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Friedensstifter Michail Gorbatschow ist tot

Von Franz Alt

Am 2. März wurde der große russische Friedensfreund Michail Gorbatschow 91 Jahre alt. Es war der siebte Tag des Putin-Krieges in der Ukraine.

Gorbatschow ist Sohn eines russischen Vaters und einer ukrainischen Mutter. Auch seine Frau Raissa war Ukrainerin. Er nannte sie oft liebevoll "meine Ukrainerin". Solche Familienbande zwischen Russen und Ukrainern sind zahlreich in beiden Nachbarländen. Auch das macht den aktuellen Krieg unbegreiflich und absolut sinnlos wie jeden Krieg.

2017 schrieb ich zusammen mit Michail Gorbatschow das Buch "Nie wieder Krieg – Kommt endlich zur Vernunft". Damals haben wir beide uns nicht vorstellen können, wie dramatisch aktuell dieser Buchtitel fünf Jahre später sein wird. Nie wieder Krieg?

Gorbatschow damals: "Wir sind eine Menschheit auf einer Erde unter einer Sonne." Wirklicher Frieden könne "nur erreicht werden unter der Bedingung einer demilitarisierten Politik und demilitarisierter internationaler Beziehungen. Politiker, die meinen, Probleme und Streitigkeiten könnten durch Anwendung militärischer Gewalt gelöst werden – sei es auch als letztes Mittel – sollten von der Gesellschaft abgelehnt werden, sie sollten die politische Bühne räumen". Kein Wunder, dass Gorbatschow und Putin nie Freunde werden konnten.

Erst vor wenigen Monaten schickte mir Michail Gorbatschow einen Artikel für die Zeitung "Russia Global Affairs" , in dem er schreibt: "Keine Herausforderung oder Bedrohung, der die Menschheit im 21. Jahrhundert gegenübersteht, kann militärisch gelöst werden. Kein großes Problem kann von einem Land oder einer Gruppe von Ländern im Alleingang gelöst werden."

Als die dringendsten Probleme unserer Zeit nennt er in diesem Artikel, einer Art Vermächtnis: die Abschaffung der Atomwaffen und die Überwindung der Massenarmut in den Entwicklungsländern sowie die Rettung des Weltklimas.

Als ich Gorbatschow 2018 in Moskau einen Friedenspreis überreichen und die Laudatio auf ihn halten durfte, nannte er als die drei Hauptaufgaben unserer Zeit: "Abrüsten, abrüsten, abrüsten". Er meinte Russland und die NATO. "Nur dann wird Frieden möglich."

Auf meine Frage nach der Gefahr eines Atomkriegs sagte er: "Ein Atomkrieg wäre der letzte Krieg der Menschheit, weil es danach keine Menschen mehr gäbe, die noch einen Krieg führen könnten." Diese Mahnung ist sein eigentliches Vermächtnis. Durch seine Abrüstungsbemühungen wurden in den 1990er Jahren 80 Prozent aller Atomwaffen weltweit verschrottet.

Als siebter und letzter sowjetischer Staatschef war Michail Gorbatschow von 1985 bis 1991 auch Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Heute ist niemand mehr prädestiniert, für eine atomwaffenfreie und friedliche Welt zu werben wie der Friedensnobelpreisträger aus Moskau.

Ich habe ihn während eines Fernsehinterviews mal gefragt, woher er die Kraft für seine visionäre Politik nehme. Er deutete auf seine Frau Raissa, die hinter der Kamera stand, und sagte: "Hier steht meine Kraft." Sie lachte und winkte zurück.

Die Gorbatschows waren für mich das größte politische Liebespaar unserer Zeit. Diesem Paar verdanken wir das Ende des Kalten Krieges, die friedliche deutsche Einheit und vielleicht sogar unser Überleben.

Gorbatschow war der größte Abrüster aller Zeiten. Daraus ergibt sich für heute: PutinLand ist nicht Russland! Gerade wir Deutsche sollten das nicht vergessen. Der völkerrechtswidrige Krieg gegen die Ukraine ist kein Krieg des russischen Volkes. Gorbatschow in unserem Buch: "Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen und friedliche Konfliktlösung müssen im Regelwerk des Völkerrechts zu Kernpunkten werden."

Ich wage mir kaum vorzustellen wie es Michail Gorbatschow in den letzten Monaten im Krankenhaus in Moskau ging. Er war der Überzeugung: Sieger ist nicht, wer Schlachten in einem Krieg gewinnt, sondern wer Frieden stiftet.

Quelle: (c) Franz Alt 2022 - www.sonnenseite.com . Dieser Text wird hier mit freundlicher Genehmigung von Franz Alt veröffentlicht.

Veröffentlicht am

31. August 2022

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