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Kein AKW-Neubau in Akkuyu in der Türkei

Anlässlich des morgigen Fukushima-Jahrestages warnt die IPPNW-Europa-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen vor einem AKW-Neubau im Erdbebengebiet von Akkuyu in der Türkei und unterstützt die Proteste und Gerichts-Klagen der Bevölkerung gegen das AKW-Projekt. Der Bau des Atomkraftwerks, der mit einem Staatsvertrag zwischen der russischen und der türkischen Regierung 2010 unterzeichnet wurde, ist höchst umstritten. Doch die Regierung Erdogan will das Projekt zusammen mit der russischen Atomfirma ROSATOM gegen alle Widerstände durchsetzen.

Unklar bleibt in dem Vertrag, der die finanzielle und die Betriebsverantwortlichkeit an den russischen Betreiber ROSATOM abtritt, vor allem, wie der türkische Staat eine vom Betreiber unabhängige und fachlich geeignete Atomaufsicht gewährleisten will. Diesen Punkt bemängeln auch die Fachleute der Aufsichtsbehörde der IAEO (Internationale Atomenergiebehörde). Seit das Umweltverträglichkeitsgutachten anlässlich des Besuches von Ministerpräsident Putin Anfang Dezember 2014 in der Türkei veröffentlicht wurde, reißen die Proteste gegen das geplante AKW Projekt in Akkuyu-Mersin an der südöstlichen Mittelmeerküste nicht mehr ab. Die Einwendungen zahlreicher Bürgerinitiativen gegen das AKW wurden von den türkischen Behörden vollkommen ignoriert.

Nur kurze Zeit später, im Januar 2015, veröffentlichten die türkischen Medien, dass das begutachtende Unternehmen über keine professionelle Erfahrung in Umweltfragen verfügt. Die Unterschriften der Gutachter-Ingenieure waren gefälscht. Der türkische Nuklearphysiker Hayrettin Kilic wies darauf hin, dass die Berechnung der radioaktiven Umgebungskontamination extrem fehlerhaft sei und nicht den internationalen Standards genüge. Die türkische Ärztekammer kritisierte, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Niedrigstrahlung in der Umgebung des Reaktors nicht berücksichtigt seien und dass es keine wirksame Katastrophenschutzplanung gäbe. Zahlreiche Bürger, u.a. der bekannte Umweltanwalt Arif Ali Cangi aus Izmir, haben wegen der Fehleinschätzungen im Umweltgutachten Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.

Die aktuelle Erdbebengefahr ist eines der Hauptargumente der Atomkraftgegner aus den Bürgerinitiativen, denn die Türkei ist wegen der dort befindlichen aktiven Bruchlinien ein erdbebengefährdetes Land. Am 27. Juni 1998 erschüttete ein Erdbeben mit der Stärke von 6,3 die in der Region liegende Großstadt Adana. Damals starben 145 Menschen, ca. 1.500 Menschen wurden verletzt.

Die Lizenzvergabe für den Bau des AKWs in Akkuyu erfolgte erstmals 1976. Allerdings ist diese Lizenz längst ungültig, da sie nie aktualisiert und nicht überarbeitet wurde. 1984 wurde ca. 20 Kilometer von Akkuyu eine aktive Erdbeben-Bruchlinie, die Ecemis-Bruchlinie, festgestellt. Erst vor ca. drei Monaten, am 7. Dezember 2014 kam es in Mersin-Mezitli zu einem Erdbeben von 3,6 auf der Richter-Skala (Erdbeben-Forschungsinstitut Kandili Rasathanesi der Bogazici Universität Istanbul).

Die Vorsitzende des Umweltvereins der nahe gelegenen Stadt Mersin, Sabahat Aslan, fordert nun dringend eine Überprüfung der Lizenzvergabe des Baugeländes. Inzwischen haben sich die Proteste gegen den Bau vom AKW Akkuyu internationalisiert: Ein "antinukleares Netzwerk Mittelmeer" hat sich im November 2014 unter der Schirmherrschaft der grünen Europa-Abgeordneten Rebecca Harms gegründet. Dem Netzwerk gehören Antiatom-Initiativen aus Zypern (nördlicher Teil) und der Türkei an.

Dr. Angelika Claußen: "Wenn die türkische Regierung bereits im Anfangsstadium der Projektierung keine Aufsichtspflichten hinsichtlich der Betreiber durchsetzt, so ist für die Atomaufsicht schlimmster Pfusch zu befürchten. Die Gesundheit der Bevölkerung wäre durch ein laufendes AKW stark gefährdet. Deshalb sollte die Türkei anstelle des AKW auf den Ausbau der alternative Energien setzen."

Quelle:  IPPNW - Pressemitteilung vom 10.03.2015.

Veröffentlicht am

10. März 2015

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