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Die Abkehr vom Erdöl ist für Landwirte wirtschaftlich überlebenswichtig

Von Hans-Josef Fell

Manche Experten warnen davor, dass Erdöl zunehmend knapper und teurer wird. Was bedeutet das für Landwirte?

Im November wuchs die Inflation auf 5 % und erreichte damit den höchsten Stand seit 29 Jahren. Ursache ist vor allem eine starke und für viele unerwartete Preissteigerung von Erdöl, Erdgas und Kohle. Die hohe Inflation macht viele nervös. Privatpersonen genauso wie Unternehmer. Um zu beruhigen, betonen Analysten, dass es sich bei den Preissteigerungen um ein kurzfristiges Phänomen handelt.

Doch ist diesen Beschwichtigungen durch die Erdölanalysten zu trauen? Vieles spricht dagegen. Denn unterschiedliche Ereignisse haben Einfluss auf den Ölpreis und es ist zu erwarten, dass sie weiter an Gewicht zunehmen: Dazu gehören geopolitische Machtspiele, Spekulationen an Energiemärkten, regionale Versorgungsengpässe, die globale wirtschaftliche Entwicklung, Krisen wie Corona und die globale Fördermenge.

Weniger Erdölförderung erwartet

Die alles entscheidende Frage aber, ob die Förderung insbesondere bei Erdöl und Erdgas überhaupt noch die globale Nachfrage stillen kann, wird kaum beleuchtet. Dabei gibt es viele Indizien, die längst hätten aufhorchen lassen und eine weltweite Diskussion über die physische Verfügbarkeit von Energierohstoffen hätte entfachen müssen.

Ausgerechnet die Internationale Energieagentur (IEA), die traditionell immer beschwichtigt hat, hat nun im jüngsten World Energy Outlook 2021 eine dramatische Analyse vorgelegt. Im Erdölsektor geht die IEA von einem sofortigen jährlichen Rückgang der Ölförderung aus existierenden und bekannten neu zu erschließenden Erdölfeldern von 7,7 % jährlich aus, sofern es keine neuen Investitionen in Förderungen gibt. Doch die sind mangels Neufunde großer Erdölfelder und einer aus Klimaschutzgründen um sich greifenden Divestmentbewegung mehr als fraglich.

Schon 2025 wäre dann ein Rückgang der Weltölförderung um mehr als ein Drittel zu verzeichnen. Kein Land in der Welt ist darauf vorbereitet.

Unterstrichen wird diese Analyse zum Beispiel vom Chef des weltgrößten Erdöllieferanten Saudi Aramco, Amin Nasser, der seine große Sorge äußerte, dass die weltweite Verfügbarkeit von Erdöl in der nächsten Zeit sehr schnell zurückgehen könne.

Landwirtschaft stark betroffen 

Es ist also zu befürchten, dass die Welt erst am Anfang der seit wenigen Monaten explodierenden Rohstoffpreise von Erdöl, Erdgas und Kohle steht. Die Energiepreiskrise kann also mittelfristig nur mit einem rasanten Umstieg auf erneuerbare Energien gelöst werden, denn eine Knappheit an Solarstrahlen und Wind wird es nie geben.

Besonders betroffen von steigenden Erdölpreisen wird die Landwirtschaft sein. Denn sie setzt stark auf Erdöl. Berücksichtigt man Anbau mit Dünger und Pestizideinsatz, Ernte, Verarbeitung, Transport, Verkauf und Aufbewahrung, dann kostet eine Kalorie Nahrung in der modernen Landwirtschaft etwa zehn Kalorien Erdöl.

Kein Wunder, dass die Düngemittelpreise in diesem Jahr mit der Erdölpreissteigerung recht explodierten.

Die hohe Erdölabhängigkeit der modernen Landwirtschaft macht sie selbst aber auch zu einem Hauptverursacher der rasanten Erdaufheizung und darunter leidet wiederum gerade Landwirtschaft selbst in besonderem Maße. Schon heute schmälern Dürren und Starkregen die Ernteerträge.

Allein um ökonomisch überleben und die Welternährung sichern zu können, werden Landwirtschaft und Nahrungsindustrie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und ihre Treibhausgasemissionen senken müssen. Gleichzeitig kann kein anderer Wirtschaftszweig einen so großen Beitrag für die Senkung von Kohlendioxid schaffen. Stichworte sind: Humusaufbau, Tierwohl, Agroforst, Terra Preta, Reduzierung von Dünger und Pestizideinsatz, elektrische Traktoren, sowie Biokraftstoffe wie Pflanzenöle, aber auch AgriPV, Windkraft, Biogasanlagen, Kleinwasserkraft.

Diese Komplexität der notwendigen Änderungen hin zu einer kohlenstoffsenkenden Landwirtschaft wird bereits in Pilotprojekte angegangen. Eine umfassende Forschung dazu liefert das Projekt Landwirtschaft 5.0 an der Hochschule Offenburg.

Doch gegen einen solchen umfassenden ökologischen Umbau der Landwirtschaft gibt es erheblichen Widerstand aus der Landwirtschaft selbst. Diese Landwirte fürchten, im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Hintergrund der Furcht ist die irrige Annahme, dass die Erdölpreise dauerhaft billig bleiben. Wie oben beschrieben, wird das aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht dauerhaft der Fall sein.

Preise werden weiter steigen

Für den Landwirtschaftssektor heißt dies, dass er sich schnell aus der Abhängigkeit des Erdöls als Energielieferant für Traktoren, Maschinen, Dünger und anderes befreien muss.

Die Umwandlung von einer Treibhausgas emittierenden zu einer kohlenstoffsenkenden Landwirtschaft ist also nicht nur aus Klimaschutzgründen erforderlich. Sie ist allein schon aus wirtschaftlichen Überlegungen überlebenswichtig, da in den kommenden Jahren weitere erhebliche Preissteigerungen für Erdöl zu erwarten sind.

Quelle: Hans-Josef Fell - 17.12.2021.

Veröffentlicht am

18. Dezember 2021

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