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Neue AKW nach Fessenheim?

Im Zusammenhang mit der aktuellen Abschaltdebatte um das älteste französische AKW, hat der Fessenheimer Bürgermeister Claude Brender jetzt den Bau eines neuen Atomkraftwerks in die Debatte eingebracht und damit eine rege Diskussion ausgelöst.

Nach Ansicht von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer ist ein Neubau von AKW aber nur noch dort möglich, wo der Atomfilz stark ist, wo die Marktwirtschaft nicht funktioniert, wo Autokraten herrschen oder wo militärische Gründe eine Rolle spielen.

Die Grund-Gefahren der Atomenergie sind auch bei neuen AKW gegeben. Auch neue große Euroreaktoren produzieren Atommüll, der eine Million Jahre sicher gelagert werden muss. In jedem alten und neuen AKW entsteht in einem Jahr für jedes Megawatt elektrischer Leistung ungefähr die kurz- und langlebige Radioaktivität von einer Hiroshima-Bombe. Bei zwei Euroreaktoren à 1.600 MW wäre das im Jahr die Radioaktivität von 3.200 Hiroshima-Bomben. Und überall, wo Menschen arbeiten, gibt es auch unvorhersehbare Fehler.

Die (nicht nur) von den Lobbyisten der EU-Kommission geförderten neuen, kleinen Thorium-Atomkraftwerke kämen für Fessenheim nicht in Betracht. Ein zentrales Risiko der vielen neuen Kleinreaktoren wird in der geschickten, aktuellen PR-Kampagne gezielt ausgeklammert. Viele kleine Reaktoren sind viele kleine, zwangsläufig schlecht gesicherte, potentielle Anschlagsziele. Die Idee der Verbreitung von vielen kleinen AKW auf der Welt ist ein atomarer Alptraum, passt allerdings auch gut ins zerstörerische Zeitalter des Anthropozän.

Seit 45 Jahren kämpft die trinationale Umweltbewegung am Oberrhein aus Menschenschutz-Gründen gegen AKW. Doch zwischenzeitlich sind es durchaus auch ökonomische Gründe, die gegen die Atomkraft sprechen. Deutlich wird das an den implodierten Aktienkursen der AKW-Betreiber und AKW-Bauer EDF und AREVA. Im Gegensatz zu manchen Politikern haben die Aktionäre Fukushima verstanden.

Eine neue Studie des Berliner Prognos-Instituts sagt:

"Neue Wind- und Solarkraftwerke können Strom zu bis zu 50 Prozent niedrigeren Erzeugungskosten liefern als neue Kernkraftwerke oder Kohlekraftwerke mit Kohlendioxidabscheidung."

Atomstrom wird immer teurer, Strom aus Wind und Sonne immer kostengünstiger. Die Hoffnung einer alten, immer noch mächtigen Lobby, auf neue AKW, ist auch ein Grund, warum in Deutschland so viele industrienahe "Tarnkappenorganisationen" die Energiewende bekämpfen.

Die EDF sollte sich freuen, wenn sie 450 Millionen Euro "Entschädigung" vom französischen Staat für die Fessenheim-Stilllegung erpressen kann. Was Atomkraftwerke tatsächlich wert sind, hat sich in der Schweiz gezeigt. Dort ist kürzlich der Eigentümer der beiden jüngsten AKW an die EDF herangetreten und wollte dem französischen Staatskonzern die Kraftwerke schenken , doch die EDF hat dankend abgelehnt. Es ist mehr als verwunderlich, dass die Medien über diesen unglaublichen Vorgang nicht intensiver berichtet haben.

Der Neubau eines Atomkraftwerks in Fessenheim (und anderswo) ist neben den Umweltgesichtspunkten - auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen - heute nicht mehr möglich. Die beiden extrem teuren Dauerbaustellen - AKW Olkiluoto/Finnland und Flamanville/Frankreich - sind hoch subventioniert. Beim unrentabelsten und teuersten AKW der Welt, das gegen jede ökologische und ökonomische Vernunft in Hinkley Point/Grossbritannien gebaut werden soll, geht es nur nebenbei um die Stromversorgung. Tatsächlich ist Hinkley Point C ein militärisches Projekt, das für die Erneuerung der Atom-U-Boot-Flotte Trident wichtig ist. Hinkley Point C wäre kein Vorbild für Fessenheim.

Fessenheim war und ist kein Standort für Atomkraftwerke. Der Fessenheimer Bürgermeister Claude Brender kann sich sicher sein, dass es am Oberrhein ein großes Interesse gibt, umweltfreundliche, nachhaltige Industrien in der kleinen Rheingemeinde anzusiedeln.

Quelle: BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein , 30.01.2017.

Veröffentlicht am

01. Februar 2017

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