin Victoria Nuland vom 28. Januar 2014 (Zeit online, 17.5.2015). … Wieso sollte es einer Rechtfertigung für Völkerrechtsbruch und Kriegsverbrechen der russischen Administration gleichkommen, an all dies zu erinnern, von einer unter Umständen möglichen Verhinderung des russischen Angriffs durch eine hörbereite Diplomatie noch Ende 2021 zu sprechen oder dem ehemaligen israelischen Premierminister Naftali Bennett zu glauben, dass es im März 2022 gute Aussichten für die Aushandlung eines Waffenstillstandes gab, welche im Westen aber nicht überall begrüßt wurden …? Ich finde es besorgniserregend, wenn in sog. Leitmedien das Hinweisen auf überprüfbare historische oder politische Kontexte als ein ‚Nachbeten von Kreml-Narrativen’ klassifiziert wird. Noch beängstigender sind das Verstummen einer Grundsatzkritik des Programms ‚Krieg’ im öffentlichen Raum und der ‚Verzicht’ auf eine Evaluation der Heilsversprechen des militärischen Komplexes.

6 | Auf der Rückreise vom 6. Ökumenischen Aktionstag gegen die Atomwaffen in Büchel am 24. Juni 2023 war an meinem Hemd das Bekenntnis "Ich bin ein Lumpenpazifist" zu lesen. Deshalb wurde ich im Zug von einer jungen Frau angesprochen, die sich als Mitglied der FDP und Befürworterin der Regierungspolitik zu erkennen gab. Nach unserem Austausch kam von einem unbeteiligten Zeitschriftenleser im Abteil die Rückmeldung, so respektvoll wünsche er sich im ganzen Land den Dialog zwischen den gegensätzlichen Lagern.

Ich fürchte nun allerdings, dass dieses Lob mit dem Wunsch verbunden war, dass Pazifisten - zugunsten des staatlichen bzw. nationalen Kollektivs - zu einem Ausgleich der Standpunkte beitragen und ihre Minderheitenpositionen irgendwie in den vorherrschenden Diskurs integrieren (bzw. integrieren lassen). Einen Dienst am Frieden vollbringen Pazifistinnen oder Pazifisten jedoch aus meiner Sicht nicht mit Hilfe von Harmonisierungsbestrebungen, sondern nur durch Widerspruch und gewaltfreie Störungen der Hegemonie.

Unerlässlich ist zuvorderst die innere Versöhnung mit der eigenen Minderheitenrolle. Erst dann wird es uns möglich, das von Ohnmacht zeugende laute Schreien in Friedensreden zu verlernen und wider das Lehramt der maßgeblichen Massenmedien den Zweifel zu säen. Viele Menschen, die - oft aufgrund großer Alltagsbelastungen - nur begrenzte Möglichkeiten sehen, sich zu informieren, teilen mitnichten blind die ‚Staatsdoktrin’. Es gibt hierzulande jedenfalls keine Mehrheiten mehr für das Inkaufnehmen weiterer Eskalations-Stufen im Rahmen eines ‚Weltkriegs auf Raten’.

Meinen grundlegenden Ansatz "Pazifismus im Ernstfall der Zivilisation" (Telepolis, 29.08.2022) versuche ich allerdings in Veranstaltungen und Gesprächen unabhängig von den erregten Tagesdebatten zu vermitteln. Es ist möglich, rational darüber aufzuklären, dass ein erneuter globaler Militarisierungskurs der menschlichen Gattung jede Chance nimmt, gemeinsam die drängenden Überlebensfragen zu lösen und die nach uns Kommenden vor einer Barbarei zu bewahren, die alle Abgründe der Vergangenheit in den Schatten stellt: "No peace - no future!" Eine Friedensbewegung, die das Leben liebt, wird hierzu auch die wirksamen Bildbotschaften finden.

Der weltweit bekannteste Friedensbote zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Russe Leo N. Tolstoi (1828-1910). Wir widmen diesem Aufklärer, der so viele Menschen zur Verweigerung des Tötens ermutigt hat, seit über einem Jahr ein aufwändiges pazifistisches Editionsprojekt ( www.tolstoi-friedensbibliothek.de ). Vielleicht ist die Wahrnehmung dieser ‚Geste’ bedeutsamer als die Rezeption der mehr als zwanzig Bände, die bislang noch bescheiden ausfällt.

Auf dem Weg zum Brückenbau wäre noch vieles freizulegen. Wie wenig wissen wir etwa vom wirklichen Leben der Menschen in der Ukraine und in Russland, von ihren Leiden, Hoffnungen und Widerständen gegen die Religion des Krieges.

Peter Bürger: Jg. 1961, Dipl.-Theologe, examinierter Krankenpfleger und seit 2003 freier Publizist; Mitgliedschaften: pax christi (seit 1980), Versöhnungsbund, DFG-VK, Institut für Ökumenische Friedenstheologie, Solidarische Kirche im Rheinland, VVN-BdA, DIE LINKE / BAG Linke Christinnen & Christen. - Arbeitsfelder: Südwestfälische Regionalgeschichte & Mundartliteratur; Krieg & Massenkultur (Bertha-von-Suttner Preis: Film & Medien 2006); Forschungsreihe ‚Kirche und Weltkrieg’; pazifistisches Editionsprojekt Tolstoi-Friedensbibliothek.de.

 Buchhinweis zum Sammelband, aus dem dieser Text stammt:

Hermann Theisen / Helmut Donat (Hg.): Bedrohter Diskurs - Deutsche Stimmen zum Ukrainekrieg. Bremen: Donat Verlag 2024. (ISBN: 978-3-949116-21-6; 368 Seiten; 24,80 EUR)

https://www.buchhandel.de/buch/Bedrohter-Diskurs-9783949116216

Die deutsche Debatte über den Ukrainekrieg ist geprägt von Kriegsbefürwortung und -propaganda, vermehrten Waffenlieferungen, Feindbilddenken, Russenfurcht und Schwertglauben. Ein offener Diskurs, der die unterschiedlichen Auffassungen und gegensätzlichen Argumente gleichberichtigt nebeneinander zur Sprache bringt, findet nicht statt. In den großen Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen sind nur selten Standpunkte vertreten, die dem Mainstream widersprechen und der Haltung großer Bevölkerungskreise eine Stimme geben.

Insgesamt 57 Autorinnen und Autoren (u. a Franz Alt, Detlef Bald, Peter Brandt, Maria Buchwitz, Peter Bürger, Christoph Butterwegge, Jochen Cornelius-Bundschuh, Wolfgang Däubler, Eugen Drewermann, Leo Ensel, Ute Finckh-Krämer, Guide Grünewald, Tessa Hofmann, Margot Käßmann, Jutta Kausch-Henken, Elmar Klink, Dietmar Köster, Gabriele Krone-Schmalz, Ekkehard Lentz, Klaus Moegling, Michael Müller, Heribert Prantl, Clemens Ronnefeldt, Jürgen Rose, Walter Ruffler, Hans-Eberhard Scherer, Michael Schmid, Michael von der Schulenburg, Joachim Schuster, Peter Sörgel, Heike Springhart, Johano Strasser, Günter Verheugen, Hermann Vinke, Kathrin Vogler, Sahra Wagenknecht, Max Weber, Wolfram Wette, Angelika Wilmen, Andreas Zumach) verdeutlichen, was sich im bisherigen Diskurs kaum artikulieren ließ. Dazu gehört, dass es in dem Meinungsstreit, von alten wie neuen Kalten Kriegern forciert, um eine Militarisierung der Gesellschaft geht und dass es, um weiteres Blutvergießen und Elend zu verhindern, darauf ankommt, den Krieg durch Verhandlungen zu beenden, jedweden „Siegfrieden“-Parolen eine Absage zu erteilen und zu einer Politik der Entspannung zurückzukehren, die nicht den Krieg, sondern den Frieden als „Ernstfall“ begreift.  

Veröffentlicht am

08. Januar 2024

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