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Der italienische Friedensplan zur Beendigung des Ukraine-Krieges

Von Clemens Ronnefeldt

Am 18. Mai 2022 legte die italienische Regierung zum ersten Mal einen mit dem UN-Generalsekretär und den G7-Staaten abgestimmten Friedensplan vor, der vier Stufen enthält, die aufeinander aufbauen.

1. Waffenstillstand

Dieser Waffenstillstand soll mit lokalen Kampfpausen beginnen, die von der OSZE oder den Vereinten Nationen überwacht werden. Ziel ist die Entmilitarisierung entlang der derzeitigen Frontlinie, wobei eine Pufferzone entstehen würde, die frei von Kämpfern beider Konfliktparteien ist.

2. Neutralität der Ukraine

Zeitlich nachgeordnet einem Waffenstillstand schlägt das italienische Außenministerium eine Friedenskonferenz zur Statusfrage der Ukraine vor. Sollte sich die ukrainische Regierung auf eine Neutralität des Landes einlassen, brauchte sie Sicherheitsgarantien verschiedener anderer Staaten.

3. Lösung territorialer Fragen

Zeitlich wiederum nach einer Friedenskonferenz zur Frage der Neutralität der Ukraine schlägt die italienische Regierung bilaterale Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland vor, die von einer neutralen Institution wie der OSZE oder den Vereinten Nationen moderiert werden könnten.

Inhaltlich würde es dabei um die Autonomie der Separatistengebiete bei Wahrung der territorialen Landesintegrität gehen. Konkret brauchte es eine Regelung der sprachlichen und kulturellen Rechte sowie des freien Personen- und Dienstleistungsverkehrs.

4. Europäischer Sicherheitspakt

Als vierte und letzte Stufe des italienischen Friedensplanes ist ein Abkommen über Frieden, Sicherheit und Stabilität in Europa vorgesehen. Abrüstung, Rüstungskontrolle, Konfliktverhütung und Vertrauensbildung würden dabei auf der Tagesordnung stehen.

Das Ziel des italienischen Friedensplanes ist der vollständige Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine und der Erhalt der territorialen Integrität der Ukraine.

Die schrittweise Aufhebung von Sanktionen gegenüber Russland könnte in dem Maße erfolgen, wie die russischen Truppen den Boden der Ukraine verlassen.

Eine Wiederaufbau-Geberkonferenz könnte der notleidenden Zivilbevölkerung Perspektiven geben und die notwendigen Finanzmittel zur Beseitigung der Kriegsschäden bereit stellen.

Mögliche Richtungsänderung der US-Ukraine-Politik

Vor den US-Zwischenwahlen im November 2022 zeichnete sich Mitte Mai 2022 nach einem Grundsatzartikel in der New York Times eine mögliche Wende der US-Politik bezüglich des Ukraine-Krieges ab.

Die New York Times schrieb von "außerordentlichen Kosten und ernsten Gefahren" und verlangte von US-Präsident Joe Biden Antworten auf die Frage: Wohin soll das alles fuhren?

Die Ziele der US-Regierung in der Ukraine seien angesichts eines beabsichtigten 40-Milliarden US-Dollar schweren militärischen Soforthilfeprogramms für die Ukraine immer schwieriger zu erkennen - und mit enormen Gefahren für den Weltfrieden verbunden, ebenso mit enormen weiteren Kosten für die USA.

Die New York Times schrieb: "Versuchen die Vereinigten Staaten beispielsweise, zur Beendigung dieses Konflikts beizutragen - und zwar durch eine Regelung, die eine souveräne Ukraine und eine Art von Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland ermöglicht? Oder versuchen die Vereinigten Staaten jetzt, Russland dauerhaft zu schwächen? Hat sich das Ziel der Regierung darauf verlagert, Wladimir Putin zu destabilisieren oder ihn zu stürzen? Beabsichtigen die Vereinigten Staaten, Wladimir Putin als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen?"

US-Generalstabschef Mark Milley telefonierte Mitte Mai 2022 erstmals seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24.2.2022 mit seinem russischen Amtskollegen Waleri Gerassimow. In diesem Telefonat der beiden ranghöchsten Generäle beider Länder sei es um "wichtige sicherheitsbezogene Themen" gegangen, wie ein Sprecher des US-Generalstabs erklärte.

Fazit

Der italienische Friedensplan braucht in den nächsten Monaten die Unterstützung des UN-Generalsekretärs und der OSZE, ebenso von nationalen Regierungen wie z.B. den USA sowie europäischer Staaten, damit die russische Invasion und das Leiden der Menschen in der Ukraine endet.

Zivilgesellschaftliche Initiativen wie die NGO Soldatenmütter in Sankt Petersburg oder die Pazifistische Bewegung in der Ukraine können zusammen mit der Unterstützung vieler internationaler Friedensorganisationen - in Deutschland z.B. "Connection e.V.", wo Kriegsdienstverweigerer aus Russland und der Ukraine bei ihren Asylanträgen beraten werden - den italienischen Friedensplan bekannt machen und dadurch die Chancen seiner Umsetzung erhöhen.

Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes .

Quelle:  Internationaler Versöhnungsbund - deutscher Zweig - in: Versöhnung 2/2022.

Veröffentlicht am

07. Juli 2022

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