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Schulden: Ein Plan B für die Zukunft

Zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank gibt es durchaus Alternativen. Aber diese neuen Finanzinstitutionen scheuen noch die Konfrontation

Von Michael Krätke

Grexit oder Kapitulation - der griechischen Regierung blieb nur die Wahl zwischen Pest oder Cholera. Aber hätte es nicht noch eine dritte Möglichkeit gegeben? Tatsächlich hat Alexis Tsipras versucht, Kredite von anderen Geldgebern zu bekommen, sehr zum Missvergnügen der Troika. Daraus wurde leider nichts, weder Russland noch China waren bereit, die nötigen Summen lockerzumachen. Tsipras hat das seinen Landsleuten in einem einstündigen TV-Interview erklärt. Sein Plan B hat leider nicht funktioniert.

Geheim war Plan B keineswegs. Griechenland wurde Anfang Mai vom Sergej Storchak, dem stellvertretenden russischen Finanzminister, eingeladen, sich als sechstes Mitglied an der neuen Entwicklungsbank NDB zu beteiligen, einem Projekt der aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS). Daraus wurde nichts, weil die übrigen vier Staaten von dieser Idee weniger begeistert waren. Aber alleine die Einladung sorgte für einige Unruhe in Brüssel, Frankfurt und Washington. Denn sie brachte die neuen Finanzinstitutionen im globalen Süden ins Spiel. Können finanzstarke Schwellenländer, allen voran die BRICS mit ihren geschätzten fünf Billionen US-Dollar an Devisenreserven, als Geldgeber einspringen und Länder wie Griechenland aus der Schuldenfalle befreien?

Vor genau einem Jahr haben die BRICS ihre eigene Entwicklungsbank, New Development Bank (NDB) und ihren eigenen Währungfonds Contingency Reserve Arrangement (CRA) gegründet. Als Alternative zu Weltbank und Internationalem Währungsfonds, die nach wie vor von den USA und ihren europäischen Verbündeten dominiert werden. Im Oktober 2014 startete China außerdem noch die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) und schaffte es in kürzester Zeit, 57 Staaten als Mitglieder zu gewinnen, darunter auch etliche europäische Länder wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Die USA und Japan (Chinas wichtigster Rivale in der Region) stehen dagegen abseits.

China, das Schwergewicht im Club, könnte, wenn es wollte, im Alleingang zumindest die kleineren europäischen Krisenstaaten Griechenland, Portugal, Irland, ja sogar Spanien mit eigenen Hilfskrediten aus den Fängen der Troika befreien. Will es das, wollen die BRICS das? In Ecuador und einigen anderen Ländern ist China als Geldgeber schon eingesprungen. Und zwar zu Bedingungen, die sehr viel großzügiger sind als die des IWF.

Die neuen Finanzinstitutionen fangen bescheiden an. Das Kapital der Entwicklungsbank soll mit der Zeit von 50 Milliarden US-Dollar auf 100 Milliarden aufgestockt werden. Der alternative Währungsfonds verfügt über 100 Milliarden Dollar, ebenso wie die AIIB. Verglichen mit den 230 Milliarden Dollar der Weltbankgruppe oder den 780 Milliarden des IWF ist das nicht gerade überwältigend viel. Aber immerhin ist es sehr viel mehr als die 20 Milliarden Dollar der vielgerühmten Banco del Sur in Lateinamerika.

Die Verteilung der Stimmrechte im Währungsfonds der BRICS-Staaten und deren Entwicklungsbank entspricht genau den Kapitalanteilen der Mitgliedsländer. Andere Länder können beitreten, aber der Anteil der BRICS darf nicht unter 55 Prozent fallen. Kredite, die die Mitgliedsländer aufnehmen wollen, sind an ihre Quoten gebunden. Für jeden Kredit, der 30 Prozent der Quote übersteigt, ist ein Schuldenabkommen fällig, das sich stark an die Praktiken des IWF anlehnt. Die Anbindung an das Vorbild von Währungsfonds und Weltbank, die Beschränkung auf regionale Infrastrukturprojekte hindern die neuen Institutionen. Dabei könnte die AIIB im Prinzip auch der Nord-Süd-Kooperation dienen, die Entwicklungsbank kann sich auch in Afrika, in Lateinamerika oder in Griechenland engagieren.

Aber die AIIB, die potenziell stärkste der drei, wird von Mitgliedern wie Australien, Kanada, Großbritannien oder Deutschland auf strikt orthodoxes Finanzgebaren festgelegt werden; China neigt nach den Verlusten, die sein Staatsfonds eingefahren hat, derzeit ohnehin zur Vorsicht. Im Moment sieht es so aus, als würden die neuen Finanzmächte die etablierten eher ergänzen, statt sie herauszufordern. Das muss nicht so bleiben, die BRICS können ihre neuen Institutionen strategisch einsetzen, wenn sie wollen, und Russland strebt das ganz entschieden an. Besonders Europa haben sie im Fokus, denn wie die USA wollen sie die Eurokrise lieber heute als morgen beendet sehen.

Quelle: der FREITAG vom 24.07.2015. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Veröffentlicht am

25. Juli 2015

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