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Leonardo Boff: “Dos Papas”: zwei Arten von Menschen, zwei Modelle von Kirche

Von Leonardo Boff

Ich habe gerade den Film "Dos Papas" von Fernando Meirelles, dem genialen brasilianischen Filmemacher, gesehen. Meiner Meinung nach ist der Film technisch und ästhetisch gut gemacht, so wie er die grandiosen Räume des Vatikans und seine Gärten zeigt. Der Film basiert auf historischen Ereignissen, mit der logischen Kreativität, die diese Kunstform ermöglicht, insbesondere bei der Konstruktion der Dialoge, die ihre jeweiligen Theologien und ihre bekannten Positionen widerspiegeln. Was ich hier sage, ist meine ganz persönliche Meinung. Ich hatte das Privileg, beide Päpste persönlich zu kennen, mit denen ich enge Beziehungen und Freundschaften pflegte und unterhalte.

Papst Ratzinger: rigoros und raffiniert

Ich bin Professor Joseph Ratzinger dankbar, dass er meine Doktorarbeit über "Die Kirche als Grundsakrament in der säkularisierten Welt" positiv bewertet hat. Sie war umfangreich mit mehr als 500 gedruckten Seiten. Professor Ratzinger hat mich mit einer beachtlichen Summe finanziell unterstützt und einen Redakteur gefunden, der sie veröffentlichte, als niemand riskieren wollte, ein Buch von solchen Dimensionen zu verlegen. Seine Aufnahme in der internationalen theologischen Gemeinschaft war ausgezeichnet. Es gilt als ein grundlegendes Werk, vor allem für den französischen Dominikaner Jean Yves Congar, einem bekannten Spezialisten des Themas Kirche.

Professor Ratzinger ist eine sehr kultivierte und äußerst intelligente Person. Ich habe ihn noch nie seine Stimme erheben hören. Er ist sehr schüchtern und zurückhaltend.

Als ich erfuhr, er sei zum Papst gewählt worden, dachte ich sofort: "Er ist ein Papst, der viel leiden wird, weil er vielleicht nie das Volk umarmt hat, am allerwenigsten eine Frau, noch ist er jemals einer Vielzahl ausgesetzt gewesen."

Unsere Freundschaft wurde durch die Tatsache gestärkt, dass sich fünf Jahre lang, beginnend in der Osterwoche 1974 (was oft um den Mai herum stattfindet) ca. 25 bekannte progressive Männer und Frauen aus der ganzen Welt in der Stadt Nijegen in den Niederlanden versammelten und in anderen europäischen Städten. Eine Woche lang führten wir in einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, ebenfalls mit Paulo Freire, ökumenische Diskussionen über Themen, die für die Welt und die Kirche relevant sind. Wir veröffentlichten die Zeitschrift Concilium, die in 7 Sprachen erschien und noch heute erscheint (in Brasilien beim Verlag Editora Vozes). In diesem Magazin arbeiten die besten Köpfe der Welt in verschiedenen Wissensgebieten zusammen, von Sexualität und Befreiungstheologie bis hin zur modernen Kosmologie.

Professor Ratzinger saß fast immer neben mir. Nach dem Mittagessen, während alle anderen ein Nickerchen machten, schlenderten Professor Ratzinger und ich durch die Gärten und diskutierten theologische Themen; unsere Lieblingsthemen waren Augustinus und der Hl. Bonaventura, deren Bücher ich praktisch alle gelesen habe.

Ein jeder in seiner Rolle, ohne die Beziehung abzubrechen

1984 zum Kardinal und Präsidenten der Kongregation für die Glaubenslehre ernannt, hatte er die undankbare Aufgabe, mich zu meinem Buch Kirche: Charisma und Macht zu befragen. Kardinal Ratzinger erfüllte seine institutionelle Rolle als Verhörer und ich die des Verteidigers meiner Meinungen. Es war ein starker Dialog, war aber stets elegant geführt von seiner Seite, auch wenn es nach der Vernehmung einen zweiten Teil gab, nämlich eine noch schwierigere Begegnung mit ihm und den brasilianischen Kardinälen Don Paulo Evaristo Arns und Don Aloysio Lorscheider, die mich nach Rom begleiteten und zu meinen Gunsten aussagten. Wir waren drei gegen eins. Ich muss zugeben, Kardinal Ratzinger fühlte sich unwohl.

Ein Jahr später erlebte ich den Höhepunkt des Lehrprozesses, der dazu führte, dass ich vom Lehrstuhl für Theologie und von meiner Position im Verlag Vozes entfernt wurde, und mir ein "silencio obsequioso" ("Schweigejahr", Anm. der Übersetzerin) auferlegt wurde, das mich daran hinderte, zu sprechen, zu lehren, Interviews zu geben oder etwas zu veröffentlichen. Die endgültige Entscheidung nach der Vernehmung wurde von 13 Kardinälen getroffen (die Anzahl 13, um ein Unentschieden zu vermeiden). Später erfuhr ich von einem Abgesandten seines Privatsekretärs, dass Kardinal Ratzinger zu meinen Gunsten gestimmt hatte, aber es war die unterlegene Stimme. Es muss gesagt werden, dass immer, wenn Nachrichtenreporter Kardinal Ratzinger nach mir fragten, er mit Humor antwortete, dass ich "ein frommer Theologe" sei, dass ich eines Tages meinen wahren theologischen Weg vertiefen würde. Der Film zeigt nicht die raffinierte und elegante Figur, die Kardinal Ratzinger charakterisiert. In einer Szene erhebt er seine Stimme und schreit fast, was mir völlig unwahrscheinlich und unvereinbar mit seinem Charakter erscheint.

Obwohl wir uns in verschiedenen Situationen befanden, er als Papst und ich, ein zum Laien beförderter Theologe, zerbrach unsere Freundschaft nie. Als zu seinem 90. Geburtstag eine Festschrift erstellt wurde, in der viele namhafte Persönlichkeiten auf Bitten von Papst Benedikt selbst Beiträge leisteten, wurde ich gebeten, mein Zeugnis über ihn zu schreiben, was ich mit Freude tat. Freundschaft ist stärker als jede Lehre, ist immer menschlich.

Papst Franziskus: zärtlich, brüderlich und erneuernd (ein Innovator)

In Bezug auf Jorge Mario Bergoglio, der jetzige Papst Franziskus, würde ich Folgendes sagen: Wir haben uns 1972 im Colegio Maximo de San Miguel in Buenos Aires, Argentinien, getroffen. Er sprach über die Einzigartigkeit des spirituellen Weges des Hl. Ignatius von Loyola und des geistlichen Weges des Hl. Franziskus. Wir diskutierten die Hermeneutik eines französischen Schriftstellers, an dessen Namen ich mich nicht erinnere, und auch Aspekte der Befreiungstheologie Argentiniens (das schweigende Volk und die unterdrückte Kultur) und die unseres Brasiliens und Perus (die soziale Ungerechtigkeit und die historische Unterdrückung der Armen und der Afro-Nachkommen). Es gibt ein Foto von dieser Versammlung, das mir Papst Franziskus freundlicherweise aus Rom geschickt hat. Dieses Foto zeigt die gesamte Gruppe der anwesenden Theologen, von denen die meisten nicht mehr unter uns weilen. Einige von ihnen wurden verfolgt und gefoltert unter der barbarischen Unterdrückung des argentinischen oder chilenischen Militärs. Nach diesem Treffen haben wir uns gegenseitig aus den Augen verloren.

Papst Franziskus: Theologe der ganzheitlichen Befreiung

Juan Carlos Scannone, der kürzlich verstorbene Hauptvertreter der Theologie der Befreiung in Argentinien und Professor für Theologie von Papst Franziskus, erzählte mir, dass Bergoglio als Erwachsener in den Jesuitenorden eintrat (er war zuvor Chemiker, wie der Film zeigt). Er mochte sofort die Theologie der Befreiung des argentinischen Typs und er machte ein Versprechen, das er auch als Kardinal von Buenos Aires immer hielt: Jede Woche verbrachte er einen Nachmittag und sogar einen Tag in einem Slum, immer allein, er ging in die Häuser und sprach mit jedem. Er wohnte nicht im Kardinalspalast, hatte kein Auto, benutzte den Bus oder die U-Bahn. Er lebte allein in einer Wohnung und bereitete seine eigenen Mahlzeiten zu.

Bergoglio war Generaloberer der Jesuiten Argentiniens, insbesondere aktiv in der Region Buenos Aires. Als junger Mann war er sehr streng und musste er sich einer ernsten Situation stellen, die er bis jetzt in seinem Herzen trägt: Zwei Jesuiten, Pater Francisco Jalics und Pater Orlando Yorio (ich habe Yorio persönlich in Quilmes kennengelernt) lebten in einer Barackenstadt mit den Armen und Ausgegrenzten. Alle, die mit dem Volk arbeiteten, wie 1964 in Brasilien (und vielleicht auch heute noch unter der neuen autoritären Regierung von Bolsonaro), galten als Marxisten und Subversive. Sie wurden von den Organen der militärischen Sicherheit beobachtet. Bergoglio wurde darüber informiert, dass diese beiden Jesuiten entführt und gefoltert werden sollten. Er versuchte, sie zu retten, und appellierte sogar an das Votum des Gehorsams. Es ist typisch für den Jesuitenorden und bedeutet, dass sie die Favela verlassen sollten, um nicht Opfer gewaltsamer Repression zu werden.

Sie argumentierten in evangelikaler Form: "Ein Pastor verlässt niemals seine Herde, sein Volk; er teilt ihr Schicksal; es ist besser, dem Gott der Armen zu gehorchen, als einem menschlichen religiösen Vorgesetzten zu gehorchen."

Letztendlich wurden sie entführt und schwer gefoltert. Jalics versöhnte sich mit Bergoglio und lebt in Deutschland, während Yorio sich im Stich gelassen fühlte und sich vom Kardinal distanzierte (Yorio starb vor Jahren in Uruguay). Ich konnte seine persönliche Bitterkeit spüren, als ich versuchte, die Sackgasse zu verstehen, mit der verantwortungsvolle religiöse Autorität in Extremsituationen konfrontiert ist. Schon damals versteckte Bergoglio viele im Colegio Méximo de San Miguel oder half ihnen, die Grenze eines anderen Landes zu erreichen, um dem sicheren Tod zu entkommen.

Papst Franziskus: Sorge um das Gemeinsame Zuhause

Als er zum Papst gewählt wurde, haben wir wieder miteinander kommuniziert. Da er wusste, dass ich mich intensiv mit dem Thema der ganzheitlichen Ökologie beschäftigt hatte, einschließlich des Gemeinsamen Hauses, Mutter Erde, bat Papst Franziskus um meine Mitarbeit, die ich eifrig gewährte. Aber er warnte mich: "Schick die Texte nicht an den Vatikan, denn sie werden sie mir nicht geben (der berühmte Sottoseder der päpstlichen Kurie: aussitzen und vergessen), sondern sende sie direkt an mich über den argentinischen Botschafter beim Hl. Stuhl, denn er nimmt den Kumpel täglich frühmorgens mit". So habe ich es immer getan. Es heißt, dass meine Gedanken und Themen in der Enzyklika "Laudato Si: über die Sorge um das Gemeinsame Haus" (2015) auffallen. Aber die Enzyklika ist die des Papstes, und er kann alle Berater haben, die er will. Ich schickte ihm auch Texte für die Pan-Amazonische Synode 2019, für die er sich bedankt hat.

Bei der Wahl des Namens Franziskus, auf Anregung seines brasilianischen Freundes, Kardinal Claudio Hummes, der ihm den Namen Franziskus zuflüsterte, und auf die klare Option für die Armen, wurde er verwandelt. Die Jesuitenstrenge wurde mit der franziskanischen Zärtlichkeit vereint. Er geht äußerst streng mit den internen Problemen der Vatikanischen Kurie um, der Pädophilie und der Finanzkorruption der Vatikanbank. Auf der anderen Seite ist er sichtlich zärtlich und brüderlich.

Kein Papst vor ihm hat das System aufs schärfste gerügt, das seine Sensibilität, seine Solidarität mit den Millionen Armen und Hungernden, und seine Fähigkeit zu weinen verloren hat und stattdessen das Idol des Geldes anbetet. Es ist ein Raubtier für die Natur, gegen das Leben und gegen Mutter Erde. Wir brauchen nicht zu sagen, von welchem System er spricht. Seine Option für die Armen ist deutlich. Papst Franziskus ist durch seine mutige Haltung zur ökologischen Notlage der Erde, zur globalen Erwärmung und zur Entmenschlichung der menschlichen Beziehungen zu einem religiösen und politischen Führer geworden. Seine Stimme wird auf der ganzen Welt gehört und respektiert.

Zwei Arten von Mensch und zwei Modelle von Kirche

Der Zweck des Films ist es, zwei Arten von religiösen Personen und zwei Modelle für die Kirche zu zeigen.

Zunächst zeigt er Ratzinger und Bergoglio, beide menschlich, zutiefst menschlich. In diesem Sinne haben beide ihre positive und auch ihre dunkle Seite. Für Papst Benedikt XVI. ist es seine Milde und Nachsicht gegenüber den Pädophilen. Wir dürfen nicht vergessen, dass er unter päpstlicher Geheimhaltung, die niemals gebrochen werden kann, an alle Bischöfe geschrieben hat, um die pädophilen Priester und Bischöfe nicht an die Zivilgerichte zu übergeben. Dies würde die institutionelle Kirche demoralisieren. Sie sollten ihre Sünde bekennen und woanders hin versetzt werden. Papst Benedikt erkannte nicht, dass es nicht nur um eine Sünde ging, die durch die Beichte vergeben werden konnte. Es war ein Verbrechen gegen unschuldige Menschen, das die Ziviljustiz untersuchen und bestrafen musste. Man dachte nicht an die Opfer, sondern nur darum, das Bild der Kirche als Institution zu bewahren. Dieses Versäumnis wurde von Kardinal Bergoglio scharf kritisiert, wie der Film deutlich zeigt.

Papst Benedikt XVI. folgte der Linie von Johannes Paul II., der ein moralischer und doktrinärer Konservativer war. Er versuchte, den "aggiornamento" des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) zu relativieren. Er sah die Kirche als eine Festung an, die von allen Seiten von Feinden belagert wurde, d.h. von den Fehlern und Abweichungen der Moderne. Die vorgeschlagene Lösung bestand darin, zur früheren Disziplin der Konzile von Trient (1545-1563) und Vatikan I (1869-1870) zurückzukehren. Im Zentrum stand die Orthodoxie und die wahre Lehre, als würde Predigen retten und nicht die Glaubenspraxis. In dieser Linie war Kardinal Joseph Ratzinger streng: Mehr als 110 männliche und weibliche Theologen wurden verurteilt, von ihren Lehrstühlen abgesetzt, zum Schweigen gebracht (in Brasilien, Yvone Gebara und ich) oder in irgendeiner Form bestraft. Einer von ihnen, ein ausgezeichneter Theologe, wurde ohne Erklärung verurteilt. Er wurde so deprimiert, dass er an Selbstmord dachte. Er wurde erst geheilt, als er nach Mittelamerika ging, um mit den Comunidades Eclesiales de Base (Basisgemeinden) zu arbeiten. Das Glaubensleben der einfachen und armen Menschen gab ihm den Sinn des Lebens zurück.

Die Kirche durchlebte einen harten Winter. Eine ganze Generation von Priestern wurde in diesem doktrinären Stil ausgebildet, mit ihren Augen auf die Vergangenheit gerichtet und in Ausübung der Symbole der klerikalen Macht. Ebenso wurden viele Bischöfe geweiht, die eher orthodoxe autoritäre Geistliche waren als Pastoren inmitten ihres Volkes.

Papst Franziskus ist eine andere Art von religiöser Persönlichkeit. Er kommt von den Enden der Erde, weit weg vom alten und fast im Sterben liegenden europäischen Christentum. Und er hat der Kirche und der politischen Welt den Frühling gebracht.

Papst Franziskus hat zuerst die Gewohnheiten verändert. Er weigerte sich, die "Mozzeta" zu benutzen, diesen kleinen weißen Umhang voller Brokat, die Päpste auf ihren Schultern trugen, ein Symbol für die absolute Macht der heidnischen römischen Kaiser. Im Film sagt Franziskus deutlich: "Der Karneval ist vorbei". Er nimmt das goldene Kreuz nicht an und behält sein Kreuz aus Eisen, lehnt die roten Prada-Schuhe ab und behält seine alten schwarzen Schuhe an. Er erklärt sich nicht zum Papst der Kirche, sondern zum Bischof von Rom und nur von dort aus zum Papst der Weltkirche. Als er als neuer Papst vorgestellt wurde, bat Franziskus das Volk, für ihn zu beten. Erst danach segnete der neue Papst das Volk. Hier erscheint eindeutig eine neue theologische Vision gemäß dem II. Vatikanischen Konzil: Zuerst kommt das Volk Gottes und danach kommt der Papst und alle anderen kirchlichen Autoritäten im Dienst des Volkes Gottes.

Papst Franziskus inspiriert die Kirche nicht mit dem Kanonischen Recht, sondern mit Liebe und Kollegialität (Beratung mit der Gemeinschaft der Bischöfe). In seiner ersten öffentlichen Rede sagte Papst Franziskus: "Wie sehr wünsche ich mir eine Kirche, die arm ist und da ist für die Armen." Er wohnt nicht im päpstlichen Palast, das wäre eine Beleidigung für den Poverello aus Assisi, sondern in einer Pension. Beim Essen steht er wie alle anderen Schlange und kommentiert mit Humor: "So ist es schwieriger, vergiftet zu werden."

Franziskus verzichtet auf ein spezielles Papamobile und auf eine Leibgarde. Er mischt sich unter das Volk, gibt seine Hand dem, der ihm die Seine ausstreckt, und küsst die Kinder. Er ist ein Vater und Großvater, der von der Menge geliebt wird.

Sein Modell der Kirche ist ein "Feldlazarett", das sich um alle kümmert, ohne zu fragen, woher sie kommen und was ihre moralische Situation ist. Es ist eine "Kirche auf dem Weg" zu den menschlichen und existenziellen Peripherien. Er respektiert Dogmen und Lehren, bekräftigt aber deutlich, dass er es vorzieht, sich vor dem historischen Jesus zu positionieren, indem er sich für direkte Begegnungen mit den Menschen und für die pastorale Fürsorge der Zärtlichkeit entscheidet. Er insistiert darin, dass Jesus gekommen ist, um uns zu lehren, bedingungslose Liebe, Solidarität und Vergebung zu leben. Für Franziskus steht Gottes unendliche Barmherzigkeit im Mittelpunkt. Und er sagt noch mehr: "Gott kennt die ewige Verurteilung nicht, weil Gott angesichts des Bösen verlieren würde. Und Gott kann nicht verlieren. Seine Barmherzigkeit hat keine Grenzen." Folglich ruft Er alle, wenn sie von ihrer Schlechtigkeit gereinigt sind, in das Haus, das der Vater und die Mutter des Guten für alle von Ewigkeit her vorbereitet haben. Sterben heißt, sich von Gott berufen zu fühlen; und man geht glücklich zur Großen Begegnung.

Was die Ökumene betrifft, so betont er, dass die verschiedenen Kirchen einander anerkennen und gemeinsam im Dienst des Reiches der Gerechtigkeit, der Solidarität, der Geschwisterlichkeit und der Liebe stehen müssen, um die heilige Flamme der Spiritualität zu nähren, die in jedem Menschen verborgen ist.

Es ist eine andere Art von Pontifikat, eine andere Form des Menschseins; eine, die zugibt, dass er die Geduld verloren hat, als eine Frau seine Hand packte und sie kräftig drückte. Verärgert schlug er ihr zwei oder drei Mal mit der Hand. Doch am nächsten Tag entschuldigte er sich öffentlich. Er ist auf natürliche Weise demütig und erkennt seine Schwächen an.

Zwei Päpste: unterschiedlich und komplementär

Papst Franziskus öffnete seine ganze Menschlichkeit und gestand sich das Recht auf Freude am Leben zu, sein Lieblingsteam, San Lorenzo, zu ermutigen, die Musik der Beatles zu genießen; und sogar, um Papst Benedikt XVI. dazu zu bringen, mit ihm einen Tango zu tanzen… etwas Undenkbares für einen ernsten deutschen Akademiker. Hier erscheint er nicht als Papst, sondern als der Mann, Bergoglio, der die schüchterne Menschlichkeit des Mannes Ratzinger entwirrt. Die beiden sind unterschiedlich, aber sie vereinen sich in einem Tango erwachsener Personen.

Der Film ist eine schöne Metapher des menschlichen Seins, mit zwei verschiedenen Formen, das Menschsein zu leben, die sich nicht entgegenstehen, sondern sich gegenseitig komponieren und ergänzen, eine mit Zärtlichkeit und die andere mit Kraft. Der Film ist sehenswert, weil er uns zum Nachdenken anregt und uns lehrt, einander zuzuhören, bietet offenen Dialog, Wahrheiten, die ausgesprochen werden, ohne um den heißen Brei herum zu reden, und eine Freundschaft, die wächst, während die Beziehung durch jede Begegnung erweitert wird. Die Vergebung, die jeder dem anderen gibt, und die letzte Umarmung, lang und liebevoll, erweitert die Menschlichkeit und Spiritualität, die in jedem von uns gegenwärtig ist.

Leonardo Boff ist Ökologe, Theologe und Philosoph; Mitglied der Erd-Charta Kommission

Quelle:  Traductina , 14.02.2020.

Veröffentlicht am

15. Februar 2020

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