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Syrien-Verhandlungen in Genf: Sie reden nicht miteinander

Auch die achte Runde der Genfer Syrien-Gespräche geht ohne Ergebnis auseinander. Der UN-Vermittler macht die Assad-Regierung dafür verantwortlich.

Von Andreas Zumach

Auch die achte Runde der Genfer Syrienverhandlungen ist am Donnerstagabend ergebnislos zu Ende gegangen. UNO-Vermittler Staffan de Mistura machte auf einer Pressekonferenz die Delegation der Regierung von Syriens Präsident Bashar al-Assad für das Scheitern verantwortlich.

Wie auch in allen vorangegangen sieben Verhandlungsrunden seit Januar 2016 habe sich die Regierung geweigert, über die vom UNO-Sicherheitsrat vorgegebenen Themen "Übergangsregierung, neue Verfassung und Neuwahlen" zu sprechen. Stattdessen habe sie "nur Interesse an dem Thema "Bekämpfung des Terrorismus" in Syrien gezeigt" und sei "nicht bereit gewesen, über irgendein anderes Thema zu sprechen", betonte de Mistura.

Dagegen sei die syrische Opposition "bei allen Themen sehr engagiert gewesen". Der UNO-Vermittler zeigte sich zudem "sehr enttäuscht", dass die Regierungsdelegation auch weiterhin "jeden direkten Kontakt mit der Oppositionsdelegation verweigert" habe. Die Regierungsdelegation sei "überhaupt nicht willig, irgendjemanden zu treffen, der eine andere Meinung hat", erklärte der UNO-Vermittler. Daher habe es erneut "nur getrennte bilaterale Gespräche" zwischen ihm und den beiden Delegationen gegeben.

Der Leiter der Regierungsdelegation, Syriens UNO-Botschafter Baschar Al-Dschaafari, machte hingegen die Oppositionsdelegation für das Scheitern verantwortlich, weil sie "als Vorbedingung für Verhandlungen" den Rücktritt Assads gefordert habe.

Streitpunkt Vorbedingungen

Dieser Darstellung widersprach der UNO-Vermittler ausdrücklich, und erklärte, Al-Dschaafari habe seinerseits im Gespräch mit ihm "unakzeptable Vorbedingungen gemacht". Von der Opposition seien "keine Vorbedingungen für Verhandlungen gekommen," sondern sie habe lediglich "politische Forderungen auf den Verhandlungstisch gelegt".

Vor Beginn dieser achten Verhandlungsrunde hatte das Oppositionsbündnis, dem zahlreiche säkularen wie islamische politische Gruppierungen und Rebellenmilizen angehören, gefordert, dass Assad einer noch zu vereinbarenden Übergangsregierung nicht mehr angehören dürfe.

Diese Forderung ist im Rahmen des vom UNO-Sicherheitsrat vorgegebenen Verhandlungsrahmens völlig legitim- ganz unabhängig davon, ob es aus manchen Gründen viel klüger wäre, das syrische Volk in freien, von der UNO durchgeführten Wahlen über das künftige politische Schicksal Assads entscheiden zu lassen.

In seiner einstimmig verabschiedeten Resolution 2254 hatte der Sicherheitsrat im Dezember 2015 den Fahrplan für die Genfer Verhandlungen beschlossen mit den vier Etappenzielen Waffenstillstand, Bildung einer Übergangsregierung, Ausarbeitung einer neuen Verfassung sowie Parlaments-und Präsidentschaftswahlen.

Assads Regierung wirft dem UN-Vermittler Parteilichkeit vor

Über die Mitglieder einer künftigen Übergangsregierung müsse "im gegenseitigen Einvernehmen" entschieden werden, heißt es in der Resolution. Auf diese Formulierung hatten sich die Außenminister der fünf Vetomächte des Sicherheitsrates (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) bereits in ihrem "Genfer Kommuniqué" vom 30. Juni 2012 geeinigt.

Gemäß dieser Formulierung kann sowohl die Opposition eine Beteiligung Assads an einer Übergangsregierung ablehnen, wie umgekehrt die Regierung eine Teilnahme von ihr nicht genehmen Personen aus dem Spektrum der Oppositionsgruppen und Rebellenmilizen.

Alle seit Sommer 2012 verabschiedeten Resolutionen und Erklärungen des Sicherheitsrates und anderer Institutionen der UNO zum Syrienkonflikt nehmen ausdrücklich Bezug auf das Genfer Kommunique.

Der syrische Delegationsleiter warf de Mistura zudem vor, er habe sich "parteiisch verhalten" und seine "Position als Vermittler untergraben", weil er in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen "Neuwahlen in Syrien gefordert" habe. Diese Behauptung Al-Dschaafaris ist falsch. In dem Interview am Dienstag dieser Woche hatte der UNO-Vermittler lediglich an die öffentliche Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach seinem Treffen mit Assad am 20. November in Sotschi erinnert. Putin hatte erklärt, Assad sei jetzt "zu Kompromissen bereit" und habe "der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Durchführung von Wahlen zugestimmt".

Wird es eine neunte Runde geben?

Im Vorfeld dieser Erklärung Putins hatte de Mistura den Regierungen in Moskau und Damaskus signalisiert, er wolle nur diese beiden Themen auf die Tagesordnung der achten Verhandlungsrunde setzen und das bei der Regierung Assad besonders unbeliebte Thema Übergangsregierung zunächst zurückstellen.

Diese Entscheidung de Misturas erregte wiederum bei einigen Mitgliedern der Oppositionsdelegation den Verdacht der Parteilichkeit des UNO-Vermittlers zu Gunsten der syrischen Regierung.

Dieser Verdacht war schon einmal aufgekommen, als de Mistura bei der vierten Genfer Verhandlungsrunde im Februar dieses Jahres zusätzlich zu den drei vom Sicherheitsrat vorgegebenen Verhandlungspunkten auch die "Bekämpfung des Terrorismus" zu einem Verhandlungsthema machte. Das hatte die Regierungsdelegation damals zur Bedingung gemacht für ihre weitere Teilnahme an den Verhandlungen.

Bevor er die beiden Delegationen eventuell zu einer neunten Verhandlungsrunde nach Genf einlädt, will de Mistura zunächst den UNO-Sicherheitsrat und Generalsekretär Antonio Guterres konsultieren.

Quelle: taz - 15.12.2017. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

17. Dezember 2017

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