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Atomgespräche mit Iran: Doch kein Ende in Sicht

Eigentlich sollten die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm in vier Wochen abgeschlossen sein. Dafür reicht die Einigkeit jetzt doch nicht.

Von Andreas Zumach

Die Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm werden höchstwahrscheinlich verlängert. Nachdem am Freitag in Wien auch die fünfte Verhandlungsrunde seit Januar keine Fortschritte in den zentralen Streitfragen erbrachte, "sehen wir kaum noch Chancen für einen Erfolg in den verbleibenden vier Wochen" erklärte ein an den Verhandlungen beteiligter Vertreter Irans gegenüber der taz. Ursprünglich sollten die Gespräche Ende Juli beendet sein.

Ähnlich skeptisch äußerten sich Diplomaten der 5+1-Ländergruppe, zu der die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates (USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien) sowie Deutschland gehören.

Am größten bleiben die Differenzen mit Blick auf die Zahl und die Qualität der Zentrifugen zur Urananreicherung, die Iran künftig noch einsatzbereit installiert haben darf - zur Herstellung von Brennstäben für seine Atomkraftwerke. Die USA wollen die Zahl der Zentrifugen nach Angaben eines US-Diplomaten auf "wenige hundert" beschränken. Iran ist jedoch bislang nicht bereit, von seinen derzeit knapp 20.000 einsatzbereit installierten Zentrifugen - darunter 8.000 moderne, mit denen sich Uran besonders schnell anreichern lässt - "auch nur eine außer Betrieb nehmen", wie der iranische Regierungsvertreter betonte.

Darüber hinaus hat die Regierung in Teheran Pläne, die Zahl der Zentrifugen auf 50.000 bis 150.000 zu erhöhen. Zahl und Qualität der Zentrifugen sind der entscheidende Faktor für die "Ausbruchsfähigkeit" Irans aus einem zivilen in ein militärisches Nuklearprogramm. Damit ist der Zeitraum gemeint, den Teheran benötigen würde, um nach einer Kündigung oder unter Verletzung eines künftigen Abkommens, Uran über den zur Energiegewinnung in Atomkraftwerken ausreichenden Grad von fünf Prozent auf über 90 Grad anzureichern. Damit hätte Iran dann atomwaffenfähiges Spaltmaterial hergestellt.

Beruhigung für die Republikaner

Je länger dieser Zeitraum ist, desto größer ist die Chance, dass derartige Bestrebungen rechtzeitig durch Inspektoren der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) oder durch andere Aufklärungsmittel entdeckt würden. Die Obama-Administration will mit ihrer Forderung nach nur "wenigen hundert" einsatzbereit installierten Zentrifugen sicherstellen, dass Teheran mindestens ein Jahr für den Ausbruch aus einem zivilen Nuklearprogramm benötigen würde.

Zudem will die US-Regierung mit dieser von Teheran als "völlig übertrieben" abgelehnten Forderung die israelische Regierung und die republikanischen Kritiker in Washington beruhigen, die die Verhandlungen und ein Abkommen mit Teheran mit größtem Misstrauen betrachten oder gar grundsätzlich ablehnen.

Im Streit um den kurz vor der baulichen Fertigstellung befindlichen Schwerwasserreaktor in Arak hat Teheran zwar angeboten, durch technische Veränderungen die Möglichkeit zur Gewinnung von Plutonium um 90 Prozent zu reduzieren. Zum von der 5+1-Ländergruppe verlangten völligen Verzicht auf die Produktion von Plutonium, mit dem ebenfalls atomwaffenfähiges Spaltmaterial hergestellt werden könnte, ist Teheran jedoch nicht bereit.

Bei der dritten ungelösten Streitfrage geht es um Irans unterirdische Anreicherungsanlage in Fordo, die durch technische Aufklärungsinstrumente nicht überwacht werden kann und gegen Luftangriffe geschützt ist. Die 5+1-Ländergruppe befürchtet, dass in der Anlage verbotene Aktivitäten für ein militärisches Nuklearprogramm stattfinden könnten und fordert daher entweder ihre Schließung oder eine sehr engmaschige Kontrolle durch Inspektoren der IAEO. Diese Kontrolle soll auch nach Auslaufen eines künftigen Abkommens fortgesetzt werden. Beides lehnt Teheran bislang ab.

Zumindest eine Annäherung

Bei der Gültigkeitsdauer des Abkommens gibt es zumindest eine Annäherung. Die USA verlangen eine Laufzeit von 30 Jahren. Davon sollen 20 Jahre lang strenge Kontrollen sämtlicher iranischer Nuklearanlagen stattfinden, zehn weitere Jahre sollen die Zügel nach und nach gelockert werden. Russland und China würden sich mit einer Zeitspanne von 20 Jahren begnügen, davon 15 Jahre intensiver Überwachung.

Der Iran wäre mit einer Laufzeit von 15 Jahren einverstanden. Dabei sollen die Kontrollen aber bereits nach den ersten fünf Jahren gelockert werden.

Nach Einschätzung des Nuklearexperten Gary Samore, der bis Ende 2013 dem Verhandlungsteam der USA angehörte, hoffe die Obama-Regierung darauf, dass bei einer längeren Laufzeit am Ende eine neue Regierung in Teheran an der Macht sein werde, von der keine Bestrebungen nach Atomwaffen mehr zu befürchten seien.

Quelle: taz - 21.06.2014. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

25. Juni 2014

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