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Die wirkliche Bedeutung des Waffenstillstands zu Weihnachten 1914

Von Ron Paul 

Vor hundert Jahren, am Weihnachtsabend 1914, erhoben sich deutsche und britische Soldaten aus den Schrecken des Stellungskriegs im Ersten Weltkrieg, um einander zu grüßen, Lebensmittel und Geschenke auszutauschen und sich gegenseitig Frohe Weihnachten zu wünschen. Das, woran wir uns heute als "Weihnachts-Waffenstillstand" erinnern, begann damit, dass Soldaten gemeinsam Weihnachtslieder in den Schützengräben sangen. Schließlich kletterten beide Seiten aus den Gräben und trafen sich persönlich. Im Verlauf dieses zweitägigen Waffenstillstands, der bis zum 26. Dezember 1914 dauerte, tauschten beide Seiten auch Gefangene aus, begruben ihre Toten und spielten sogar Fußball miteinander.

Wie unglaublich ist es, dass die Feier der Geburt des Prinzen des Friedens eine kurze Pause in einem der destruktivsten Kriege der Geschichte bewirken konnte. Wie traurig ist es, dass diese nicht angehalten hat.

Der weihnachtliche Waffenstillstand zeigte, dass Menschen sich nicht gegenseitig bekämpfen und töten wollen, wenn sie wählen können. Für die meisten Kriegsteilnehmer ist es unglaublich niederschmetternd, wenn sie draufkommen, dass ihr Ziel das Töten ihrer Mitmenschen ist. Das ist ein Grund dafür, dass wir heute eine Epidemie von PTSD und Selbsstötungen in den Reihen von Soldaten der USA sehen, die zu mehrfachen Einsätzen ins Ausland abkommandiert worden sind.

Der Waffenstillstand zu Weihnachten 1914 war erfreulich für die Soldaten, aber er war gefährlich für die politische Führung auf beiden Seiten. Eine solche Verbrüderung mit dem "Feind" konnte von den Kriegsbetreibern nicht geduldet werden. Dieser weihnachtliche Waffenstillstand wurde nie wieder in einem derartigen Ausmaß wiederholt, da die Regierungen auf beiden Seiten ausdrücklich jegliche Wiederholung eines solchen Treffens untersagten. Diejenigen, die einander gegrüßt hatten, mussten einander wieder umbringen auf Befehl derjenigen, die sich selbst weit außerhalb der Gefahrenzone befanden.

So sehr auch Regierungen derartige Vermenschlichung des "Feindes" ausmerzen wollen, ist es auch heute immer noch der Fall, dass sich Soldaten treffen und mit denen Gedanken austauschen, die eigentlich getötet werden sollten. Früher in diesem Monat trafen sich Soldaten der gegnerischen Seiten des Kriegs in der Ukraine, um den Transfer von Nachschub und den Austausch von Soldaten vorzubereiten. Sie schüttelten einander die Hände und wünschten, dass der Krieg vorbei wäre. Ein Bataillonskommandeur wurde zitiert mit der Äußerung anlässlich der Begegnung: "Ich denke, dass das ein Krieg zwischen Brüdern ist, den keiner will. Die oberen Ränge sollten dafür sorgen, dass so etwas nicht geschieht. Und wir? Wir sind Soldaten, wir machen, was uns befohlen wird."

Ich bin davon überzeugt, dass dieselbe Einstellung in vielen der anhaltenden Konflikte existiert, die von den beteiligten Regierungen betrieben werden - und in vielen Fällen von außenstehenden Regierungen, die Nutzen aus dem Konflikt ziehen wollen.

Die ermutigende Botschaft, die wir dem weihnachtlichen Waffenstillstand von vor 100 Jahren entnehmen sollten ist, dass die meisten Menschen sich nicht gegenseitig umbringen wollen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess sagte der Naziführer Hermann Göring: "Natürlich wollen die einfachen Menschen keinen Krieg, weder in Russland, noch in England, noch in Amerika, und auch nicht in Deutschland." Aber, so fügte er hinzu: "Die Menschen können immer dazu gebracht werden, das zu tun, was ihre Führer wollen. Das ist leicht. Alles was man dazu machen muss ist ihnen zu sagen, dass sie angegriffen werden, und die Pazifisten verurteilen wegen mangelndem Patriotismus, und weil sie das Land in Gefahr bringen. Das wirkt in allen Ländern auf die gleiche Weise.

Quelle: www.antikrieg.com vom 25.12.2015.

Veröffentlicht am

27. Dezember 2015

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