Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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pax christi Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart fordert die DIG auf, zu demokratischen Spielregeln zurückzukehren

"Statt sich offen einer Diskussion zu stellen, versuchte die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) den Vortragsabend ‚Die ökonomischen Beziehungen zwischen Europa und Israel - und ihre Auswirkungen auf die palästinensischen Gebiete unter Besatzung’, mit verdeckten Angriffen auf den Referenten und falschen Anschuldigungen gegen den Kooperationspartner pax christi zu verhindern", kritisiert Wiltrud Rösch-Metzler von der pax christi Nahost-AG des Diözesanverbandes Rottenburg-Stuttgart die DIG.Siehe Pressemitteilung der DIG Stuttgart vom 26.03.2019 . Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Shir Hever, Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost und Korrespondent des Real News Network wird am Dienstag, 26. März, von 18:30 - 20:30 Uhr im Haus der katholischen Kirche zu seinem Vortrag erwartet. Veranstalter ist die Katholische Erwachsenenbildung Stuttgart in Kooperation mit: pax christi Rottenburg-Stuttgart (Nahost-AG), Freunde von Sabeel, Förderverein Bethlehem-Akademie Dar al-Kalima, Pro Ökumene und Ohne Rüstung Leben.

Die Jüdische Stimme für gerechten Frieden, zu der der Israeli Hever zählt, hat vor kurzem den renommierten Göttinger Friedenspreis verliehen bekommen. Die Organisation wendet sich nicht gegen Israel, sondern gegen mögliche Menschenrechtsverletzungen in Israel und Palästina. Dass die Organisation auch BDS unterstützt, heißt jedoch nicht, das alle anderen, die mit ihr oder einem Mitglied zu tun haben, in gleicher Weise BDS unterstützen. "An dieser Stelle kommt ein politisch-demagogisches Prinzip ins Spiel", schrieb dazu vor kurzem Micha Brumlik in der taz, "das in den 1950er-Jahren in den USA und auch in den 1970er-Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, der Epoche der ‚Berufsverbote’, den liberalen Diskurs zerstört hat: das Prinzip der ‚Kontaktschuld’. Hat jemand oder eine Gruppe auch nur den geringsten persönlichen Kontakt zu einer als feindlich definierten Gruppe beziehungsweise ihr nahestehenden Personen, dann gilt als ausgemacht, dass die Person oder Gruppe selbst eins zu eins identisch mit der kritisierten und abgelehnten Person oder Gruppe ist." Das Prinzip der Kontaktschuld . Kommentar von Micha Brumlik zum Göttinger Friedenspreis, taz vom 25.02.2019.

Wer die Tagespolitik verfolgt, weiß, dass die Siedlungen, die die israelische Regierung baut, nicht Israel sind, nicht israelisches Staatsgebiet sind, dass diese völkerrechtswidrig sind, weil sie von der israelischen Regierung auf besetztem Gebiet errichtet werden. Diese Bauten sind gegen internationales Recht. Diese Siedlungen, egal ob dort Juden, Christen oder Muslime, israelische Firmen oder internationale Firmen tätig sind, befinden sich nicht in Israel. Die EU verhängt deshalb Zölle bei Waren aus Siedlungen während für das israelische Staatsgebiet in den Grenzen von vor 1967 das EU-Assoziierungsabkommen gilt. Selbst Frau Illi schreibt, dass die Siedlungen im C-Gebiet der Westbank liegen. Das israelisch besetzte C-Gebiet umfasst ca. 60% der Westbank. Wenn man nun davon ausgeht, dass einmal neben dem Staat Israel ein Staat Palästina entstehen sollte, ist dieses C-Gebiet z.B. nach Ansicht der Weltbank, lebenswichtig für ein zukünftiges Palästina. "Indem die Vorsitzende der DIG Region Stuttgart e.V., Frau Illi, den Siedlungsbau nicht in Frage stellt, macht sie sich zum Sprachrohr einer israelischen Ein-Staaten-Lösung, die Internationales Recht und die Menschenrechte der Palästinenser leugnet."

pax christi pflegt seit Jahrzehnten freundschaftliche Kontakte zu israelischen und palästinensischen Friedens- und Menschenrechtsorganisationen. Aus dieser Zusammenarbeit ist auch die Obsttüten-Aktion "Besatzung schmeckt bitter" im Jahr 2012 entstanden. Sie richtete sich nicht gegen Einzelpersonen oder Unternehmen, sondern gegen die strategische Entscheidung der betreffenden Akteure, in völkerrechtswidrigen Siedlungen zu investieren und zu produzieren. Sie wandte sich gegen die politische Entscheidung der israelischen Regierung, trotz jahrelangen Streits auf EU-Ebene auf der Kennzeichnung dieser Waren mit der Ursprungsangabe "Israel" zu beharren. Ebenso richtete sie sich gegen die Untätigkeit der deutschen Behörden, für die Verbraucher Klarheit über die tatsächliche Herkunft der Siedlungsprodukte zu schaffen.

In den Begleitmaterialien zur Aktion "Besatzung schmeckt bitter" der pax christi Nahost-Kommission heißt es unmissverständlich: "Es darf in Deutschland niemals wieder einen Boykott geben, der die Menschenwürde mit Füßen tritt. Deshalb ist es gut und richtig, dass Kaufverzichtsaktionen in der Öffentlichkeit mit besonders wachem und kritischem Blick verfolgt werden. Die Erinnerung an den von Gewalt und antisemitischen Hetzparolen begleiteten Boykott jüdischer Unternehmen im Jahr 1933 muss in unserer Gesellschaft immer Mahnung bleiben. Boykottmaßnahmen, die Menschen Unrecht antun, und zivilgesellschaftliche Aktionen, die Menschen Recht verschaffen wollen, sind jedoch zwei unterschiedliche Dinge. Menschen- und völkerrechtswidrigen Umständen seine Unterstützung zu verweigern, ist eine legitime ethische Entscheidung."

pax christi sieht in den BDS Forderungen keine antisemitische Grundhaltung, da die Existenz Israels in den Grenzen von vor 1967 nicht in Frage gestellt wird. So schrieb das Palestinian Boycott, Divestment and Sanctions National Committee (BNC) aus Ramallah an die Stadträtinnen und Stadträte der Landeshauptstadt München am 21.11.2017 klarstellend zu dieser Frage: "Das Ziel der Beendigung der israelischen Besatzung und Kolonialisierung aller arabischen Gebiete im BDS-Aufruf bezieht sich nicht auf das international anerkannte Territorium des Staates Israel: Gemäß humanitärem Völkerrecht ist ein Besatzungsregime immer ein temporäres Militärregime. Dieses Ziel bezieht sich daher auf alle arabischen Gebiete, die 1967 von Israel militärisch besetzt wurden und bis heute von der UNO als ´seit 1967 besetzte arabische Gebiete ´ bezeichnet werden: das palästinensische Westjordanland (inklusive Ostjerusalem) und der Gazastreifen; sowie die syrischen Golanhöhen. Kolonialisierung bezieht sich auf Israels völkerrechtswidrige Siedlungs- und Annexionspolitik in diesen besetzten Gebieten…"

Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, hat 2016 erklärt: "Die EU schützt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Übereinstimmung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auf dem Gebiet aller EU-Mitgliedsstaaten anwendbar ist, auch im Hinblick auf die in diesem Gebiet durchgeführten BDS-Maßnahmen." Auf die Frage nach der Einschätzung der EU-Kommission zu den Aussagen des israelischen Geheimdienstministers Yisrael Katz, dass mit "gezielten zivilen Eliminierungen" gegen palästinensische und internationale "Führer_innen" der BDS-Bewegung vorgegangen werden sollte, antwortete Mogherini, dass "die EU Drohungen und Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger_innen unter allen Umständen und entschieden verurteilt."

Quelle: pax christi Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart - Pressemitteilung vom 26.03.2019.

Fußnoten

Veröffentlicht am

26. März 2019

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