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Reaktion auf Angriff der Türkei in Syrien: Der UN-Sicherheitsrat ist uneins

Das Gremium hat es nicht geschafft, eine gemeinsame Erklärung zu der Offensive abzugeben. Gab es vor der Invasion Absprachen?

Von Andreas Zumach

Der UN-Sicherheitsrat in New York hat am Montagabend über die militärische Invasion der Türkei gegen Kurdenmilizen im Nachbarland Syrien beraten. Auf eine gemeinsame Erklärung konnten sich die TeilnehmerInnen nicht einigen. Die Kämpfe um die Stadt Afrin dauerten auch in der Nacht an. VertreterInnen deutscher Oppositionsparteien kritisieren die türkische Militäroperation als "völkerrechtswidrig" und fordern von Bundeskanzlerin Angela Merkel Aufklärung über den Einsatz deutscher Panzer durch die türkischen Invasionstruppen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich von jeglicher Kritik unbeeindruckt und erklärte, die Militäroperation werde bis zum Erreichen ihres erklärten Ziels, der Schaffung einer 30 Kilometer breiten "Sicherheitszone" südlich der syrisch-türkischen Grenze fortgesetzt. "Afrin wird abgeschlossen. Es gibt keinen Schritt zurück aus Afrin", sagte er in Ankara.

Der Sicherheitsrat konnte sich bei seinen von Frankreich beantragten Beratungen nicht auf eine Resolution und noch nicht einmal auf eine gemeinsame Erklärung zu der türkischen Militäroperation einigen. SitzungsteilnehmerInnen äußersten gegenüber der taz, dass von den fünf ständigen, vetoberechtigten Ratsmitgliedern lediglich Frankreich für eine gemeinsame Erklärung plädierte, dafür aber keine Unterstützung von Russland, China und Großbritannien erhielt. Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley nahm überhaupt nicht an der Sitzung

Die Militäraktion sei "natürlich Teil der Diskussion gewesen", erklärte der französische UN-Botschafter François Delattre im Anschluss an die Beratungen. "Der Ruf nach Zurückhaltung wurde, glaube ich, in der Diskussion weitgehend geteilt."

Bereits vor der türkischen Militäroperation war geplant gewesen, dass der UN-Sicherheitsrat einen Bericht des UN-Nothilfekoordinators Mark Lowcock über die humanitäre Lage in Syrien anhören würde. Auf Antrag Frankreichs wurden die türkische Invasion in Afrin und die Offensive syrischer Regierungstruppen in Idlib sowie in Ost-Ghuta nahe der Hauptstadt Damaskus zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt.

Delattre verwies auf die "tragische humanitäre Situation, verursacht durch die Operationen des syrischen Regimes und seiner Verbündeten" vor allem in Idlib und Ost-Ghuta. Die Lage in Afrin sei nur ein Aspekt "der Situation in Syrien". "Oberste Priorität" müsse weiterhin der Kampf gegen den Terrorismus und vor allem gegen den IS haben.

Die Vorfälle im Sicherheitsrat erweckten bei Beobachtern den Verdacht, dass es vor Beginn der türkischen Militäroperation zumindest zwischen den Regierungen in Ankara und Moskau eine Absprache gab, an der möglicherweise auch Washington beteiligt war: Russland signalisiert der Türkei freie Hand für die Militäroperation gegen die syrischen Kurdenmilizen.

Im Gegenzug billigt Ankara die von Russland unterstützte Offensive der syrischen Regierungstruppen gegen die bislang von Ankara unterstützten islamistischen Rebellen in der Provinz Idlib.

Kritik von der Opposition

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff äußerte indirekt den Verdacht, dass auch die Bundesregierung Ankara im Vorfeld grünes Licht für die Militäroperation signalisiert habe, zumindest für den Einsatz deutscher Panzer. Gegenüber der Heilbronner Stimme erklärte der Vizefraktionschef der FDP: "Ich stelle mir die Frage, ob sich der türkische Außenminister Çavusoglu bei seinem Besuch in Goslar bei Außenminister Sigmar Gabriel eine Art Stillhaltezusage abgeholt hat." Lambsdorff betonte, die "Invasion der Türkei" sei "völkerrechtlich durch nichts legitimiert". Es gebe "kein Mandat der Vereinten Nationen und es handele sich auch nicht um Selbstverteidigung. Alle Staaten sollten die Türkei zur Beendigung der Aktion aufrufen und sie auffordern, stattdessen an einer politischen Lösung mitzuarbeiten.

Die Linke pochte auf eine Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der kommenden Woche. Angesichts des Einmarschs türkischer Streitkräfte in die kurdische Region Afrin müsse Merkel ihre Türkei-Politik erklären, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Auch die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger übte scharfe Kritik am mutmaßlichen Einsatz von deutschen Panzern. "Der sofortige Stopp aller Rüstungsexporte in die Türkei ist längst überfällig. Das gilt auch für die von der türkischen Regierung geforderte Aufrüstung der Leopard-2-Panzer", sagte Brugger der Heilbronner Stimme. Die Politik von Kanzlerin Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel gegenüber Präsident Erdogan sei "desaströs gescheitert".

Quelle: taz - 23.01.2018. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

25. Januar 2018

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