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100% Erneuerbare Energien weltweit sind vorteilhaft für Umwelt und Wirtschaft

Von Hans-Josef Fell

Am 20. April 2020 hat die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) ihren ersten Global Renewables Outlook veröffentlicht, unter dem Titel "Energy Transformation 2050". Dieser stellt heraus, dass die Umstellung auf Erneuerbare Energien keine ökonomische Belastung ist, sondern - nach den Annahmen der IRENA - sieben Millionenneue Jobs entstehen lässt und, dass die Kosten eines erneuerbaren Energiesystems immer weiter unter den langfristigen Kosten ein konventionellen fossil/atomaren Energieerzeugung liegen werden.

Die Vorteile einer zeitnahen weltweiten Umstellung auf ein Energiesystem, das zum Großteil aus Erneuerbaren Energien gespeist wird, sorgen laut IRENA eben nicht für ökonomische Einbrüche, sondern fördern die wirtschaftliche Entwicklung. So rechnet die IRENA mit kumulierten weltweiten BIP-Gewinnen bis 2050 von insgesamt 98 Billionen Dollar als Folge der Umstellung des Energiesystems.

Obwohl die IRENA selbst die großen ökonomischen und ökologischen Vorteile herausstellt, hat sie in ihrem globalen Ausblick noch kein Szenario für 100% Erneuerbare Energien vorgestellt. Die im Global Renewables Outlook vorgestellten Szenarien beinhalten lediglich einen Anteil der Erneuerbaren von 70%, teilweise mehr, jedoch nie ein vollständig erneuerbares Energiesystem. Dabei ist das Festhalten am alten Energiesystem ja sogar teurer als ein schneller Umstieg, was sogar die Zahlen der IRENA belegen.

Die globale Umsetzbarkeit einer Vollversorgung mit 100% Erneuerbaren Energien hat hingegen die gemeinsame Studie der Energy Watch Group (EWG) und LUT University bereits letztes Jahr wissenschaftlich belegt. Denn obwohl schon ein geringerer Anteil an Erneuerbaren Energien Vorteile für das Klimasystem und wirtschaftliche Vorzüge mit sich bringen würde, ist die Erreichung von Nullemissionen und damit 100% Erneuerbaren Energien weit vor 2050 notwendig, um die Pariser Klimaziele von 1,5°C zu erreichen.

Laut der EWG/LUT-Studie hätte die vollständige Umstellung des weltweiten Energiesystems noch wesentlich weitreichendere und positivere Auswirkungen, denn in einem 100% erneuerbaren Energiesystem könnten bis zu 15 Millionen neue Jobs alleine zur Abdeckung der heutigen Stromanwendungen entstehen - mehr als doppelt so viele wie die IRENA in ihren Szenarien annimmt.

Die EWG/LUT-Studie weist zudem nach, dass die Kosten für ein 100% erneuerbares Energiesystem sogar gegenüber den Kosten des gegenwärtigen Systems etwas sinken können. Das bedeutet, dass die benötigten zusätzlichen Investitionskosten durch Einsparungen an Betriebskosten überkompensiert werden können. Darüber hinaus würde ein 100% erneuerbares Energiesystem noch zu wesentlich größeren Kosteneinsparungen führen , bspw. durch geringere Kosten im Gesundheitssystem und bei der Bewältigung von Klimawandel-induzierten Naturkatastrophen.

Es ist also bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht nur zwingend notwendig ist, sondern durch ständige Technologieentwicklung auch wirtschaftlich immer vorteilhafter wird. Daher gilt es verstärkt politisch darauf einzuwirken, dass die weltweiten Zielsetzungen auf das Ziel 100% Erneuerbare Energien angehoben werden, damit der nächste Global Renewables Outlook der IRENA Szenarien entwirft, die auf einem 100% erneuerbaren Energiesystem bis spätestens 2050 beruhen.

Das Forscherteam der LUT University unter der Leitung von Prof. Breyer hat nicht nur im letzten Jahr zusammen mit der EWG eine globale Studie zu einem 100% erneuerbaren Energiesystem herausgegeben, sondern erst in diesem Monat eine neue Studie zur Erreichung der Klimaneutralität in Europa vor 2050 veröffentlicht. Diese Europa-Studie, erstellt in Zusammenarbeit mit dem europäischen Solarenergie-Verband SolarPower Europe, zeigt ebenfalls, dass ein 100% erneuerbares Energiesystem in Europa nicht nur die größten Klimavorteile mit sich bringt, sondern auch am kostengünstigsten ist, verglichen mit Szenarien, die auf einen langsameren und geringfügigeren Ausbau der Erneuerbaren Energien setzen.

In dieser neuen Europa-Studie konnten sogar noch geringere Kosten für ein 100% erneuerbares Energiesystem nachgewiesen werden als in der globalen EWG/LUT-Studie, da im Modell eine deutlich stärkere Sektorenkopplung sowie eine Vernetzung der europäischen Regionen untereinander vorgenommen wurden. Darüber hinaus tragen auch eine Aktualisierung der Photovoltaik- und Batteriekosten dazu bei, die Vorteile von 100% Erneuerbaren Energien deutlich vor 2050 sichtbar zu machen. Die unterschiedlichen Szenarien der Studie belegen eindeutig, dass eine marginale und langsame Energiewende die höchsten Kosten mit sich bringt und damit die nach der Corona-Pandemie ohnehin angeschlagene Wirtschaft unnötig weiter belastet.

Die Wissenschaftler*innen kommen in der Europa-Studie zu dem Schluss, dass die Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien in Europa zum stärkst möglichen Rückgang an Treibhausgasemissionen führen wird: Bereits 2040 können in Europa Nullemissionen erreicht werden .

Noch sind wir politisch weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen, aber eine solche Studie führt uns und auch den politischen Entscheidungsträger*innen vor Augen, dass ambitionierter Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen können. Das sollte Mut machen, um uns weiterhin für mehr Klimaschutz stark zu machen, denn der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist vor allem eines, das wirksamste Instrument im Kampf gegen die Klimakrise.

Es liegt nun an den Regierungen Europas und der Welt, den durch die Corona-Pandemie verursachten Ölpreisverfall und den damit verbundenen Zusammenbruch der fossilen Wirtschaft mit einem Wirtschaftserneuerungsprogramm aufzufangen, das mit dem Ziel 100% Erneuerbare Energien auch die Klimakrise bewältigt.

Quelle: Hans-Josef Fell - 20.04.2020.

Veröffentlicht am

21. April 2020

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