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Rückschlag für Rüstungskontrolle: Der Himmel zieht sich zu

US-Präsident Donald Trump kündigt den Rückzug aus dem "Open Skies"-Vertrag an. Angeblich habe Russland das Abkommen verletzt.

Von Andreas Zumach

Dem Gebäude internationaler Rüstungskontrolle droht weitere Zerstörung. Nach ihrem Rückzug aus dem Atomabkommen mit Iran und dem mit Moskau vereinbarten bilateralen INF-Vertrag zum Verbot landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen wollen die USA auch aus dem multilateralen "Open Skies" (Offene Himmel) genannte Abkommen über vertrauensbildende militärische Beobachtungsflüge aussteigen.

Das kündigte Präsident Donald Trump am Donnerstagabend an und verwies zur Begründung auf angebliche Vertragsverletzungen durch Russland. Außenminister Heiko Maas erklärte, die Bundesregierung wolle gemeinsam mit europäischen Bündnispartnern versuchen, Washington von dem Ausstieg aus dem Vertrag abzuhalten. Dieser würde in sechs Monaten vollzogen.

Der "Open Skies"-Vertrag ist seit 2002 in Kraft. Er erlaubt seinen 34 Vertragsstaaten - USA, Kanada, Russland und weitere 31 europäische Länder - mehrfach im Jahr kurzfristig angekündigte Überwachungsflüge im gesamten Luftraum "zwischen Vancouver und Wladiwostok".

In den vergangenen 18 Jahren fanden über 1500 derartige Flüge statt, an denen immer sowohl Vertreter der beobachtenden als auch der beobachteten Staaten teilnehmen. Die Überwachungsflüge sollen unter anderem dazu dienen, die Einhaltung des 1990 ebenfalls im Rahmen der KSZE vereinbarten Vertrages über die Begrenzung konventioneller Waffen und Streitkräfte in Europa (KSE) zu überwachen.

"Absolut unbegründet"

Die Trump-Administration wirft Moskau vor, Kontrollflüge über der russischen Exklave Kaliningrad - wo Washington die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen vermutet- sowie über dem Grenzgebiet zwischen Russland und Georgien einzuschränken. Dadurch werde "die Transparenz in einem sehr militarisiertem Gebiet reduziert", erklärte das Pentagon.

Das russische Außenministerium kritisierte Trumps Ankündigung zum Ausstieg aus dem Vertrag als " absolut unbegründet." Kritik an Moskau hat zwar auch die NATO seit 2018 geäußert. Zugleich hat das Militärbündnis aber die rüstungskontrollpolitische Bedeutung des Vertrages unterstrichen und an Washington appelliert, an dem Vertrag festzuhalten.

Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen in der Rüstungs- und Überwachungstechnologie seit der Aushandlung des Vertrages ist er inzwischen allerdings von unterschiedlicher Bedeutung für die Partner im NATO-Bündnis. Anders als die Europäer verfügen die USA über Überwachungssatelliten, mit denen sie alle militärischen Aktivitäten Russlands viel genauer und verlässlicher kontrollieren und ausspionieren können, als mit Flugzeugen.

Umgekehrt hat Russland auf die Verbesserung flugzeuggestützter Überwachungstechnologie gesetzt und ist nach Auskunft von Experten möglicherweise bereits in der Lage, Luftaufnahmen mit einer Auflösungsgenauigkeit unterhalb der im Open Skies-Vertrag festgelegten Grenze von 30 Quadratzentimetern zu machen.

Golfen unter Beobachtung

US-Präsident Trump war laut New York Times sehr verärgert wegen eines Flugs der russischen Luftwaffe über seinem Golf-Ressort im Bundesstaat New Jersey im Jahr 2017.

Das "Open Skies"-Abkommen wurde zwischen 1990 und 1992 von den damals 35 Mitgliedsstaaten der "Konferenz (heute: Organisation) für Sicherheit und Zusammenarbeit" (K/OSZE) ausgehandelt und bis zu seinem Inkrafttreten im Jahr 2002 von 34 Staaten unterschrieben und ratifiziert: den damals 16 NATO-Staaten, allen Mitglieder des ehemaligen Warschauer Pakts sowie von acht der seinerzeit zwölf Block unabhängigen KSZE-Mitgliedern. Österreich, die Schweiz, Zypen, Lichtenstein und Andorra blieben dem Abkommen fern.

Quelle: taz - 22.05.2020. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

24. Mai 2020

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