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Keine großen Worte

Gedanken von Wolfgang Hertle in Trauer und Dankbarkeit an Klaus Vack (17. Mai 1935 - 18. Mai 2019)

Von Wolfgang Hertle

Was Klaus Vack für uns war, das wird er bleiben - ein Radikaler, ein Sozialist, ein Pazifist,  einer, der zeitlebens Menschen bewegen konnte. Aufrechter Gang. Dem Prinzip Hoffnung folgend, ungebrochen. Hanne Vack an seiner Seite. Gelebter Humanismus, verlässlich. Sich einer Welt entgegenstellen, die den Menschen um sein Menschsein bringt.

Untrennbar ist sein Name verbunden mit den Demonstrationen gegen die Remilitarisierung - "Nie wieder Krieg", den Kampagnen zur Kriegsdienstverweigerung, der Unterstützung des algerischen Befreiungskampfes und der Abwerbung von Legionären der französischen Armee, der Ostermarschbewegung, der Kampagne gegen die Notstandsgesetze, der Kampagne für Demokratie und Abrüstung, der Neuen Linken im Sozialistischen Büro, dem Angela-Davis-Solidaritätskongress, der Vietnam-, Chile- und Portugalsolidarität, ungezählten Aktionen der Friedensbewegung, den "Ferien vom Krieg" im zerrütteten ehemaligen Jugoslawien, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie. Das war Klaus Vack sein Leben lang. Das wird er für uns bleiben. (Aus einer Traueranzeige in der Frankfurter Rundschau am 24./25. Mai 2019)

Zu Klaus Vack ließe sich sehr viel sagen. Hier ein Text von Klaus, der 1987 in der Diskussion um Gewalt oder Gewaltfreiheit, die Günther Anders mit seinen Thesen nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl ausgelöst hatte, erschienen ist:

Klaus Vack: Gewalt - ja oder nein. Eine notwendige Diskussion Klaus Vack, Gewalt - ja oder nein. Eine notwendige Diskussion, in: Ein NATUR-Buch, Knaur, 1987.

"Ich möchte Günther Anders, indem er jede Hoffnung in den Wind schlägt und gar glaubt, die gewaltlose Gesellschaft könne nur durch Gewalt erreicht werden, mit einem Zitat aus meiner Verteidigungsrede vor dem Schwäbisch Gmünder Strafrichter Dr. Werner Offenloch, der mich wg. "Nötigung" (sprich: gewaltfreier ziviler Ungehorsam in Mutlangen) bereits dreifach verurteilt hat, antworten:

"Die Herrschenden und ihre Wasserträger wiegen sich in einer falschen Sicherheit, wenn sie sich über Wahlerfolge täuschen lassen und meinen, sie hätten die Menschen hinter sich. Die Raketenstationierung, die Brachialgewalt, mit der in Wackersdorf und andernorts Atompolitik durchzusetzen versucht wird, faustdicke Lügen, wie wir sie nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl aus Politikermund zu hören bekamen, tagtägliche Erfahrungen im Großen und Kleinen darüber, wie unsere Umwelt kaputt gemacht und unsere Gesundheit ruiniert wird, und die Bedrohung durch einen atomaren Holocaust wirken tiefer, als dies an der Oberfläche eines Wahltages sichtbar wird. Dieser Verlust von Glaubwürdigkeit in die herrschende Politik bleibt nicht wirkungslos …

Tausende aktiver Friedens- und Bürgerinitiativen leben von der Ausstrahlungskraft und Anziehungskraft einer politischen Alternative, der es nicht um das große Geld und nicht um Macht geht, die den Gegner nicht klein kriegen oder kaputt machen will, die auf Gewalt nicht mit Gewalt antwortet, die nicht den Sieg und den Triumph, sondern Solidarität unter den Menschen anstrebt … Die Gewaltfreiheit ist eine große demokratische Errungenschaft, weil sie das höchste Menschenrecht ernst nimmt, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Es sei noch angemerkt, daß der gewaltfreie zivile Ungehorsam für diejenigen, die ihn leisten, wahrlich kein Zuckerlecken ist. Und es ist darauf hinzuweisen, daß sich der gewaltfreie zivile Ungehorsam inzwischen so ausgebreitet und intensiviert hat, daß er nicht mehr nur ein kaum noch zu bewältigendes Problem für die Justiz ist, sondern auch zumindest in Mutlangen den Militärverkehr immer effektiver behindert. Es ist das Ziel der Kampagne ziviler Ungehorsam bis zur Abrüstung, nachdem bereits Zehntausende an gewaltfreien Behinderungen des Militärverkehrs teilgenommen haben, eines nicht zu fernen Tages die Raketenbasen durch Sitzdemonstrationen dicht zu machen und die Raketen wieder weg zu demonstrieren. Der herrschenden Gewalt und Zerstörungsdynamik kann in der Industrienation Bundesrepublik Deutschland mit eskalierender Gegengewalt nicht begegnet werden, es sei denn um den Preis des Untergangs. Angesagt gegen herrschende Gewalt und staatliches Gewaltmonopol ist eine gewaltfreie Eskalation des zivilen Ungehorsams."

In dankbarer Erinnerung.

Dr. Wolfgang Hertle (*1946) ist Politologe und Publizist. Er hat 1972 die Graswurzelrevolution gegründet und war jahrelang GWR-Redakteur. Siehe: Eine lebendige "Institution". Zur Geschichte und Zukunft der Graswurzelbewegung und ihres Organs. Ein Interview mit Wolfgang Hertle, in: Bernd Drücke (Hg.), ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert, Unrast Verlag, Münster, November 2018, S. 193 ff.

Quelle: graswurzelrevolution 440 juni 2019.

Fußnoten

Veröffentlicht am

14. Juni 2019

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