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Daniel Berrigans Leben und Tod

Von John Dear

Der bekannte Antikriegsaktivist, preisgekrönte Dichter, Autor und Jesuitenpriester Rev. Daniel Berrigan, der den religiösen Widerstand gegen den Vietnamkrieg und später gegen die Atomwaffen-Industrie der USA inspirierte, starb am 30. April 2016 im Alter von 94 Jahren, nur eine Woche vor seinem 95. Geburtstag.

Er starb in der Krankenstation der Murray-Weigel Hall in der Bronx an natürlichen Ursachen. Erst letzte Woche hatte ich ihn besucht. Schon seit Langem wurde sein Gesundheitszustand immer schlechter.

Dan Berrigan veröffentlichte in seinem außergewöhnlichen Leben 50 Bücher: Gedichte, Essays, Tagebücher und Kommentare zur Heiligen Schrift und dazu das Theaterstück The Trial of the Catonsville Nine Der Prozess gegen die Neun von Catonsville. Berrigan, Daniel. - Frankfurt (am Main): S. Fischer, 1972 und in Theater heute, Bd. 12 (1971), 10, S.38-47.. Am bekanntesten wurde er jedoch dafür, dass er gemeinsam mit seinem Bruder Philip und sieben anderen am 17. Mai 1968 in Catonsville in Maryland Einberufungsbefehle mit selbstgemachtem Napalm verbrannte. http://wagingnonviolence.org/feature/how-the-catonsville-nine-survived-on-film/ und https://en.wikipedia.org/wiki/Catonsville_Nine . Damit entzündete er sich dann im ganzen Land ausbreitende Proteste gegen den Vietnamkrieg, darunter auch zunehmenden Widerstand religiöser Gemeinschaften. Er war der erste Priester in den USA, der jemals wegen des Protestes gegen Krieg verhaftet wurde. Dies geschah am Pentagon im Oktober 1967 anlässlich der nationalen Mobilmachung gegen den Vietnamkrieg. Er wurde seit damals hunderte von Malen verhaftet, als er gegen Krieg und Atomwaffen protestierte. Er verbrachte zwei Jahre seines Lebens im Gefängnis und wurde wiederholt für den Friedensnobelpreis nominiert.   

Daniel Berrigan wurde den Eheleuten Thomas und Frieda Berrigan am 9. Mai 1921 in Virginia in Minnesota als fünfter von sechs Jungen geboren. Seine Familie zog später nach Syracuse in  New York, wo die Jungen katholische Grundschulen besuchten. Nach der Highschool bewarb sich Berrigan bei der Gesellschaft Jesu, dem katholischen religiösen Orden, der auch "Jesuiten" genannt wird. Im August 1939 begann er mit dem Jesuiten-Noviziat in St. Andrew-on-the-Hudson nahe Poughkeepsie in New York.

Gemeinsam mit anderen Novizen absolvierte er die geistlichen Übungen des heiligen Ignatius: 30 Tage dauernde Schweige-Exerzitien. Zwei Jahre lang studierte er Philosophie, lehrte dann von 1946-1949 am St. Peter’s Prep in Jersey City in New Jersey und studierte schließlich von 1949-1953 an der Weston School of Theology in Cambridge in Massachusetts.

Am 21. Juni 1952 wurde Berrigan in Boston zum Priester geweiht. 1953 reiste er zum traditionellen, "Terziat" genannten Jesuiten-Sabbatjahr nach Frankreich. Dort erweiterte sich sein Horizont, als er die französischen "Arbeiterpriester" kennenlernte. Er kehrte in die USA zurück und unterrichtete bis 1957 am Brooklyn Prep. Dann wechselte er zum LeMoyne College in Syracuse in New York, wo er bis 1962 Neues Testament lehrte. Dort gründete er  "International House", eine Gemeinschaft von Studentenaktivisten, die in Solidarität mit den Armen der "Dritten Welt" leben wollten. Das Projekt gibt es noch heute.

1957 veröffentlichte Berrigan sein erstes Buch mit Gedichten unter dem Titel Time Without Number. Das Buch wurde mit dem Lamont Poetry Award ausgezeichnet und für den National Book Award nominiert. Sein Gedicht Credentials hatte zunächst die Aufmerksamkeit der Dichterin Marianne Moore auf sich gezogen, die seine Gedichte Verlegern empfahl und ihm eine Freundin wurde.

Mit diesem ersten Buch begann Berrigan damit, sein Leben lang in jedem Jahr ein oder zwei Bücher mit Gedichten und Prosa zu veröffentlichen. Zu seinen frühen Büchern gehören:
The Bride: Essays in the Church, Encounters, The Bow in the Clouds, The World for Wedding Ring, No One Walks Waters, They Call us Dead Men, Love, Love at the End und False Gods - Real Men.

Daniel wurde die Erlaubnis verweigert, seinen jüngeren Bruder Philip, der Iosifljaner-Priester https://www.heiligenlexikon.de/BiographienJ/Joseph_von_Volokolamsk.htm . war, auf einer Freiheitsfahrt durch den Süden zu begleiten, deshalb ging er 1963 für ein weiteres Sabbatjahr nach Paris und dann in die Tschechoslowakei, nach Ungarn und Südafrika. Bei seiner Rückkehr begann er damit, sich gegen das militärische Engagement der USA in Vietnam auszusprechen und gründete mit anderen die Catholic Peace Fellowship. 1964 nahm er gemeinsam mit seinem Bruder Philip, A.J. Muste, Jim Forest und anderen Friedensstiftern an einer Retreat teil, zu der Thomas Merton in die Abtei Gethsemani eingeladen hatte. Diese Retreat bedeutete für Merton und die Brüder Berrigan einen Wendepunkt: Sie verpflichteten sich, sich gegen Krieg und Atomwaffen auszusprechen und die christliche Friedensstiftung zu unterstützen.

Merton berichtet von dieser Begegnung mit Berrigan in den frühen 1960er Jahren in  Conjectures of a Guilty Bystander. Darin nennt er Berrigan "eine ganz und gar gewinnende und warme Intelligenz und einen Mann, der, denke ich, mehr als irgendein anderer, dem ich jemals begegnet bin, das wahrhaft weite und einfache Herz eines Jesuiten hat: Eifer, Mitgefühl, Verständnis und unbefangene religiöse Freiheit. Wenn man ihn nur sieht, setzt man wieder Hoffnungen in die Kirche."

1965 marschierte Berrigan in Selma Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Selma-nach-Montgomery-M%C3%A4rsche und https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/009111.html ., wurde Redaktionsassistent von Jesuit Missions und gründete gemeinsam mit Rabbi Abraham Heschel Clergy and Laity Concerned about Vietnam. Er hatte einen aufreibenden Wochenterminplan mit Ansprachen im ganzen Land, den er bis vor etwa 10 Jahren weiter ausführte.

Im November 1965 verbrannte sich der junge Catholic Worker Roger LaPorte vor dem Gebäude der Vereinten Nationen. Nachdem Berrigan anlässlich eines privaten Gottesdienstes für LaPorte gesprochen hatte, wurde ihm von seinen Jesuiten-Oberen befohlen, sofort das Land zu verlassen. Berrigan ging auf eine sechsmonatige Reise durch Lateinamerika. Seine Ausweisung verursachte in allen Medien des Landes großes Aufsehen. 1967 kehrte Berrigan nach New York zurück und wurde der erste katholische Kaplan an der Cornell University. In seinem Buch Consequences: Truth and… beschreibt er seine Reise nach Selma, Südafrika und Lateinamerika.

Am 22. Oktober 1967 wurde Berrigan zum ersten Mal verhaftet und mit ihm Hunderte von Studenten, die vor dem Pentagon protestierten. "Zum ersten Mal", schrieb er in seinem Tagebuch im District-of-Columbia-Gefängnis, "zog ich die blauen Hosen und das blaue Baumwollhemd des Gefängnisses an, eine klerikale Kleidung, die ich einer neuen Kirche wärmstens empfehle." Im Februar 1968 reiste er gemeinsam mit Howard Zinn nach Nordvietnam, um dort drei Angehörige der US-Air Force, die freigelassen worden waren, in Empfang zu nehmen. Während sie auf ihr Treffen mit dem Vietkong warteten, suchten sie in einem Schuppen in Hanoi Schutz, während um sie her die Bomben der USA fielen. Sein Tagebuch von dieser Reise nach Nordvietnam Night Flight to Hanoi wurde noch im selben Jahr veröffentlicht.

Am 17. Mai 1968 verbrannte Daniel in Catonsville in Maryland gemeinsam mit seinem Bruder Philip und sieben anderen 378 A-1-Einberufungsbefehle. Damit protestierten sie gegen den Vietnamkrieg. "Wir entschuldigen uns dafür, gute Freunde", schrieb Dan in der Erklärung der Neun in Catonsville, "dass wir die gute Ordnung durchbrechen und Papier statt Kindern verbrennen und dass wir die Ordnungsliebenden vor der Eingangshalle des Gebeinhauses erzürnen. Wir konnten nicht anders, Gott helfe uns!" Ihre Aktion bekam sehr viel nationale und internationale Presse und führte zu Hunderten ähnlicher Demonstrationen. Nach einem brisanten drei Tage währenden Prozess im Oktober wurde Daniel der Zerstörung von Eigentum schuldig gesprochen.

In seiner Autobiografie To Dwell in Peace stellt Berrigan Überlegungen über die Wirkung des Protests von Catonsville an:

"Es war ein kläglicher Akt, ein winziges Leuchtzeichen inmitten des verzehrenden Feuers des Krieges. Aber Catonsville war wie eine Feuerschneise: ein kleines Feuer, das angezündet wurde, um ein großes einzudämmen und zu besiegen. Zeit und Ort waren eigenartig richtig. Sie sprachen für Leidenschaft, Symbol, Repressalie. Catonsville scheint die dunklen Stellen des Herzens aufzuhellen, den Ort, wo Mut und Risiko und Hoffnung auf ein Signal, eine Morgendämmerung,  warten", schrieb er. "Unser ganzes Leben lang würden in Herzen und Gemütern, in Einberufungsbehörden, in Gefängnissen und Gerichten die Feuer brennen und brennen. Ein neues Feuer, neu wie ein Pfingsten, flammte in abgestumpften und hoffnungslosen Augen auf, die edlen Kräfte der Seele wurden den ‚Mächten der oberen Sphäre’ übergeben. - ‚Da kann man nichts machen!’ Wie oft hatten wir diesen Stoßseufzer gehört: den letzten Seufzer des Menschen, der Seele, der Freiheit. Tatsächlich konnte etwas getan werden und das wurde es. Und würde es in Zukunft." 

Dem Protest der Neun von Catonsville folgten viele weitere Proteste in aller Welt. Zum Teil  wurden diese von der Erschütterung durch zwei katholische Priester veranlasst, die für ihren Friedensprotest Gefängnisstrafen in Kauf nahmen.

In seinem Bestseller 1969 No Bars to Manhood schrieb Berrigan: "Wir beanspruchen den Namen Friedensstifter, aber wir sind im Großen und Ganzen nicht willens, einen hohen Preis zu zahlen. Und weil wir den Frieden nur mit halbem Herzen und halbem Leben und Willen wollen, geht der Krieg natürlich weiter, weil Kriegführen seinem Wesen nach total ist, Frieden aber wegen unserer Feigheit nur partiell … Es gibt keinen Frieden, weil es keine Friedensstifter gibt. Es gibt keine Friedensstifter, weil Friedenstiften wenigstens ebenso viel kostet wie Kriegführen oder wenigstens so zwingend, wenigstens so zerstörerisch, wenigstens ebenso verantwortlich dafür ist, Schande und Gefängnis und Tod mit sich zu bringen." 

Als Berrigan zurück in Cornell war, schrieb er sein Bestseller-Stück The Trial of the Catonsville Nine http://wagingnonviolence.org/feature/how-the-catonsville-nine-survived-on-film/ und https://en.wikipedia.org/wiki/Catonsville_Nine ., das später in New York und Los Angeles aufgeführt und zu einem Film in der Regie des Schauspielers Gregory Peck verarbeitet wurde. Das Stück wurde Hunderte von Malen in aller Welt gespielt und wird weiterhin als eine Stellungnahme gegen Krieg aufgeführt.

Als Berrigan und seine Mitangeklagten sich zum Antreten ihrer Gefängnishaft im April 1970 melden sollten, gingen beide Berrigans in den Untergrund statt ins Gefängnis. Vier Monate lang reiste Daniel Berrigan durch den Nordosten, sprach mit den Medien, schrieb Artikel gegen den Krieg und erschien - sehr zum Ärger und Verdruss J. Edgar Hoovers und des F.B.I. - gelegentlich in der Öffentlichkeit. Schließlich spürten sie ihn auf und verhafteten ihn am 11. August 1970 im Haus des Theologen William Stringfellow auf Block Island vor der Küste von Rhode Island. Er wurde ins Bundesgefängnis in Danbury in Connecticut transportiert, wo er 18 Monate zubrachte. Als er sich am 9. Juni 1971 einer Zahnbehandlung unterziehen musste, erlitt er eine starke allergische Reaktion, die durch eine falsch gesetzte Novokain-Injektion verursacht worden war. Fast wäre er daran gestorben. Am 24. Februar 1972 wurde er entlassen.

In dem während der Monate des Untergrunds geschriebenen Bestsellers The Dark Night of ResistanceDie dunkle Nacht des Widerstands. Limburg: Lahn-Verlag, 1972. benutzt Berrigan Die dunkle Nacht der Seele des heiligen Johannes vom Kreuz https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_vom_Kreuz . Johannes vom Kreuz: Sämtliche Werke. Vollständige Neuübertragung. 5 Bände. Herausgegeben und übersetzt von Ulrich Dobhan, Elisabeth Hense, Elisabeth Peeters. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1995-2000, (Mehrere Auflagen);  Band 1: Die dunkle Nacht (= Herder-Spektrum. 4374). 1995. Text: http://www.hoye.de/mystik/kreuz.pdf . als Handbuch für Kriegsdienstverweigerer. Der Harvard-Professor Robert Coles berichtet über eine Reihe von Gesprächen mit Berrigan während der Monate, in denen er sich in Boston verbarg. Diese Gespräche wurden später als The Geography of Faith veröffentlicht. America is Hard to Find enthält Berrigans gesammelte Briefe und Artikel aus Untergrund und Gefängnis und wurde zusammen mit Trial Poems und Prison Poems veröffentlicht. In seinem Gefängnistagebuch Lights on in the House of the Dead, ebenfalls einem Bestseller, berichtet er über seine Erfahrungen in Danbury.

In den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren zog Berrigan das Interesse der Medien auf breiter Front auf sich. Sein Bild war auf der Titelseite des Time Magazine und er wurde zum Mittelpunkt einer intensiven landesweiten Debatte nicht nur über Krieg, sondern auch darüber, wie gläubige Menschen Widerstand gegen Krieg leisten sollten. Er wurde zu einem der bekanntesten Priester der Welt und rief die Kirche immer wieder dazu auf, ihre Theorie vom gerechten Krieg aufzugeben und zur Gewaltfreiheit Jesu, von der die  Evangelien erzählen, zurückzukehren.

Während Berrigan im Untergrund war, schrieb er einen weit verbreiteten Offenen Brief, der zuerst in Village Voice veröffentlicht wurde. Er richtete sich an die Untergrundgruppe der Gewalt ausübenden Revolutionäre der Organisation Weathermen. https://de.wikipedia.org/wiki/Weathermen . Diese sprengte im Widerstand gegen die Kriege der USA Gebäude in die Luft. "Der Tod eines einzigen Menschen ist ein zu hoher Preis für die Verteidigung eines jeden Prinzips, wie heilig es auch sein mag", heißt es bei Berrigan. Einige schrieben dieser Erklärung die Auflösung der Weathermen-Untergrundbewegung zu; sie sei der Hauptgrund dafür gewesen.

1972 fertigte die US-Regierung eine Anklageschrift gegen die Brüder Berrigan und andere Aktivisten aus. Darin beschuldigte die Regierung sie, sie hätten damit gedroht, den Außenminister Henry Kissinger zu entführen. Das Verfahren in Harrisburg in Pennsylvania zielte vor allem auf Philip Berrigan. Es war das bis dahin längste Gerichtsverfahren in der Geschichte der USA und führte zu einem Freispruch wegen Verfahrensfehler. Danach verbrachte Daniel Berrigan sechs Monate in Paris, wo er mit dem buddhistischen Mönch Thich Nhat Hanh lebte und bei dem er studierte. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Buch mit Gesprächen über Frieden, dem sie den Titel The Raft is not the ShoreDas Boot ist nicht das Ufer, Gespräche über buddhistisch-christliches Bewußtsein. Goldmann 2001, (Thich Nhat Hanh/Daniel Berrigan) (engl.: The Raft is Not the Shore: Conversations Toward a Buddhist-Christian Awareness. Orbis Books, 2001). gaben.

Nach seiner Lehrtätigkeit am Union Theological Seminary und an der Universität Fordham  trat Berrigan 1973 in die New York West Side Jesuit Community im Stadtviertel Manhattan’s Upper West Side ein. Dort lebte er von da an mit etwa 30 anderen Jesuiten.

Nach Anklage und Freispruch in Harrisburg wandten die Brüder Berrigan ihre Aufmerksamkeit der Atomwaffenindustrie der USA zu und ließen sich auf Widerstand als Lebensweise ein. Am 9. September 1980 gingen Daniel, Philip und sechs Freunde ins Hauptquartier von General Electric im King of Prussia in Pennsylvania und hämmerten auf unverkleidete Raketenspitzen ein. Sie wurden verhaftet, angeklagt, verurteilt und hatten bis zu 10 Jahren Gefängnis für die schwere Straftat der Zerstörung von Regierungseigentum zu gewärtigen. Ihre "Pflugscharen"-Aktion schlug ein neues Kapitel in der Geschichte des gewaltfreien Widerstandes und der Anti-Atom-Bewegung auf. Berrigan ließ sich vom biblischen Propheten Jesaja inspirieren, der geschrieben hatte: "Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen."Jesaja 2,4, Wortlaut der Zürcher Bibel.

Bei ihrer Gerichtsverhandlung 1981 in Philadelphia, die später als In the King of Prussia mit Martin Sheen in der Hauptrolle verfilmt wurde, sagte Berrigan: "Die einzige Botschaft, die ich an die Welt habe, ist folgende: Wir dürfen keine Unschuldigen töten. Wir dürfen keine Komplizen von Mördern sein. Wir dürfen nicht schweigen, während in unserem Namen und mit unserem Geld in aller Stille Vorbereitungen für Massenmord getroffen werden … Es ist schrecklich für mich, in einer Zeit zu leben, in der ich zu Menschen nichts anderes zu sagen habe als ‚Hört mit dem Töten auf!’ Es gibt Anderes, Schönes, das ich sehr gerne den Menschen sagen würde. Es gibt andere Projekte, in denen ich sehr hilfreich sein könnte. Und ich darf sie nicht unternehmen. Ich darf nicht. Weil alles in Gefahr ist. Alles ist zu haben. Wir sind in einer ganz einfachen Situation, auch die unter uns, die sich intellektuell nennen. Von einem christlichen Standpunkt aus ist unsere Verpflichtung sehr einfach. Wir sind wieder dort, wo wir angefangen haben: Du sollst nicht töten. Wir dürfen nicht töten. Heute lässt sich alles auf diesen einen Punkt bringen - alles."

Seit 1980 hat es mehr als 100 Anti-Atom-Pflugscharen-Demonstrationen gegeben, auch in England, Irland, Deutschland und Australien.

Berrigan hielt weiterhin jede Woche seine Ansprachen im ganzen Land und veröffentlichte Bücher mit Gedichten und Essays. Außerdem war er Krankenhaus-Kaplan in Manhattan im St. Rose’s Home für die Armen und dann im St. Vincent-Hospital bei Krebspatienten und später bei AIDS-Patienten. Was er dort erfuhr und erlebte, hielt er in seinen Büchern We Die Before We Live und Sorrow Built a Bridge fest. 1984 reiste er nach El Salvador und Nicaragua, um dort von den Kirchenführern aus erster Hand etwas über die Wirkung der US-Kriege auf die Länder zu erfahren. In Steadfastness of the Saints berichtet er über die Reise.

1985 lud der Filmemacher Roland Joffé Berrigan nach Paraguay, Argentinien und Kolumbien ein, damit er an dem Film The MissionMission ist ein britischer Spielfilm aus dem Jahr 1986. als Berater mitwirke. An der Seite von Robert DeNiro, Jeremy Irons und Liam Neeson spielte er eine kleine Rolle. Berrigan veröffentlichte einen Bericht über das Drehen des Films und über die Jesuitenmissionen der 1770er Jahre in Lateinamerika und ihre Bedeutung für den heutigen Einsatz gegen den Krieg: sein Buch The Mission. 1988 veröffentlichte er seine Autobiografie To Dwell In Peace.

Mitte der 1980er Jahre begann Berrigan mit der Veröffentlichung einer Reihe von 20 Bibelkommentaren über die Bücher der hebräischen Bibel. And the Risen Bread: Selected Poems of Daniel Berrigan 1957-1997 gab ich heraus und veröffentlichte es 1998.

Dan war länger als 35 Jahre mein bedeutendster Freund und Lehrer. Wir reisten gemeinsam durch das Land und die Welt, gingen gemeinsam ins Gefängnis und ich gab fünf Bücher mit seinen Schriften heraus. Die ganze Zeit über betrachtete ich ihn als eine der wichtigsten religiösen Gestalten des letzten Jahrhunderts - neben Gandhi, Martin Luther King, Thomas Merton, Dorothy Day und seinem Bruder Philip. Dan und Phil inspirierten Millionen Menschen in aller Welt dazu, sich gegen Krieg auszusprechen und für den Frieden zu arbeiten. Außerdem trugen sie dazu bei, dass die katholische Kirche sich wieder ihren Wurzeln in den Evangelien - Frieden und Gewaltfreiheit - zuwandte. Ich betrachte ihn nicht nur als legendären Friedensaktivisten, sondern als einen der größten Heiligen und Propheten der neueren Zeit. Ich will mehr über ihn schreiben, aber für dieses Mal feiere ich nur sein außergewöhnliches Leben und lade alle dazu ein, das großartige Zeugnis, das er mit seinem Leben und seinem Werk abgelegt hat, im Herzen zu bewegen. 

Ich danke dir, Dan. Mögen wir alle aus deinem erstaunlichen Leben, dem Leben eines Friedensstifters, Mut schöpfen und mögen wir uns weiterhin mit aller Kraft für die Beseitigung von Krieg, Armut und Atomwaffen einsetzen.

Reverend John Dear ist eine international bekannte Stimme für Frieden und Gewaltfreiheit und er ist Koordinator von gewaltfreien Kampagnen. Er ist Priester, Friedensaktivist, Organisator, Hochschullehrer und Autor oder Herausgeber von 30 Büchern, einschließlich seiner Autobiographie "A Persistent Peace". Siehe auch seine Website http://www.fatherjohndear.org

Eine Fassung dieser Geschichte wurde in Common Dreams veröffentlicht.

Aus dem Englischen von Ingrid von Heiseler

Quelle: Waging Nonviolence . Originalartikel: The life and death of Daniel Berrigan . Eine Vervielfältigung oder Verwendung des Textes in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist unter Berücksichtigung der Regeln von Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) möglich.

Fußnoten

Veröffentlicht am

11. Mai 2016

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