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Führungswechsel am IStGH und bei der WTO: Krisenmanager vor schwerer Aufgabe

Den beiden neuen Köpfen am IStGH und bei der WTO droht das Scheitern. Zu hoch sind die an sie geknüpften Erwartungen.

Von Andreas Zumach - Kommentar

Neun Männer, darunter sechs Weiße aus reichen nördlichen Industriestaaten, standen in den letzten 73 Jahren an der Spitze der Welthandelsorganisation (WTO) und ihres Vorgängers, dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Gatt). Es ist daher allerhöchste Zeit, dass die WTO endlich eine Frau zur neuen Generaldirektorin beruft. Zudem kommt mit der Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala erstmals der afrikanische Kontinent zum Zug.

Er stellt immerhin 45 der 164 WTO-Mitglieder und weitere sieben Beobachterstaaten. So weit die gute Nachricht. Die schlechte: Die neue Generaldirektorin wird mit Erwartungen befrachtet, die sie trotz ihrer Erfahrungen als Finanz- und Außenministerin sowie als langjährige Vizepräsidentin der Weltbank kaum erfüllen kann. Sie soll die seit 20 Jahren anhaltende Blockade der WTO überwinden.

Eine Mission, die sich schon für ihre zwei Vorgänger, den Brasilianer Robert Azevêdo und den Franzosen Pascal Lamy, als unmöglich herausstellte. Und das, obwohl beide bei ihrer Berufung langjährige Vorerfahrungen bei der WTO mitbrachten. Der Blockade liegen objektive Interessenkonflikte der Mitgliedstaaten zugrunde. Seit dem WTO-Beitritt Chinas 2000 können sich die vier Wirtschaftsmächte USA, EU, Japan und Kanada, anders als noch in den 1990er Jahren, nicht mehr durchsetzen.

Und die Konflikte dürften sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Okonjo-Iweala drohen daher zum Ende ihrer Amtszeit Schlagzeilen und Bewertungen, wie sie jetzt die im Juni ausscheidende Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Fatou Bensouda aus Gambia, erleben muss. "Langwierige Verfahren und kaum Erfolge", "Glaubwürdigkeitskrise"– so lauten die Bilanzen nach der neunjährigen Amtszeit Bensoudas. Völlig zu Unrecht.

Denn für keine der kritisierten Missstände trägt sie die Verantwortung. Im Gegenteil: Bensouda hat als erste Chefanklägerin versucht, Verfahren des IStGH über Täter aus afrikanischen Staaten hinaus auf andere Länder auszuweiten – darunter US-Soldaten wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan und Irak sowie Verbrechen beider Seiten im palästinensisch-israelischen Konflikt.

Eingetragen hat es der Chefanklägerin und ihren KollegInnen im IStGH Sanktions- und Haftandrohungen sowie hasserfüllte Beschimpfungen der US-Regierung und Israels. Und zuletzt sogar eine Distanzierung durch die vorgeblich dem Gerichtshof eng verbundene Bundesregierung. Man darf gespannt sein, wie der jetzt mit Supermann-Erwartungen belastete Nachfolger Bensoudas, der britische Jurist Karim Khan , mit diesen Konflikten umgehen wird.

Quelle: taz - 15.02.2021. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

17. Februar 2021

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