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Syriens Schicksal ist besiegelt

Nach Donald Trump segnet auch Wladimir Putin die türkische Invasion in Syrien ab - und verletzt ebenso grob das Völkerrecht.

Von Amalia van Gent

Eines sollte man dem türkischen Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan lassen: Seinen unstillbaren Machthunger vertritt er im In- und Ausland konsequent, beständig und wenn es sein muss auch skrupellos. Erst letzte Woche hatte der US-Präsident eine hochrangige Delegation aus Washington nach Ankara entsandt, um mit Trump’s "persönlichem Freund Erdogan" über die Zukunft Nordsyriens zu verhandeln. Ein 13-Punkte-Deal, der nach stundenlangen, zähen Gesprächen tatsächlich auf dem Tisch stand, legitimierte in erster Linie die türkische Invasion im Nachbarland.

Im Punkt 1 war nämlich von den legitimen Sicherheitsbedenken der Türkei die Rede. Wer genau aus Nordsyrien die hochgerüstete NATO-Macht Türkei bedrohe, blieb darin vage als "Terrororganisationen" definiert. Ausführlich wurden hingegen die Rechte festgehalten, welche die türkische Armee fortan in dem von ihr gerade besetzten syrischen Landstreifen genießen sollte.

Erdogan hatte seinem "persönlichen Freund Trump" nach der Niederlage der Dschihadisten des Islamischen Staates in Syrien immer wieder bestätigt, dass die Türkei als einziger Mitgliedsstaat der NATO fähig sei, die USA im syrischen Nordostens als Ordnungsmacht zu ersetzen und den Kampf gegen die Dschihadisten effektiv fortzusetzen. Und Trump schien ganz offensichtlich Erdogan dieses Versprechen auch glauben zu wollen. Kaum hatten die letzten 1000 US-Soldaten über die syrisch-irakische Grenze Sahela das Territorium Syriens in Richtung Irak verlassen, steuerte der unermüdliche türkische Präsident am 22. Oktober zum beliebten russischen Tourismuszentrum Sotschi und schloss nach langen, zähen Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein 10-Punkte-Abkommen ab.

Durch dieses Abkommen segnete Putin wie kurz zuvor Trump in erster Linie die völkerrechtswidrige Invasion der türkischen Armee in Nordsyrien ab. Wie zuvor die Amerikaner zeigten auch die russischen Gesprächspartner durchaus Verständnis für die vermeintlichen legitimen Sicherheitsbedenken der Türkei. Im sogenannten Memorandum of Understandig erkannte die Türkei die "politische Einheit und territoriale Souveränität" Syriens an, was bedeutet, dass Erdogan nicht mehr wie bis anhin einen Regierungswechsel in Damaskus anstrebt. Ferner darf die russische Armee bis an die türkisch-syrische Grenze anrücken ins Gebiet, das nach 2014 die US-Truppen kontrollierten.

Al Assad dürfte ebenso zufrieden sein, bekommt er unverhofft die Kontrolle über die meisten Ölquellen im Osten seines Landes, ohne jeglichen militärischen Einsatz. Zu den großen Gewinnern von Sotschi gehört zweifelsohne auch die Türkei, denn sie erhält vorerst einen ganzen Batzen syrischen Territoriums: Erdogan darf nicht nur die ehemals kurdische Provinz Afrin sowie die Gebiete um Jarablus und Aziz im Norden und Nordwesten des Landes behalten, welche die türkische Armee in zwei vorigen Offensiven besetzt hatte. Ihm wurde noch ein weiterer neuer Landstreifen zwischen den Städten Tal Abyad und Ras al-Ain überreicht. Die türkische Armee kann dieses Gebiet unter ihre Kontrolle bringen, auch weil die US-Delegation vorige Woche in ihrem 13-Punkte-Deal den Abzug aller kurdischen Kämpfer aus dem Gebiet gefordert hatte. Ein "exzellentes Abkommen", kommentierte ein Mitglied der türkischen Delegation in Sotschi hocherfreut.

Wer keinen Platz weder im 13-Punkte-Deal mit Donald Trump noch im 10-Punkte-Abkommen mit Wladimir Putin hat, sind die einheimischen Völker: die Assyrer, die Armenier und die Kurden. Schon jetzt befinden sich 200.000, oder nach kurdischen Angaben sogar 300.000 Menschen auf der Flucht, einmal mehr im Nahen Osten. Wohin mit ihnen ist unklar.

Quelle: Infosperber.ch - 24.10.2019.

Veröffentlicht am

25. Oktober 2019

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