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Ein weiteres deutsches Gericht entscheidet zugunsten von Anhängern der BDS-Bewegung

Am 13. September 2019 hat das Verwaltungsgericht Köln die Stadt Bonn angewiesen, den Deutsch-Palästinensischen Frauenverein e.V. zum jährlichen Bonner Kultur- und Begegnungsfest "Vielfalt! - Bonner Kultur - und Begegnungsfest" zuzulassen. Die Stadt hatte den Verein wegen seiner Unterstützung der BDS-Bewegung für palästinensische Rechte ausgeschlossen. Nach Ansicht des Gerichts hat die Stadt Bonn "nicht einmal ansatzweise" nachgewiesen, dass dieser Ausschluss gerechtfertigt war.

Der Deutsch-Palästinensische Frauenverein hatte Klage eingereicht, nachdem die Stadt Bonn ihn wegen seiner Unterstützung für die von der palästinensischen Zivilgesellschaft geführte Kampagne für Boykotte, Entziehungen und Sanktionen (BDS) vom Festival "Vielfalt! Bonner Kultur und Begegnungsfest" ausgeschlossen hatte, das am 29. September 2019 stattfinden wird. BDS zielt darauf ab, die Verletzungen des Völkerrechts und der palästinensischen Rechte durch Israel zu beenden.

Der Bonner Stadtrat hatte am 14. Mai 2019 den Antrag "Kein Platz für die antisemitische BDS-Bewegung in Bonn" angenommen. Der Antrag fordert alle städtischen Einrichtungen in Bonn auf, BDS-Gruppen Räumlichkeiten zu verweigern und Veranstaltungen der BDS-Kampagne oder von Gruppen, die BDS-Ziele verfolgen, nicht zu unterstützen.

In seinem Urteil hat das Kölner Gericht den Status dieser und anderer Anti-BDS-Beschlüsse geklärt: "Sowohl der Ratsbeschluss vom 12.6.2019 als auch die Beschlüsse des Landtags NRW vom 20.9.2018 oder des Deutschen Bundestages vom 17.5.2019 (BT-Drs. 19/10191) sind keine Rechtssetzungsakte, sondern politische Resolutionen bzw. Willensbekundungen. Sie allein vermögen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen bestehenden Rechtsanspruch einzuschränken."

Der Ausschluss des Frauenvereins vom Festival aufgrund seiner Unterstützung der BDS-Bewegung "stellt eine sachlich nicht einmal ansatzweise gerechtfertigte Ungleichbehandlung" dar. Das Gericht befand, dass das Verhalten der Stadt Bonn gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 3) verstößt und gleichzeitig das Grundrecht des Vereins auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit (Artikel 5) verletzt.

Die Meinungsfreiheit umfasst die Freiheit, Boykottkampagnen zu diskutieren und dazu aufzurufen, und wird auch durch Artikel 10 (Meinungsfreiheit) und Artikel 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt, die die Bundesrepublik Deutschland in ihre nationale Gesetzgebung integriert hat.

Das Verwaltungsgericht Köln folgt mit seiner Entscheidung zwei früheren Urteilen des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Rechtssache 3 A 3012/16) und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Rechtssache 10 ME 48/19) , die auch den Zugang von BDS-Aktivisten zu öffentlichen Einrichtungen schützten, die von den Kommunen zunächst abgelehnt worden waren.

Der Deutsch-Palästinensische Frauenverein wurde durch den Berliner Rechtsanwalt Ahmed Abed vertreten, der beim Verwaltungsgericht Köln eine einstweilige Anordnung des Gerichtshofs beantragte, der Gruppe die Teilnahme am Bonner Kultur- und Begegnungsfestival zu ermöglichen. Die Klage wurde in Zusammenarbeit mit dem European Legal Support Center ( ELSC ) und mit Unterstützung der International Association of Democratic Lawyers ( IADL ) durchgeführt.

Zu den von Rechtsanwalt Abed eingereichten Dokumenten gehörte ein Gutachten des emeritierten Professors Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv, Israel. In seiner Stellungnahme argumentiert Prof. Zuckermann, dass Antisemitismus, Antizionismus und Kritik an Israel drei verschiedene Kategorien seien, die getrennt behandelt werden müssen, und dass der Versuch, die BDS-Bewegung als antisemitisch darzustellen, "manipulativ und ideologisch interessengeleitet" sei.

Das Bonner Kultur- und Begegnungsfestival ist eine öffentliche Veranstaltung, die die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Stadt hervorhebt und bei der interkulturelle Organisationen sowie Kultur-, Musik- und Tanzgruppen ihre Arbeit und Aktivitäten präsentieren.

Zwei weitere lokale Organisationen, die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V. und die Palästinensische Gemeinde Bonn e.V., wurden aus dem gleichen Grund wie der Deutsch-Palästinensische Frauenverein von dem Festival ausgeschlossen. Auch sie haben gegen die Entscheidung der Stadt Bonn geklagt. Das Verwaltungsgericht Köln wird voraussichtlich in den nächsten Tagen über ihren Fall entscheiden. Alle drei Vereine nahmen in den vergangenen Jahren am Festival teil.

Quelle:  The European Legal Support Center (ELSC) - Pressemitteilung vom 16.09.2019.

Veröffentlicht am

21. September 2019

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