Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Lebenshaus Schwäbische Alb: Verbindung zwischen globaler Sichtweise und konkretem Handeln vor Ort wichtig

Von Michael Schmid (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 84 vom März 2015 Der gesamte Rundbrief Nr. 84 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 703 KB.

Liebe Freundinnen und Freunde,

als Lebenshaus Schwäbische Alb war uns von Anfang an eine Verbindung zwischen globaler Sichtweise und konkretem Handeln vor Ort wichtig. "Global denken, lokal handeln!", ließe sich der Ansatz auf eine griffige Formel bringen.

Ein globaler Blick zeigt, dass wir in einer Welt leben, in der die reichsten 20 Prozent mehr als 80 Prozent des Gesamteinkommens der Weltbevölkerung beziehen, und diejenigen im unteren Fünftel nur über zwei Prozent des weltweiten Einkommens verfügen. Schon diese Zahlen legen nahe: Es geht sehr ungerecht zu auf unserer Erde. Unermesslicher Reichtum von wenigen, relativer Wohlstand bei einer Mehrheit in den westlichen Industriestaaten und große Armut, die so tiefgreifend ist, dass alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren verhungert.

Wir leben auch in einer Welt, in der 51,2 Millionen Menschen von Vertreibung betroffen sind (UNHCR-Angaben für 2013). In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Menschen, die infolge von Krieg, Vertreibung, Naturkatastrophen und Armut weltweit auf der Flucht sind, drastisch angestiegen. 2014 gingen auch im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge deutlich mehr Asylanträge ein als im Vorjahr. 2015 werden 300.000 Asylsuchende in Deutschland erwartet. Das bedeutet aber, dass trotz der Zunahme nur vergleichsweise wenige Flüchtlinge in unserem Land ankommen. Und als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ist Deutschland problemlos in der Lage, diese Geflüchteten aufzunehmen.

Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen

Das sehen aber längst nicht alle Menschen in unserem Land so. Denn vielfach gibt es eine Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten. Die "Pegida"-Bewegung mit ihrer Islamphobie und ihrem Ausländerhass hat dies in den vergangenen Monaten sichtbar gemacht. Und eine Dokumentation der Amadeu Antonio Stiftung und von PRO ASYL illustriert ein erschreckend hohes Ausmaß an flüchtlingsfeindlicher Hetze und Gewalt. Demnach kam es im Jahr 2014 in 153 Fällen zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und in 77 Fällen zu tätlichen Angriffen auf Flüchtlinge. Das bedeutet, dass im vergangenen Jahr fast jeden zweiten Tag ein Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft verübt wurde und es im Abstand von durchschnittlich nur zehn Tagen zu einer Brandstiftung kam. Diese vielen Anschläge und Übergriffe haben zur Folge, dass Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in Deutschland vielerorts in Angst leben. Das ist eine Katastrophe. Ausgerechnet Menschen, die hier Schutz suchen, müssen rassistische Anschläge und Übergriffe befürchten.

Insbesondere in Sachsen ist es laut der Dokumentation 2014 mit Abstand zu den meisten rassistisch motivierten Körperverletzungen gegen Flüchtlinge gekommen. Flüchtlinge berichten, dass rassistische Pöbeleien im Zuge der "Pegida"-Demonstrationen in Dresden deutlich zugenommen haben. Allerdings beschränken sich Hetze und Gewalt gegen Flüchtlinge jedoch nicht auf Ostdeutschland. Die meisten Anschläge auf Unterkünfte ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Sachsen und Bayern.

Der Aufruf der Amadeu Antonio Stiftung und von PRO ASYL, Rassismus entschieden entgegenzutreten, ist zu unterstützen. Dabei ist es ermutigend zu sehen, dass die Hetze auf massiven Widerspruch stößt. Vielerorts treten Bündnisse gegen Rassismus für den Schutz von Flüchtlingen ein. In den letzten Wochen gingen zehntausende Menschen gegen die Pegida-Demonstrationen auf die Straße. Es ist gut, wenn die Antwort auf die rassistische Hetze aktive Solidarität mit Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten ist.

Willkommenskultur für Flüchtlinge

Dann gibt es aber auch etwas ganz anderes: In sehr vielen Orten werden Flüchtlinge willkommen geheißen. "4500 Lichter: Kölner heißen Flüchtlinge willkommen" - "Flüchtlinge sind in Göttingen willkommen: Dafür setzte der Rat der Stadt Göttingen am Freitag ein einstimmiges Zeichen." - "Willkommen in Deutschland: Flüchtlinge in Karlsruhe". So lauten ein paar willkürlich aus dem Internet gefischte Schlagzeilen. Es könnten noch sehr viele hinzugefügt werden. Denn an vielen Orten der Republik haben sich mittlerweile Initiativen gegründet, in denen sich Menschen zusammenfinden, die für und mit Flüchtlingen eine Willkommenskultur leben möchten.

Auch unser kleines Städtchen Gammertingen bereitet sich derzeit auf die Aufnahme von im Frühsommer 2015 erwarteten 87 neuen Bürgerkriegsflüchtlingen vor. Erste Informationsveranstaltungen fanden statt, ein Netzwerk von vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern soll aufgebaut werden. Als Lebenshaus mit weit über 20 Jahren Erfahrung in der Begleitung von Flüchtlingen wirken wir daran mit, dass eine möglichst gute Atmosphäre entsteht, die neu ankommende Menschen mit ihrem schweren Schicksal willkommen heißt und solidarisch unterstützt.

Unsere Kleinstadt war schon mehrmals damit konfrontiert, Flüchtlinge aus vielen Teilen der Welt aufzunehmen. Soweit wir das in den vergangenen 25 Jahren mitbekommen haben, ist es nun das erste Mal, dass bereits im Vorfeld von Seiten der Kommune aktiv eine positive Willkommensatmosphäre und ein transparent organisiertes Netzwerk zur Unterstützung der Flüchtlinge aus der Bevölkerung angestrebt wird. Das ist sehr zu begrüßen. Auch das diesbezügliche Engagement unseres Bürgermeisters - bekanntlich waren wir sonst nicht immer mit ihm einig - begrüßen wir ausdrücklich.

Eine solche solidarische Haltung, die vielerorts gegenüber Flüchtlingen sichtbar wird, ist wohltuend. Immerhin könnten sich laut einer Studie der Robert Bosch Stiftung zwei Drittel der Bevölkerung vorstellen, Asylsuchende zu unterstützen. Trotz aller aktuellen fremdenfeindlichen Proteste gegen Flüchtlinge zeigt also das bürgerschaftliche Engagement für schutzbedürftige Flüchtlinge und Asylsuchende, dass es vitaler Bestandteil der bundesdeutschen Zivilgesellschaft ist.

Abschottungspolitik gegenüber Schutzsuchenden

Und dennoch treibt die Politik eine Abschottung gegenüber Schutzsuchenden voran. Das hat zur Folge, dass Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten vor den verschlossenen Grenzen der EU stehen und dann verzweifelt versuchen, ihr Leben zu retten. Dabei gehen viele elend zugrunde. Zigtausende Menschen sind bereits im Mittelmeer ertrunken. Und weil sich Europa geweigert hat, sich an der italienischen Rettungsoperation "Mare Nostrum" zu beteiligen, die zehntausende Menschen rettete, ertrinken seit November 2014 wieder noch viel mehr Schutzsuchende im Mittelmeer.

Aber auch für zigtausende Flüchtlinge, die den Weg nach Europa schaffen, ist die Flucht nach und durch Europa eine jahrelange Odyssee, die für sie mit unendlich viel Leid verbunden ist. Die zentrale Ursache dafür ist die so genannte Dublin-Verordnung, die vorsieht, dass das erste EU-Land, das ein Flüchtling betreten hat, für dessen Asylverfahren zuständig ist. Im Ersteinreiseland können Flüchtlinge jedoch oft nicht bleiben, da Schutzsuchende in vielen der Staaten an den EU-Außengrenzen unter Obdachlosigkeit und Elend leiden oder gar inhaftiert werden. Reisen sie weiter, droht die Zurückschiebung in Haft und Elend. Auch immer mehr anerkannte Flüchtlinge, die auf Dauer in der EU bleiben werden, irren jahrelang in der EU umher, ohne jemals dauerhaft anzukommen.

Dagegen regt sich immer mehr Protest. In vielen Städten und Gemeinden intervenieren Bürgerinnen und Bürger, indem sie sich mit den Betroffenen solidarisieren, Petitionen erstellen, Abschiebungen blockieren. Immer öfter werden Flüchtlinge im Kirchenasyl geschützt.

Jetzt fordert ein breites Bündnis aus Flüchtlingsräten, kirchlichen Organisationen, Wohlfahrtsverbänden, Richter- und Anwaltsvereinen und Menschenrechtsorganisationen ein Ende der Abschiebung in EU-Staaten, in denen Flüchtlinge Haft, Hunger und Obdachlosigkeit erleiden müssen. Mehr dazu ist der Kampagnenseite www.wir-treten-ein.de zu entnehmen.

Da kein Mensch freiwillig aus seiner Heimat flieht, müssen zudem die Anstrengungen verstärkt werden, Diskriminierung, Armut und sonstige Fluchtursachen in den Herkunftsstaaten zu bekämpfen. Das bedeutet nicht weniger, als dass letztlich der globale Raubtierkapitalismus überwunden werden muss, der immer mehr Regionen und Länder des Südens verarmen lässt, deren Ressourcen ausbeutet und unter anderem durch Waffenlieferungen zu Gewalt und Krieg beiträgt.

Atomkrieg: Drei Minuten vor 12

Atomwaffen? Das war doch nur ein Problem in längst vergangenen Zeiten! So denken viele Zeitgenossen, soweit sie überhaupt an Atomwaffen denken. Doch diese Haltung ist fatal. Denn die Gefahr eines "Weltuntergangs" ist erschreckend hoch. Dies sagt der Vorstand der renommierten Zeitschrift "Bulletin of Atomic Scientists" (BAS). Deshalb hat er die sogenannte Weltuntergangsuhr (Doomsday Clock) neu gestellt: Gegenüber dem Vorjahr wurden die Zeiger im Januar wieder um zwei Minuten vorgestellt. Es ist jetzt drei Minuten vor Zwölf. Das letzte Mal, dass die Gefahr eines Weltuntergangs so hoch eingeschätzt wurde, war 1984 - als die Beziehung zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion einen Tiefpunkt erreicht hatte. Die Begründung der Uhrumstellung: Das neue atomare Wettrüsten sowie der Klimawandel bedrohen das Leben auf der Erde in einem neuen Ausmaß.

Der für das Bulletin der Atomwissenschaftler verantwortliche Ausschuss, der von 17 Nobelpreisträgern unterstützt wird, drängt: "Bürger der Welt, fordert eure führenden Politiker zum Handeln auf. Die ganze Menschheit ist bedroht. Deshalb muss die Menschheit eingreifen, so lange noch Zeit dazu ist."

Wir rufen als Lebenshaus Schwäbische Alb dazu auf, sich an Aktivitäten der Zivilgesellschaft zu beteiligen, um Druck gegen ein drohendes Wettrüsten und für ein Verbot von Atomwaffen zu erzeugen. Möglichkeiten zur Beteiligung finden sich z.B. auf der Website des Trägerkreises "Atomwaffen abschaffen", zu dessen Mitgliedern wir als Lebenshaus gehören (www.atomwaffenfrei.de).

Was gibt Hoffnung?

Angesichts der hier angeschnittenen Krisen und Bedrohungen sowie zahlreicher weiterer tiefgreifender Unrechtssituationen und Gefährdungen stellt sich die Frage, was uns hoffen lassen kann auf eine andere Welt?

Aus meiner Sicht sind die zahlreichen Menschen, Organisationen und Bewegungen, die sich weltweit für eine andere, bessere Welt engagieren, Grund zur Hoffnung. Der US-amerikanische Umweltschützer und Bestseller-Autor Paul Hawkens vergleicht in seinem Buch "Wir sind der Wandel" (engl. "Blessed Unrest") die Bewegungen in aller Welt, die sich für sozialen Wandel, Ökologie und die Rechte indigener Menschen einsetzen, mit einem "Immunsystem der Erde". Er meint: "Die gemeinsame Aktivität von Hunderttausenden gemeinnütziger Organisationen kann als das Immunsystem der Menschheit betrachtet werden, das uns vor schädlichen Einflüssen wie Korruption, wirtschaftlicher Fehlentwicklung und ökologischem Zerfall schützt."

Es liegt also auch an uns allen, dieses Immunsystem möglichst zu stärken. In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Menschen, die mit ihrer Unterstützung dazu beitragen, dass wir als Lebenshaus hoffentlich einen kleinen Beitrag zur Stärkung des "Immunsystems der Erde" leisten können.

Herzliche Grüße
Euer / Ihr

Michael Schmid

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Wir wollen uns 2015 weiter für gerechten Frieden und eine lebensfähige und lebenswerte Mitwelt engagieren. Dafür bitten wir um Ihre/Deine Unterstützung.

Unsere Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, Aktionen und Veranstaltungen kosten ebenso Geld wie die Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, die Personalkosten für eine 30-Prozent-Teilzeitstelle und einen Minijob sowie der Unterhalt für ein Gebäude, in dem ein beträchtlicher Teil unserer Aktivitäten stattfindet. Dazu kommt, dass wir die durch das Lebenshaus-Gebäude bestehenden Schulden weiter abbauen möchten. Eine Finanzierungslücke von rund 5.000 € im Jahr 2014 hat dazu geführt, dass wir den Schuldenabbau nicht ganz wie geplant durchführen konnten.

Jede Spende - groß oder klein -, jede Fördermitgliedschaft sowie jedes (zinslose) Darlehen hilft!

Förderlich für unsere Arbeit über das Jahresende hinaus wären auch regelmäßige Spenden. Entweder ganz allgemein für unsere Arbeit oder auch zweckgebundene Spenden für den Solidarfonds "Grundeinkommen Friedensarbeit". Aus letzterem wird die Teilzeitstelle des Referenten für Friedensfragen Michael Schmid finanziert. Aufgrund des Todes eines Spenders bzw. von finanziellen Problemen Anderer sind leider die bisher regelmäßig eingehenden Spenden für den Solidarfonds erheblich zurückgegangen.

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Fußnoten

Veröffentlicht am

12. März 2015

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