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“Eigentum ist Diebstahl”

Von Ullrich Hahn Ullrich Hahn trug seine Gedanken in einem Workshop bei der Herbsttagung des Internationalen Versöhnungsbundes, von Quäkern, Mennoniten und Church and Peace mit dem Thema "Es war kein Mangel unter ihnen" vom 25.-27.11.2016 auf dem Thomashof in Karlsruhe vor.

1. Pierre-Joseph Proudhons Urteil "Eigentum ist Diebstahl" hat seit 1840 nichts an Aktualität verloren: Über die Lebensverhältnisse, den Alltag und die Zukunft des größten Teils der Menschheit bestimmen weniger die politischen Regierungen der Staaten, sondern die Klasse derer, die über das fremdgenutzte Vermögen dieser Erde verfügen.
Die ungleiche Verteilung der Vermögen durch Zahlen - global und auf Deutschland bezogen, hat Adelheid Biesecker schon gezeigt. Zahlen zum Immobilien-Vermögen (etwa 70 % des Volksvermögens) machen deutlich, dass ein überwiegender Teil des Vermögens nicht selbst genutzt wird.

2. Die Verfügungsgewalt über fremd genutztes Vermögen versteckt sich zu Unrecht hinter dem grundrechtlichen Schutz des Eigentums (Art. 14 GG). Dieser Schutz hat seinen historischen Ursprung im jahrhundertelangen Kampf um menschliche Freiheitsrechte.
Die Forderung der leibeigenen Bauern war Freiheit und Eigentum; Freiheit von Zwangsdiensten für die Grundherren und Abgaben an sie, Eigentum am selbst genutzten Boden und an dessen Ertrag.

3. Eigentum als Freiheitsrecht kann sich aber immer nur auf das selbst genutzte Vermögen beziehen. Nur insoweit ist die Sachherrschaft über die Dinge, die wir zur eigenen Lebensgestaltung benötigen (Wohnung, Hausrat, etc.) Voraussetzung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit und gehört damit zur Freiheit der Person (Art. 2 GG).

4. Wo die Sachherrschaft über den Bereich des selbst genutzten Eigentums hinaus geht, verliert das Eigentum den Charakter des Freiheitsrechts und wird zum Herrschaftsrecht über die Menschen, die auf dieses Mehr an Eigentum zur eigenen Selbstgestaltung angewiesen sind. Soweit Menschenrechte als Freiheitsrechte verstanden werden, gibt es keinen Grund, dieses Mehr an Eigentum als Grundrecht zu schützen.

5. Fremdherrschaft beginnt zwar schon im Kleinen, wo die Personen von Vermieter und Mieter, Unternehmer und Angestellten, sich gegenübertreten. Diese Beziehungen sind aber noch offen für eine verträgliche Gestaltung.
Die anonyme Herrschaft beginnt aber spätestens dann, wenn das Eigentum die Form als Kapital annimmt und die Anteilseigner nur noch Interesse am Ertrag / der Verzinsung haben und eine mitmenschliche Beziehung zu den Arbeitenden oder auf den Wohnraum angewiesenen Menschen entfällt.

6. Die Fremdherrschaft von Kapital und Eigentum lässt sich durch eine höhere Besteuerung (Vermögenssteuer, Anhebung des Spitzensteuersatzes, etc.) allenfalls in ihren Folgen auf die Differenz von Arm und Reich etwas mildern, aber nicht überwinden.
Zur Befreiung von dieser Art Fremdherrschaft tut Enteignung not:
a. durch Rückführung von Vermögen in Gemeinschaftseigentum, das insoweit unverkäuflich sein muss, wie die Existenz aller Menschen davon abhängt: Boden, Wasser, Luft und Licht.
Nutzungsverhältnisse am Boden können über Erbpachtverhältnisse geregelt werden.
b. Das Erbrecht und die Besteuerung von Nachlässen gibt darüber hinaus die rechtliche Möglichkeit, selbst bei großen Freibeträgen für die Weitergabe selbst genutzten Eigentums fremd genutztes Eigentum in öffentliche Rechtsformen (Stiftungen, kommunales Eigentum) zu überführen.

7. Eine politische Umsetzung der rechtlichen Begrenzung des grundrechtlich geschützten Eigentums, wie es in Art. 14 und 15 GG schon angedacht war, ist nicht in Sicht.
Dagegen stehen schon die Ängste derer, deren selbst genutztes Eigentum von einer solchen Reform gar nicht betroffen wäre.
Schon vieles wäre gewonnen, wenn es über die Frage des Eigentums überhaupt zu einem öffentlichen Diskurs käme.

Fußnoten

Veröffentlicht am

05. Dezember 2016

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