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Maghreb-Staaten sind keine sicheren Herkunftsstaaten

PRO ASYL lehnt Gesetz ab

PRO ASYL lehnt die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten am 13. Mai 2016 durch den Bundestag ab. Staaten, in denen gefoltert wird, demokratische Grundrechte missachtet und die Menschenrechte verletzt werden, sind keine sicheren Herkunftsstaaten. Die Bundesregierung beschönigt die Lage und ignoriert Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern.  PRO ASYL hält dieses Gesetz für verfassungswidrig.

PRO ASYL kritisiert, dass allein nach politischen Erwägungen entschieden wird. Der Gesetzgeber muss aber gemäß den Leitlinien des Verfassungsgerichts die Rechtslage, die Rechtsanwendung und die allgemeinen politischen Verhältnisse in den betreffenden Staaten untersuchen. Staatliche Repression, Folter und die Verfolgung von Minderheiten sind asylrelevante Tatsachen, die nicht aus politischem Opportunismus bagatellisiert werden dürfen.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts heißt es: "Das Konzept sicherer Herkunftsstaaten gerät indes schon ins Wanken, wenn ein Staat bei genereller Betrachtung überhaupt zu politischer Verfolgung greift, sei diese auch (zur Zeit) auf eine oder einige Personen- oder Bevölkerungsgruppen begrenzt. Tut er dies, erscheint auch für die übrige Bevölkerung nicht mehr generell gewährleistet, dass sie nicht auch Opfer asylrechtlich erheblicher Maßnahmen wird."

Die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat hat zur Folge, dass in den Asylverfahren die Fluchtgründe praktisch nicht mehr ermittelt werden. Der Kern des Asylverfahrens ist jedoch die individuelle Prüfung des Antrags auf Schutz.

Zur Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten

Homosexualität ist in allen drei Staaten strafbar. Schwule oder Lesben, die ihre Sexualität offen ausleben, können dafür ins Gefängnis wandern. In Gefängnisse, in denen Amnesty sogar Fälle von Folter dokumentiert hat. Doch das scheint für die Bundesregierung kein Problem darzustellen: "Homosexualität wird für die Behörden [in Algerien] dann strafrechtlich relevant, wenn sie offen ausgelebt wird." Homosexuelle können also problemlos abgeschoben werden, schließlich könnten sie ihre Sexualität einfach geheim halten.

Algerien

Die Menschenrechtslage in Algerien entspricht nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an einen sicheren Herkunftsstaat. So ist die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit nicht gewährleistet und die Meinungs- und Pressefreiheit beschränkt. Weitere Menschenrechtsdefizite sind die weitreichende Korruption, die Bedingungen in Gefängnissen und die Misshandlungen von Inhaftierten, Gewalt gegenüber und Diskriminierung von Frauen und die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten. Auch kommt es bei der Terrorismusbekämpfung zu Folterfällen.

Marokko

Marokko ist kein demokratischer Staat. Die Behörden schränken das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit massiv ein. Das US Departement of State hat zudem Folterfälle in Marokko festgestellt und kritisiert die Korruption in allen Regierungsbereichen und das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit. Frauen sind durch die Gesetze nur unzureichend vor sexueller Gewalt geschützt und Homosexualität kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Allein der Westsahara-Konflikt reicht aus, um Marokko nicht als sicheren Herkunftsstaat einzustufen: Marokko hat seit 1975 große Teile der Westsahara annektiert und geht massiv gegen sahrauische Aktivisten vor.

Tunesien

Bezogen auf Tunesien reichen die Ausführungen der Bundesregierung selbst zur Menschenrechtslage schon aus, um zu verdeutlichen, dass Tunesien kein "sicherer Herkunftsstaat" ist. Der Gesetzentwurf selbst bestätigt, dass es zu extralegalen Tötungen in Haft sowie zu Folterfällen gekommen ist und dass eine Bestrafung von homosexuellen Handlungen praktiziert wird, die flüchtlingsrechtlich nicht anders als Verfolgung einzustufen ist. Schon der Gesetzentwurf selbst macht also deutlich, warum sich die Einstufung von Tunesien als sicherer Herkunftsstaat nicht rechtfertigen lässt.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Pressemitteilung vom 13.05.2016.

Veröffentlicht am

17. Mai 2016

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